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DOI: 10.1055/s-2005-866646
REM-Schlafverhaltensstörung und α-Synukleinopathien
Die REM-Schlafverhaltensstörung (REM Sleep Behavior Disorder / RBD) ist eine REM-Parasomnie bei der es zur Aufhebung der normalerweise im REM-Schlaf vorhandenen Atonie der Muskulatur und somit der Möglichkeit zum Ausagieren von Träumen kommt. Dies kann zu komplexen Handlungen im Schlaf mit Sprechen, Schreien, Treten und Schlagen führen. Typischerweise erinnern sich die Patienten an die Träume, die meist einen aggressiven Inhalt haben. Subklinische Formen können ausschließlich polysomnographisch durch den Nachweis einer fehlenden REM-Atonie diagnostiziert werden. Die Pathophysiologie der RBD ist unklar. Tierexperimentell kann eine RBD durch bilaterale pontine Läsionen insbesondere im Bereich der Peri-Locus coeruleus (LC) Region ausgelöst werden. Von der Peri-LC Region gehen exzitatorische Afferenzen zum Nucleus reticularis magnocellularis, der normalerweise zu einer Inhibition der α-Motoneurone führt, aus. Ferner gibt es Hinweise, dass Läsionen im Bereich des pedunculopontinen Nucleus sowie der mesopontinen Übergangsregion zu RBD führen.
Verlaufsuntersuchungen zeigen, dass über 60% der ursprünglich als idiopathisch eingestuften RBD-Patienten im Mittel nach 20 Jahren ein Parkinson-Syndrom überwiegend einen M. Parkinson entwickeln. Querschnittsstudien bei Patienten mit M. Parkinson bestätigen, dass bei 33% zusätzlich eine RBD und bei 58% eine subklinische RBD besteht. In Übereinstimmung zeigte eine IPT-SPECT-Untersuchung bei Patienten mit ‘idiopathischer' RBD eine reduzierte Dopamintransporterbindung im Sinne eines präsymptomatischen Parkinson-Syndroms (Eisensehr et al. Sleep 2003). Entsprechend der neuropathologischen Stadieneinteilung nach Braack et al. sind Lewy-Körperchen bzw. -Neuriten in den präsymptomatischen Frühstadien der Parkinson-Erkrankung (Stadium 1–3) auf diejenigen Hirnstammareale begrenzt (Braack et al. Neurobiology of Aging 2003), welche Schlüsselstellen der RBD darstellen. Im Braak-Stadium 1 sind, neben den Vagus- und Glossopharyngeuskerngebieten, der Nucleus olfactorius und Bulbus olfactorius betroffen. Im Stadium 2 treten zusätzliche Läsionen im Bereich der Medulla oblongata und pontinem Tegmentum (u.a. Nucleus reticularis magnocellularis, Coeruleus-Subcoeruleus-Region) auf. Erst im Stadium 3 findet man Mittelhirnläsionen, besonders eine Degeneration dopaminerger Neurone in der Substantia nigra. Die klinische Beobachtung, dass 97% von 30 RBD-Patienten (von denen einzelne mit mehrjähriger Latenz eine Parkinson-Erkrankung entwickelten) eine Störung der Riechfunktion haben (Stiasny-Kolster et al. Brain 2005) spiegeln ebenfalls die neuropathologischen Braak-Stadien wider. Demnach stellt die Hyposmie, gefolgt von der Entwicklung einer RBD, ein initiales Frühsymptom der Parkinson-Erkrankung dar. Querschnittsstudien bei RBD-Patienten zeigen zudem, dass bei einem geringen Teil andere α-Synukleinopathien vorliegen (bei ca. 15% eine MSA oder eine Lewy-Körperchendemenz). Zusammenfassend sprechen die klinischen und neuropathologischen Befunde eindeutig dafür, dass die RBD eine Frühform der α-Synukleinopathien insbesondere des M. Parkinson ist.