Suchttherapie 2022; 23(S 01): S55
DOI: 10.1055/s-0042-1756099
Abstracts
S40: Geschlechtssensitive Suchtbehandlung über die Lebensspanne

Motive für Alkoholkonsum bei Frauen und Männern

B Lenz
1   Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim
,
C Mühle
2   Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen-Nürnberg
,
J Kornhuber
2   Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen-Nürnberg
,
P C Müller
2   Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen-Nürnberg
› Author Affiliations
 

Einleitung Sozialer und pathologischer Alkoholkonsum, assoziierte psychische Erkrankungen und die daraus resultierenden biopsychosozialen Folgeprobleme zeigen deutliche Geschlechterunterschiede. Die Entwicklung geschlechtssensitiver Ansätze könnte daher die Prävention und Behandlung von alkoholbezogenen Störungen effektiv voranbringen.

Material und Methodik In der vorliegenden Studie (Müller et al. 2021; doi: 10.1111/acer.14550) wurden mittels Fragebögen die Motive für Alkoholkonsum bei 181 alkoholabhängigen stationären Patient*innen (43% Frauen) und bei 220 nicht süchtigen Proband*innen aus der Allgemeinbevölkerung (44% Frauen) erhoben und ausgewertet. In beiden Gruppen wurden die gegenwärtigen Trinkmotive erhoben, in der Gruppe der Patient*innen zusätzlich retrospektiv die Trinkmotive vor Beginn der Abhängigkeit.

Ergebnisse Als häufigste gegenwärtige Trinkmotive berichteten die alkoholabhängigen Patient*innen die Bewältigung von Stress (♀ 62%, ♂ 50%), das Verlangen nach Alkohol (♀ 55%, ♂ 60%) und die Reduktion von depressiver Stimmung (♀ 45%, ♂ 43%) und Angst (♀ 45%, ♂ 29%). Die nicht süchtigen Proband*innen gaben an, Alkohol vor allem zur Erleichterung sozialer Kontakte zu trinken (♀ 54%, ♂ 64%). Wir fanden signifikante Geschlechterunterschiede in der Gruppe von alkoholabhängigen Patient*innen und hier vor allem bei den retrospektiv angegebenen Konsummotiven vor Beginn der Alkoholabhängigkeit. Im Geschlechtervergleich berichteten Frauen häufiger Alkoholkonsum zur Bewältigung von Stress (Odds Ratio [OR] 2,82), depressiver Stimmung (OR 2,29) und Angst (OR 2,23), Männer hingegen zur Partner*innensuche (OR 3,81) und zur Erleichterung sozialer Kontakte (OR 3,79).

Zusammenfassung Diese Studienergebnisse bilden die Grundlage zur Entwicklung geschlechtssensitiver Ansätze in frühen Stadien alkoholbezogener Erkrankungen.



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Article published online:
30 August 2022

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