Viszeralchirurgie 2004; 39 - 3
DOI: 10.1055/s-2004-835079

Stellenwert der Gastrointestinalen Funktionsdiagnostik: Standards, Indikation und individuelle Therapiekonzepte am oberen GI-Trakt

RA Lang 1, M Nitti 1, A Haidary 1, C Otahal 1, KW Jauch 1, TP Hüttl 1
  • 1Chirurgische Klinik und Poliklinik – Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität München

Einleitung:

In der modernen Chirurgie ist das Gastrointestinale Funktionslabor eine unerlässliche Einrichtung, um funktionelle Störungen des Gastrointestinaltrakts zu diagnostizieren. Für differenzierte und individuelle Behandlungskonzepte ist diese Diagnostik aus unserer Sicht unerlässlich. In der Literatur finden sich erhebliche Unterschiede in Messtechnik und Interpretation zwischen verschiedenen Laboren. Meist werden Patientenergebnisse mit Standardwerten der Literatur verglichen, eigene Referenzwerte fehlen meist.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, das prospektiv in einer Datenbank erfasste Patientenkollektiv unseres Funktionslabors zu evaluieren, erhobene Messdaten an für unser Labor erhobenen Standardwerten (Manometrie, 24-ph-Metrie und der 24-h-Bilirubinmessung) zu vergleichen und deren Bedeutung für die individuelle Therapie aufzuzeigen.

Methode:

Seit 1996 wurden im Gastrointestialen Funktionslabor unserer Klinik 1004 Ösophagusmanometrien, 721 Rektummanometrien, 882 24-h-pH-Metrien und 423 24-h-Bilitec-Untersuchungen durchgeführt. Die Standardwerte unseres Labors wurden an 26 gesunden Probanden (12 Männer, 14 Frauen, Alter: 32±12 Jahre, BMI: 22.2±2.3kg/m2, GlQI: 124.7±21 erhoben.

Ergebnisse:

5% der Patienten hatten unauffällige Parameter. 40% der Patienten wurden konservativ therapiert (PPI, HP-Eradikation). 55% der Patienten wurden einer endoskopischen bzw. chirurgischen Therapie (endoskopische, laparoskopische oder offene Antirefluxtherapie, transorale Schwellenspaltung, Myotomie und Divertikelabtragung) zugeführt. Folgende mediane Standardwerte wurden erhoben:

Unterer ösophagealer Sphinkter: Ruhetonus 10.0 (3–20) mmHg, totale Sphinkterlänge 4 (2–6)cm, abdominale Sphinkterlänge 2 (1–4)cm.

24-h-pH-Metrie: Gesamtzahl der sauren Refluxepisoden (pH<4) 42 (6–146), Fraktionszeit pH<4 1,7 (0,4–7,3)%, DeMeester-Score 8,8 (2,6–31,9) (vergleichbare Befunde nach zwei Tagen).

24-h-Bilirubinmessung: Fraktionszeit der Bilirubinexposition (Absorptionsgrenzwert: 0.14) 9,9 (0,1–62,3)%.

Schlussfolgerung:

95% der zugewiesenen Patienten konnte eine differenzierte Therapie angeboten werden. Mehr als 50% der Patienten wurden einer individuellen funktionsadaptierten chirurgischen Therapie zugeführt. Die Gastrointestinale Funktionsdiagnostik ist für die differenzierte chirurgische Therapie von Funktionsstörungen des Gastrointestinaltrakts unverzichtbar.