Viszeralchirurgie 2004; 39 - 23
DOI: 10.1055/s-2004-835099

Endoskopische Therapie von Riesenpolypen des Rektums und Kolons mit Dysplasie und Frühkarzinomen – was ist machbar?

M Löhnert 1, A Wittmer 1, JM Doniec 2
  • 1Chirurgische Klinik, Klinikum Rosenhöhe, Städt. Kliniken Bielefeld
  • 2Elisabeth-Krankenhaus, Kiel

Fragestellung:

Die adäquate Behandlungsmethode von großen colorektalen Polypen wird immer noch kontrovers diskutiert. Während bis in die Neunziger Jahre hinein vielerorts eine Laparotomie mit Colotomie und Polypektomie die Methode der Wahl darstellte, hat die laparoskopische, endoskopisch assistierte Polypenresektion in den letzten 10 Jahren zunehmend an Bedeutung erfahren. Der ausschließlich coloskopisch durchgeführten Mucosektomie wurde und wird immer wieder eine hohe Polypenrezidivrate, eine unsichere histologische Beurteilbarkeit der Resektate und eine große Komplikationsgefahr vorgeworfen. Ziel der hier vorgestellten prospektiven Untersuchung war es, die endoskopische Mucosektomie auf ihre Komplikations- und Rezidivrate hin zu untersuchen.

Methodik:

Alle Patienten, die sich von 1990 in der Klinik für Allgemein- und Thoraxchirurgie der Universität Kiel und seit dem 01.11.2000 in der Chirurgischen Klinik des Klinikums Rosenhöhe Bielefeld mit einem colorektalen Polypen >3cm vorstellten, wurden der endoskopischen Mucosektomie unterzogen. Breitbasige und taillierte Polypen wurden zunächst mit Suprarenin unterspritzt und anschließend in stripp-off-Technik im piece-meal-Verfahren mucosektomiert. Bei gestielten Polypen erfolgte eine Abtragung im Stielbereich mit der Schlinge.

Ergebnisse:

Es wurden 238 Polypen mit einer mittleren Größe von 5,5cm (3–15cm) endoskopisch therapiert, davon 187 breitbasige (79%) und 51 (21%) gestielte. Bei 33 Polypen fanden sich leichte, bei 127 mittelgradige und bei 56 schwere Dysplasien. Bei 22 Patienten lag bereits ein invasives Carcinom vor (21x T1, 1x T2). Während der endoskopischen Therapie kam es 19 mal zu einer Blutung, die in allen Fällen endoskopisch beherrscht wurde und 2 mal zu einer Perforation, die einmal durch endoskopische Clip-Applikation und einmal laparoskopisch therapiert werden konnte. In 3 Fällen trat innerhalb von einer Woche eine Nachblutung und 2x eine gedeckte Perforation auf. Eine Nachblutung wurde transanal umstochen, 2 Nachblutungen endoskopisch unterspritzt und beide Perforationen konservativ behandelt.

Von den 22 Karzinomen wurden 7 konservativ weiterbehandelt (4 gestielte entartete Polypen, 3 high-risk Patienten mit breitbasigen Tumoren), die verbleibenden 15 Patienten wurden operiert (2x transanale Vollwandexzision, 2x lap. Hemicolektomie re., 1x Hemicolektomie li., 5x konv. Sigmaresektion, 5x lap. Sigmaresektion), in keinem Resektat wurde an der Abtragungsstelle Tumorgewebe gefunden, einmal war ein extramuraler Lymphknoten infiltriert. In der Nachsorge (6–121 Monate) wurden 12 Polyenrezidive (Therapie: Endoskopische Abtragung) und 1 Carcinomrezidiv bei nicht-operiertem invasivem Wachstum in einem breitbasigen Polypen (Therapie: laparoskopische Sigmaresektion) vorgefunden, alle sind bis heute rezidivfrei.

Zusammenfassung:

Die endoskopische Abtragung von großen kolorektalen Polypen ist eine adäquate Behandlungsmethode auch für Polypen >3cm. Die Komplikationsrate liegt unter der, die von operativen Ansätzen berichtet wird, die meisten Komplikationen lassen sich konservativ beherrschen. Die primäre Kurationsrate beträgt 91%, nach zweizeitiger minimalinvasiver Operation der Karzinome, bzw. Therapie der Rezidivpolypen 100%. In den Händen erfahrener endoskopischer Chirurgen ist die coloskpische Mucosektomie eine sichere Alternative zum primären laparoskopischen Vorgehen.