Aktuelle Neurologie 2004; 31 - V75
DOI: 10.1055/s-2004-832981

Defekte der intergenomischen Kommunikation bei autosomal vererbter CPEO mit multiplen Deletionen der mitochondrialen DNA

M Deschauer 1, G Hudson 1, RW Taylor 1, T Müller 1, PF Chinnery 1, S Zierz 1
  • 1(Halle; Newcastle upon Tyne, UK)

Bei der autosomal vererbten chronisch progressiven externen Ophthalmoplegie (CPEO) finden sich im Muskel multiple Deletionen der mitochondrialen DNA (mtDNA), die durch Mutationen in nukleären Gene, die für die Replikation der mtDNA wichtig sind, hervorgerufen werden. Man spricht daher auch von Defekten der intergenomischen Kommunikation. In den vergangenen Jahren wurden bei autosomal vererbter CPEO in drei Genen Mutationen identifiziert: Twinkle, Adenin-Nukleotid-Translokator 1 (ANT1) und mitochondriale Polymerase Gamma 1 (POLG1).

Wir haben bei einem Kollektiv von 18 Index-Patienten (11 familiäre und 7 sporadische Fälle) mit CPEO und multiplen Deletionen der mtDNA diese drei Genen untersucht. Im Twinkle-Gen wurden bei zwei Familien neue Missense-Mutationen identifiziert (K319T und K319E), die das gleiche Kodon betrafen. Die Mutation K319E führte phänotypisch zu einer CPEO ohne multisystemische Symptomatik während die Mutation K319T mit einer multisystemischen Form im Sinne eines SANDO-Syndroms (sensible Ataxie bei Neuropathie, Dysarthrie und Ophthalmoplegie) assoziiert war. Die unterschiedliche Schwere könnte dadurch bedingt sein, dass bei der K319T das basische Lysin durch die neutrale Aminosäure Threonin ersetzt wird, während bei der K319E die saure Aminosäure Glutaminsäure entsteht. Im ANT1-Gen, in dem bisher lediglich vier Mutationen bekannt sind, fand sich bei einer Familie eine neue Mutation A90D. Zwei Brüder boten eine CPEO mit Beteiligung der Extremitätenmuskeln, deren Schwester litt an einer CPEO und einer schizoaffektiven Psychose. Im POLG1-Gen trug kein Patient eine Mutation. Da sich bei 15 der 18 Patienten mit multiplen Deletionen der mtDNA keine Mutation in den drei Genen fand, ist davon auszugehen, dass Defekte in weiteren noch unbekannten Genen zu einer autosomal vererbten CPEO mit multipen Deletionen der mtDNA führen.