Aktuelle Neurologie 2005; 32 - V65
DOI: 10.1055/s-2005-919210

Modulation von motorischer Gedächtnisbildung durch Levodopa

A Flöel 1, C Breitenstein 1, G Gaurraux 1, F Hummel 1, P Herscovitch 1, S Knecht 1, L Cohen 1
  • 1Münster; Lieges, B; Tübingen; Bethesda, USA

Einleitung: Das Speichern einer motorischen Gedächtnisspur durch motorisches Training spielt eine entscheidende Rolle bei motorischem Lernen. Die Plastizität des Gehirns lässt jedoch mit zunehmendem Alter nach, ebenso wie die an der Gedächtnisbildung entscheidend mitwirkende Aktivität des dopamingergen Systems. Wir untersuchten, ob sich durch Prämedikation mit Levodopa die motorische Gedächtnisbildung bei älteren gesunden Probanden und Schlaganfallpatienten im Vergleich zu Placebo verstärken lässt, und die Freisetzung von Dopamin im Striatum während des Trainings erhöht (gemessen mittels 11-C-Racloprid PET=11-C-RAC).

Methoden: Acht gesunde ältere Probanden und (bisher) 3 chronische Schlaganfallpatienten nahmen an der randomisierten doppelblinden, Placebo-kontrollierten Crossover-Studie mit jeweils zwei Sitzungen teil. Während jeder Sitzung wurde zunächst die Richtung der TMS-induzierten Daumenbewegung bestimmt (Baseline). Nach Gabe von entweder 100mg Levodopa oder Placebo begann die 11-C-RAC Untersuchung mit einer 50min. Ruhephase, gefolgt von einer 30-minütigen Trainingsphase, die aus schnellen Daumenbewegungen (1Hz; dominante Hand bei Probanden, paretische Hand bei Patienten) in die Gegenrichung der Baseline-Bewegung bestand. Anschließend wurde mit TMS erneut die Richtung der Daumenbewegungen bestimmt. Der Trainingerfolg wurde gemessen als Anteil der TMS-evozierten Daumenbewegungen, die nach Training in die Trainingsrichtung fielen.

Ergebnisse: Nur Training unter Levodopa, aber nicht Placebo, führte zu einer TMS-induzierten Daumenbewegung in die Trainingsrichtung (p<0,05). Der Trainingserfolg korrelierte positiv mit der Dopaminfreisetzung während des Trainings (p<0,05). Diese erhöhte Dopaminfreisetzung trat bei den gesunden Probanden im kontralateral zur Trainingshand gelegenen Nucleus caudatus (NCA) auf, bei den Patienten im ipsilateralen NCA.

Diskussion: Die motorische Lernfähigkeit lässt sich bei älteren Personen durch Gabe einer dopaminergen Substanz vor dem Training signifikant verbessern. Die während des Trainings unter Levodopa beobachtete verstärkte Dopaminfreisetzung im NCA weisst darauf hin, dass dem Lerndefizit bei älteren Menschen tatsächlich ein relativer Dopaminmangel zugrunde liegt. Bei den Patienten unterstützt die besonders im kontraläsionenellen Striatum erhöhte Dopaminfreisetzung Hypothesen, die der ipsilateralen Seite eine wichtige Rolle bei der Erholung von motorischen Defiziten nach Schlaganfall zusprechen.

Abb. 1. Gesunde ältere Patienten wurden mit 11-C-RAC PET untersucht während einer 50min. Ruhephase, gefolgt von einer 30min. Trainingsphase. Dabei wurde mittels einer PET die quantifizierte Änderung des 11-C-RAC-„Bindungspotentials“ (ΔBP) im kontralateralen Striatum bestimmt. Eine höhere ΔBP (verringertes BP) bedeutet stärkere Dopaminfreisetzung (s. oberer Teil der Abb., Pfeile). BP-Ruhe wurde von BP-Training subtrahiert (ΔBP in %), in einer Sitzung nach Levodopa-Gabe (weisse Balken), in der anderen nach Placebogabe (schwarze Balken; s. unterer Teil der Abb.). Die Reihenfolge der Sitzungen wurde randomisiert. Nach Levodopagabe führte Training zu einer signifikant särkeren Reduktion des RAC-BP (=Dopaminfreisetzung), signifikant im linken dorsalen Nucleus caudatus (NCA; kontralateral zur Trainingshand; *: p<0,05).