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DOI: 10.1055/s-2005-872320
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Tödliche Gefahr aus dem Honigtopf
SäuglingsbotulismusPublication History
Publication Date:
05 August 2005 (online)

Der Botulismus des Erwachsenen wird durch Aufnahme von Toxinen von Clostridium botulinum mit der Nahrung ausgelöst; das Toxin verhindert über eine Blockade der Acetylcholinausschüttung an peripheren cholinergen Nerven die Erregungsübertragung auf die Muskulatur und führt daher zu lebensbedrohlicher Atemlähmung.
Der Säuglingsbotulismus entsteht dagegen durch Aufnahme von Clostridiensporen mit der Nahrung zum Beispiel mit kaltgeschleudertem Honig oder Rohkostnahrung, Vermehrung der Clostridien im - nicht durch ausreichende Standortflora geschützten - Säuglingsdarm und Toxinproduktion im Körper des Kindes.
In Deutschland erkrankt pro Jahr zirka ein Kind an Säuglingsbotulismus, weswegen die Erkrankung trotz entsprechender Warnhinweise (z.B. auf Honiggläsern) unter Ärzten und Patienten nicht ausreichend bekannt ist.
Klinisches Erscheinungsbild
Das klinische Erscheinungsbild variiert stark: neben blanden Erkrankungen kommen rasche dramatische Verläufe vor; Säuglingsbotulismus wird auch für einen Teil der Todesfälle an „Plötzlichem Kindestod” verantwortlich gemacht. Bei rechtzeitiger Krankenhauseinweisung kann die Sterblichkeit durch Intensivtherapie mit Beatmung, Darmspülungen und gegebenenfalls eventuell antibiotischer Darmsanierung (Penicillin) auf wenige Prozent gesenkt werden. Die Antitoxin-Behandlung wird beim Säugling nicht empfohlen.
Die Hauptsymptome des Säuglingsbotulismus sind:
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Obstipation
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Augenmuskellähmungen
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Starre Mimik mit Saug- oder Schluckstörungen
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Allgemeine Muskelschwäche (z.B. fehlende Kopfkontrolle)
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Abgeschwächte oder fehlende Muskeleigenreflexe
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Insuffiziente Spontanatmung bei erhaltenem Bewusstsein.
Entscheidend für den Verlauf ist eine frühzeitige Krankenhauseinweisung bei entsprechender Anamnese und klinischen Verdachtsmomenten.
Prävention
Die Prävention muss darauf zielen, Honig und andere ungekochte Rohkostnahrungsmittel vom Kind unter dem ersten Lebensjahr fernzuhalten. Abzuraten ist daher auch von der häufig empfohlenen Praxis des Bestreichens von Brustwarze oder Schnuller mit Honig zur Überwindung von Saughemmungen oder Honig zur Mamillen-Pflege bei stillenden Müttern.
Literatur
- 1 Müller-Bunke H, Höck A, Schöntube M. et al. . Säuglingsbotulismus. Monatsschr Kinderheilkd. 2000; 148 242-245
- 2 Robert-Koch-Institut. . Säuglingsbotulismus - Selten aber gefährlich. Epidemiologisches Bulletin. 1998; 37 261-263
- 3 Shapiro RL. et al. . Botulism in the United States: A clinical and epidemiological review. Ann Intern Med. 1998; 129 221-228
- 4 Oguma K. et al. . Infant botulism due to clostridium botulinum Type C toxin. Lancet. 1990; 336 1449-1450