Open Access
Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(05): 495-507
DOI: 10.1055/s-0043-103459
GebFra Science
Original Article/Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fetalpathologie der Neuralrohrdefekte – ein Überblick über 68 NTD-Fälle

Article in several languages: English | deutsch
Katharina Schoner
1   Institute of Pathology, WG Fetal Pathology, University of Gießen and Marburg, Philipps University of Marburg, Marburg, Germany
,
Roland Axt-Fliedner
2   Department of Prenatal Medicine, University Hospital of Gießen and Marburg, Gießen, Germany
,
Rainer Bald
3   Department of Gynecology and Obstetrics, Klinikum Leverkusen, Leverkusen, Germany
,
Barbara Fritz
4   Center of Human Genetics, University of Gießen and Marburg, Philipps University of Marburg, Marburg, Germany
,
Juergen Kohlhase
5   Praxis for Human Genetics – Center of Preimplantation Genetic Diagnosis, Freiburg, Germany
,
Thomas Kohl
6   German Center for Fetal Surgery & minimal-invasive Therapy, University Hospital of Gießen and Marburg, Gießen, Germany
,
Helga Rehder
1   Institute of Pathology, WG Fetal Pathology, University of Gießen and Marburg, Philipps University of Marburg, Marburg, Germany
7   Institute of Medical Genetics, Medical University Vienna, Vienna, Austria
› Author Affiliations
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Publication History

received 03 December 2016
revised 07 February 2017

accepted 10 February 2017

Publication Date:
24 May 2017 (online)

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Zusammenfassung

Einleitung Neuralrohrdefekte zeigen weltweit eine Prävalenz von 1 – 2 : 1000 unter Neugeborenen. Sie beruhen auf einer gestörten Neurulation in der 3. – 4. Entwicklungswoche und stellen damit die früheste Manifestation einer Organfehlbildung dar. Neuralrohrdefekte lassen sich in kraniale Dysraphien mit Anenzephalie oder Meningoenzephalozele und spinale Dysraphien mit oder ohne Meningomyelozele einteilen. In isolierter Form sind sie multifaktoriell bedingt und in Mitteleuropa mit einem empirischen Wiederholungsrisiko von 2% behaftet. Als assoziierte Fehlbildung treten sie zumeist sporadisch auf und in monogenen Syndromen folgen sie einem Mendel-Erbgang mit hohem Wiederholungsrisiko.

Patienten Die Untersuchungen erfolgten an 68 Feten, die uns nach Pränataldiagnose eines Neuralrohrdefekts und Schwangerschaftsabbruch zur Obduktion überstellt worden waren.

Ergebnisse Die Rate von Neuralrohrdefekten in unserem fetalpathologischen Obduktionsgut betrug 8%, bezogen auf die Feten mit Fehlbildungen 11%. Der Anteil der Anenzephalien, Enzephalozelen und Spinae bifidae lag bei 24 : 18 : 60%*. Das Geschlechtsverhältnis ergab eine deutliche Bevorzugung des weiblichen Geschlechts bei den kranialen Dysraphien und war ausgeglichen unter den Spina-bifida-Fällen. Die Neuralrohrdefekte variierten in Ausdehnung und Lokalisation. In der großen Mehrzahl der Fälle waren sie lumbosakral gelegen. Isolierte, assoziierte und syndromale Neuralrohrdefekte traten mit einer Häufigkeit von 56 : 23,5 : 20,6% auf. Bei der Mehrzahl der Syndrome stellte der Neuralrohrdefekt ein bisher nicht beobachtetes Merkmal dar.

Schlussfolgerungen Eine syndromorientierte fetalpathologische Untersuchung oder zumindest eine fotografische und röntgenologische Dokumentation des fetalen Phänotyps zur Syndromerkennung durch den genetischen Berater sind die Voraussetzungen für die Bestimmung des Wiederholungsrisikos und eine gezielte pränatale Diagnostik bei nachfolgenden Schwangerschaften.

* Zwei NTD-Fälle mit doppeltem NTD (MEC + MMC) wurden sowohl in der MEC- als auch in der SB-Gruppe geführt und erhöhen somit die Anzahl der SB-Fälle auf 40 + 2.


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