Geburtshilfe Frauenheilkd 2022; 82(06): e28
DOI: 10.1055/s-0042-1749741
Abstracts | MGFG

Fetaler Aszites und Hepatosplenomegalie als unspezifische Symptome einer kongenitalen hämophagozytischen Lymphohistiozytose

Authors

  • L Van Uden

    1   Universitätsklinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • M Riemer

    1   Universitätsklinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • M Bergner

    1   Universitätsklinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • R Haase

    2   Abteilung für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
  • M Tchirikov

    1   Universitätsklinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
 

Einleitung Eine hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH) ist eine sehr seltene Erkrankung, deren primäre Form rezessiv vererbt wird und meist familiär gehäuft auftritt. Weltweit sind nur einige hunderte Fälle publiziert. Die HLH zeichnet sich durch eine Hyperinflammation bei einer Überaktivierung des Immunsystems aus. Symptomatisch wird die Erkrankung im Kindesalter meist mit anhaltendem Fieber, (Hepato-)Splenomegalie und Bi-/Panzytopenie. Unbehandelt verläuft sie letal.

Fallbericht Die 40-jährige IV.Gravida II.Para stellte sich bei 24+6 SSW zur differenzierten Fehlbildungsdiagnostik vor. Im Rahmen der Pränataldiagnostik ergaben sich keine fetalen Auffälligkeiten, sodass die Patientin keine weitere (invasive) Diagnostik wünschte. Familien- und eigenanamnestisch gab die Patientin mit Ausnahme eines Nikotinabusus keine Auffälligkeiten an. Die Schwangerschaft verlief in der Folge unauffällig.

In der 34+5 SSW erfolgte die Vorstellung in der Entbindungsklinik. (Doppler-)sonographisch ergaben sich auch hier keine Auffälligkeiten.

In der 37+6 SSW stellte sich die Patientin mit einer vaginalen Blutung und abnehmenden Kindsbewegungen notfällig im Kreißsaal vor. Sonographisch zeigten sich bei unauffälligem Schätzgewicht ein neu aufgetretenes Polyhydramnion, ein grenzwertig fetaler Doppler sowie eine neu aufgetretene Hepatomegalie unklarer Genese mit Aszites. Bei pathologischem CTG erfolgte die eilige Sectio caesarea komplikationslos noch am Aufnahmetag.

Ein Junge mit APGAR 7/8/8 pH-Wert 7,23 BE von -5 mmol/L wurde geboren. Postnatal erfolgte bei paralleler Notwendigkeit einer CPAP-Beatmung die Übernahme auf die neonatologische Intensivstation. Laborchemisch fielen eine Hypofibrinogenämie, Panzytopenie, erhöhtes Ferritin sowie ein erhöhter Interleukin-2-Rezeptor auf. Der Verdacht einer kongenitalen HLH wurde gestellt und eine Chemotherapie eingeleitet. Am 57. Lebenstag erfolgte die allogene Stammzelltransplantation. Am 85. Lebenstag schlief das Kind nach kontinuierlicher Verschlechterung des Allgemeinzustandes in den Armen der Mutter ein.

Diskussion Bisher sind nur wenige Fälle einer hämophagozytischen Lymphohistiozytose in der Literatur beschrieben. Dieser Fallbericht unterstreicht die Notwendigkeit bei auch pränatal aufgetretenen Auffälligkeiten differenzialdiagnostisch an seltene (maligne) Erkrankungen zu denken, welche potentiell fulminant und letal verlaufen können. Bei einer familiären Häufung solcher seltenen Erkrankungen sollte eine invasive pränatale Diagnostik im frühen Schwangerschaftsalter durchgeführt werden, um eine suffiziente und schnelle Behandlung postnatal durchführen zu können. Eine routinemäßige Durchführung der invasiven pränatalen Untersuchungen ist jedoch im Hinblick auf das seltene Auftreten nicht sinnvoll.



Publication History

Article published online:
10 June 2022

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