Zentralbl Chir 2002; 127(1): 54-55
DOI: 10.1055/s-2002-20233-2
Kommentar

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kommentar auf Anforderung der Schriftleitung

Invited CommentaryK.-H. Fuchs
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Publication Date:
29 April 2004 (online)

In diesem Fallbericht wird über einen interessanten Patienten ausgeführt, der eine Ösophagusstriktur entwickelt hat. Die Autoren finden endoskopisch bereits bei 25 cm aboral eine nicht passierbare Stenose, die sie zunächst aufbougieren. Die Stenose lässt sich über eine Strecke von etwa 4 cm feststellen, die sich auch in den Radiographieuntersuchungen des Patienten bestätigt. Es wird eine Hiatushernie von etwa 5 cm Größe beschrieben. Darüber hinaus wird dokumentiert, dass im stenotischen Bereich vulnerable entzündliche Schleimhaut festzustellen ist sowie offenbar darunter im distalen Ösophagus ein zirkulär ausgekleidetes Zylinderepithel. Es wird darüber berichtet, dass in den entnommenen Gewebeproben Anteile eines intestinalen Epithels ohne Dysplasie im distalen Ösophagus festzustellen sind sowie eine ausgeprägte ulzeröse Entzündung mit Anteilen einer Barrett-Schleimhaut ohne intestinale Metaplasie. Es wird eine Bougierungsbehandlung des Patienten durchgeführt sowie eine Protonpumpeninhibitoren-Therapie. Diese Behandlung wurde wiederholt und zeigte nach weiteren 6 Monaten ein erfolgreiches Ergebnis. Bei der Kontrolluntersuchung nach über einem Jahr zeigte sich bei der Röntgenkontrastuntersuchung im Ösophagus keine Stenose mehr, sondern ein Endobrachyösophagus.

Die Autoren zeigen ein gegenwärtig eher seltenes Bild eines chronisch Refluxkranken mit der Komplikation der Stenose auf. Da dieser Fall einige untypische Aspekte aufweist, erscheint es wichtig, diese zu diskutieren. Die klinische und endoskopische Präsentation des Falles zeigt eine untypisch hohe Lokalisation einer peptischen Stenose bei 25 cm ab Zahnreihe. Die Mehrzahl der peptischen Stenosen treten entweder am gastroösophagealen Übergang oberhalb einer Hiatushernie oder am Oberrand eines Barrett-Segmentes mit Stenose und Ulzeration auf, dies jedoch in aller Regel im Bereich des unteren, allenfalls im mittleren Ösophagusabschnitt. Meistens handelt es sich bei einer peptischen Stenose um ein kurzstreckiges Segment von 1-2 cm und nicht um die hier präsentierte Form einer 4 cm langen Enge. Inwieweit man bei dem hier festgestellten Zylinderepithel von einem Barrett-Ösophagus sprechen kann, hängt sicher von der Art der Definition ab, denn die Autoren berichten über eine fehlende intestinale Metaplasie in dem histologischen Präparat. Nach der gegenwärtigen Definition des Barrett-Ösophagus müssten die Bedingungen „endoskopisch sichtbare Epithelveränderung und histologisch nachgewiesene intestinale Metaplasie” erfüllt sein. Allerdings muss man auch in diesem Fall davon ausgehen, dass bei entsprechend vielen Probeentnahmen im endoskopisch sichtbar veränderten Segment der Speiseröhre bei mehrfachen Kontrolluntersuchungen letztlich doch eine intestinale Metaplasie festgestellt werden wird.

Entgegen den hier zitierten Angaben von Atkinson gibt es durchaus auch andere Gründe für eine Stenoseentwicklung im Ösophagus, die diskutiert werden sollten. Bonavina et al. stellten fest, dass eine beträchtliche Anzahl von Stenosen gerade im oberen und mittleren Abschnitt der Speiseröhre durch Medikamenteneinnahme entstehen kann. Hier sind vor allen Dingen verantwortlich Tetrazykline und Schmerzmedikation [1]. Schlechte ösophageale Motilität behindert den Transport dieser Medikation durch das Speiseröhrenlumen. Dies führt zum Festsetzen der Medikation häufig im oberen bis mittleren Abschnitt der Speiseröhre mit Entwicklung von Ulzerationen und Stenosen. Bei chronischer Medikamenteneinnahme wird dieser Prozess natürlich noch verstärkt. Selbstverständlich kann dieses Phänomen auch bei Patienten mit Refluxkrankheit und schlechter Ösophagusclearance auftreten und somit die wahre Ursache verschleiern, oder es kann durch zwei Ursachenkomponenten zustande kommen.

Die Therapie der Wahl besteht bei der peptischen Ösophagusstriktur nach Diagnostik und Ausschluss einer malignen Veränderung in der konservativen Protonpumpeninhibitoren-Therapie in Kombination mit Bougierung oder Dilatation. Bei entsprechender Narbenstabilität der aufgeweiteten Stenose und chronischer Refluxkrankheit ist eine Antireflux-Operation zu erwägen, wie das von den Autoren angesprochen wurde [2] [3].

Das Auftreten von schwerwiegenden peptischen Stenosen bei chronischer Refluxkrankheit ist aufgrund der gegenwärtig häufig eingesetzten Protonpumpeninhibitoren-Therapie eher zurückgegangen [4]. Es bestehen eine Reihe von randomisierten Studien zur medikamentösen Therapie von peptischen Ösophagusstenosen. Jaspersen et al. konnten einen signifikanten Vorteil für die Anwendung von Protonpumpeninhibitoren finden [4].

Es bleibt davor zu warnen, unkritisch eine Antirefluxoperation durchzuführen, bevor nicht eine stabile Situation einer aufgeweiteten peptischen Stenose erreicht ist, da dies zu erheblichen Dysphagien führen kann bzw. anschließende Bougierungsmaßnahmen den Therapieerfolg einer Antireflux-Operation gefährden können. Man muss unterstreichen, dass die Präsenz einer peptischen Stenose keinesfalls eine Kontraindikation zur Antireflux-Operation darstellt, sondern nach Erreichung stabiler Narbenverhältnisse diese unter Einhaltung der publizierten Kriterien durchgeführt werden kann und in chronischen und progressiven Fällen der Refluxkrankheit auch sollte [2] [3].

Zur Alternative, wie von den Autoren angegeben, kann eine Resektion des betroffenen Abschnittes oder der Speiseröhre in Erwägung gezogen werden. Dies ist Einzelfällen vorbehalten, bei denen die Stenoseproblematik und vor allen Dingen die Dysphagie nicht durch konservative Maßnahmen kompensiert werden kann und der Patient einen ausreichenden Allgemeinzustand hat, um eine größere Operation rechtfertigen zu können [4].

Literatur

  • 1k Bonavina L, DeMeester T R, McChesney L, Schwizer W, Albertucci M, Bailey R T. Drug-induced esophageal strictures.  Ann Surg. 1987;  206 173-183
  • 2k Eypasch E, Neugebauer E, Fischer F, Troidl H. Laparoscopic antireflux surgery for gastroesophageal reflux disease (GERD). Results of a consensus development conference.  Surg Endoscopy. 1997;  11 413-426
  • 3k Fuchs K H, Feussner H, Bonavina L, Collard J M, Coosemans W. European Study Group for Antireflux Surgery . Current status and trends in laparoscopic antireflux surgery: results of a consensus meeting.  Endoscopy. 1997;  29 298-308
  • 4k Jaspersen D, Diehl K L, Geyer P, Martens E, Arps H. [Benign proximal esophageal stenosis - mostly a complication of gastroesophageal reflux disease].  Dtsch Med Wochenschr. 1999;  124 205-208
  • 5k Klinkenberg-Knol E C, Nelis F, Dent J. et al . Long-term Omeprazole treatment in resistant gastroesophageal reflux disease: efficacy, safety, and influence on gastric mucosa.  Gastroenterology. 2000;  118 661-669
  • 6k Merendino K A, Dillard D H. The concept of sphincter substitution by an interposed jejunal segment for anatomic and physiologic abnormalities at the esophagogastric junction.  Ann Surg. 1955;  142 486-509

Prof. Dr. K.-H. Fuchs

Chirurgische Universitätsklinik und Poliklinik

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