neuroreha 2017; 09(04): 188-189
DOI: 10.1055/s-0043-120611
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Veranstaltungsbericht

Therapiesymposium der Helios Klinik Schloss Pulsnitz am 8. Juni 2017 im Deutschen Hygienemuseum Dresden
Jan Mehrholz
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Publication Date:
08 December 2017 (online)

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Herr Prof. Marcus Pohl eröffnet das Symposium. (Abb.: Helios Kliniken)

Am 8. Juni 2017 trafen sich knapp 100 Therapeuten und Interessierte zum 1. Therapiesymposium der Helios Klinik Schloss Pulsnitz im Deutschen Hygienemuseum Dresden. Nach einer kurzweiligen und motivierenden Begrüßung durch Prof. Dr. Marcus Pohl, den Ärztlichen Direktor und Chefarzt der Helios Klinik Schloss Pulsnitz, wurde das Symposium feierlich eröffnet.

Louise Ada Stargast des Symposiums war die Physiotherapeutin und Professorin Louise Ada, emeritierte Professorin der Universität Sydney und Leiterin des Forschungsteams Neurologische Rehabilitation an der Universität Sydney, Australien. Das Thema ihres Vortrags war „Spasticity and gait rehabilitation. What have we learned so far?“ (Spastische Rehabilitation und Gangrehabilitation – was wir bislang wissen und gelernt haben). Besonders war nicht nur, dass sich eine in der Physiotherapieszene weltweit bekannte Australierin auf diesen weiten Weg gemacht hatte, sondern auch dass ihr englischer Vortrag von Claudia Ritschel simultan für alle Teilnehmer ins Deutsche übersetzt wurde.

In Louise Adas hoch engagiertem Vortrag beschrieb sie, inwieweit die ihrer Meinung nach viel zu niedrige Intensität beim Gehtraining erhöht werden könnte. Sie zeigte, dass nicht allein die Therapiezeit entscheidend sein muss, sondern dass der Faktor der Intensität – also mehr in gleicher Zeit – wichtig ist, um mehr zu erreichen. Mit zahlreichen Studienbeispielen, aber auch mit Beispielen aus ihrer langjährigen Erfahrung mit Patienten zeigte sie, mit welchen einfachen Mitteln die Intensität und dadurch die Effektivität der Gangrehabilitation deutlich gesteigert werden.

Ein Beispiel ist ein hochintensives Gehtraining auf dem Laufband: hier nicht nur die Schrittfrequenz, sondern eben auch die Belastung des Herz-Kreislauf-Systems (40–60 % der Herzratenreserve) von Patienten nach Schlaganfall.

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Frau Prof. Louise Ada bei ihrem mitreißenden Vortrag (Abb.: Helios Kliniken)
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Über 100 Teilnehmer lauschen gespannt den Worten von Frau Prof. Louise Ada (Abb.: Helios Kliniken)

Ein weiteres, sehr simples Prinzip, um die Intensität zu erhöhen, sind Schrittmacher wie Metronome. Diese sind wohl eher bekannt aus der Therapie von Patienten mit Parkinson-Erkrankung. Sie beschrieb ein sehr preiswertes Metronomsystem, mithilfe dessen sich die Effektivität beim Gehtraining sehr gut verbessern lässt. Höhere Schrittfrequenzen, eine größere Schrittlänge und eben auch höhere Gehgeschwindigkeiten sind durch ein Gehtraining mit Metronom erreichbar. Interessanterweise verbesserten sich die beschriebenen Patienten aber ebenfalls hinsichtlich ihrer Gangsymmetrie. Das war für Louise Ada jedoch keine große Überraschung. Ihrer Meinung nach gibt es klare Zusammenhänge zwischen klinischen Gangparametern und einer verbesserten Gangsymmetrie. Insgesamt reichen wohl 30 Minuten am Tag Üben mit Metronom über vier Wochen, um deutliche Verbesserungen der Gehleistung zu erreichen.

Im Weiteren beschrieb sie spezifische Patientengruppen, die unterschiedlich von einem Gangtraining profitieren. Zum einen die Patienten, die langsamer als 0,4 m/s gehen, zweitens Patienten, die zwischen 0,4 m/s bis 0,8 m/s gehen können, und drittens Patienten, die schneller als 0,8 m/s gehen können. Sie zeigte, dass insbesondere ein geräteunterstütztes Training für die Patienten geeignet ist, die nur sehr langsam gehen. Wenn es jedoch darum geht, bei bereits moderat gehfähigen Patienten das Gehen noch weiter zu verbessern, sollte vor allen Dingen mit intensiven Gehtrainingseinheiten an der individuellen Geschwindigkeitsgrenze geübt werden. Für die Patienten, die bereits sehr schnell gehen können, geht es vor allem darum, ein Fitnesstraining, also ein Training zur Verbesserung der kardiovaskulären Leistung, anzustreben.

Ihr Fazit am Ende eines mitreißenden Vortrags: „Remember, one size does not fit all!“ (Keine Therapie passt zu jedem!).

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Die Referenten (Prof. Dennis A. Nowak, Christian Zange, Prof. Louise Ada, Prof. Jan Mehrholz und Prof. Marcus Pohl; von links nach rechts) im Gruppenfoto (Abb.: Helios Kliniken)

Hirnstimulation Im zweiten Vortrag des Tages trug Prof. Dr. med. Dennis A. Nowak, Chefarzt und Ärztlicher Direktor der Helios Klinik Kipfenberg, zum spannenden Thema „Nichtinvasive Hirnstimulation in der Rehabilitation von Handfunktionsstörungen nach Schlaganfall?“ vor.

Multiple Sklerose Nach einer kurzen Pause mit Imbiss stellte Prof. Dr. med. Michael Linnebank, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Neurologie, Leitung der Fachabteilung für Multiple Sklerose, Helios Klinik Hagen-Ambrock, seine Rehabilitationskonzepte für Patienten mit Multipler Sklerose vor.

Erworbenes Schwächesyndrom Anschließend wurde zum Thema „Klinische Erholung, Fitness- und Mobilitätstraining von Patienten mit auf Intensivstation erworbenem Schwächesyndrom“ vorgetragen. Ein Thema, das sich immer mehr in den Alltagsbereich vieler Rehabilitationskliniken drängt.

Gangrehabilitation Zum Abschluss des Tages beschrieb Christian Zange, Bereichsleiter der motorisch-funktionellen Therapie der Helios Klinik Schloss Pulsnitz, einen interessanten Therapieleitfaden. Er zeigte auf, wie man auf der Basis wissenschaftlicher Evidenz eine moderne, gerätegestützte Gangrehabilitation in den Therapiealltag überführen kann. Sehr eindrucksvoll war sein Therapiebeispiel, anhand dessen er maßgeschneiderte Therapieansätze und auch Änderungen der Therapie im Rehabilitationszeitverlauf mit Videos darstellte.

Eben ganz im Sinne eines „One size does not fit all!“.

Folgetermin Das nächste Therapiesymposium 2018 ist bereits fest für den 20. Juni 2018 ab 15:00 Uhr im Deutschen Hygienemuseum Dresden geplant. Das neue Thema lautet „Die Reha der Zukunft“. Als Hauptredner eingeladen wurde Prof. Dr. Gert Kwakkel von der Universität Amsterdam, Niederlande.