Aktuelle Neurologie 2005; 32 - V228
DOI: 10.1055/s-2005-919265

Das Outcome nach Thrombolyse im 6h-Zeitfenster bei Patienten mit PWI/DWI Mismatch ist unabhängig von der Zeit und besser als bei unselektierten Patienten Vergleich einer deutschen Multicenterstudie mit den Daten aus ATLANTIS, ECASS und NINDS

G Thomalla 1, C Schwark 1, J Sobesky 1, E Bluhmki 1, J.B Fiebach 1, J Fiehler 1, O Zaro-Weber 1, T Kucinski 1, E Juettler 1, P Ringleb 1, P.D Schellinger 1, J Röther 1
  • 1Für die Stroke Imaging Group, Kompetenznetz Schlaganfall

Hintergrund: In einer multizentrischen Studie haben wir das Outcome von Patienten untersucht, die nach MRT-Kriterien innerhalb von 6h mit tPA behandelt wurden. Das Ergebnis wurde mit den Daten der großen klinischen Schlaganfall-Lysestudien verglichen.

Methoden: In drei deutschen neurologischen Universitätskliniken wurden alle Patienten mit akutem Schlaganfall innerhalb von 6h mit akutem Schlaganfall-MRT inklusive perfusions- und diffusionsgewichteter Bildgebung (PWI und DWI) untersucht. Als Zielgruppe für die vorliegende Analyse wurden mit iv-tPA behandelte Patienten mit einem PWI/DWI Mismatch von >1.2 definiert. Das Outcome dieser Patienten wurde nach 90 Tagen anhand der modified Rankin Scale (MRS) eingeschätzt und gutes Outcome als ein MRS-Score von 0–1 definiert. Die Daten wurden verglichen mit den gepoolten Daten aus ATLANTIS, ECASS und NINDS.

Ergebnisse: Von insgesamt 148 Patienten mit PWI/DWI Mismatch wurden 59% (n=88) innerhalb von 3h und 41% (n=60) nach 3–6h intravenös mit tPA lysiert. Der Anteil der Patienten mit gutem Outcome in der Gruppe MRT-selektierter tPA-Patienten war größer (48%) als bei den gepoolten Placebo-Patienten (33%, p<0.001) und bei den gepoolten tPA-Patienten (40%, p=0.033). Die entspricht einer relativen Zunahme von Patienten mit gutem Outcome von 44% gegenüber der gepoolten Placebogruppe und 21% gegenüber der gepoolten tPA-Gruppe, sowie einer absoluten Zunahme von 15% bzw. 8%, entsprechend einer „number needed to treat“ von 7 bzw. 12. Innerhalb der MRT-selektierten tPA-Patienten gab es keinen Unterschied in der Häufigkeit von gutem Outcome bei Patienten die innerhalb von 3h und nach 3–6h behandelt wurden (49 vs. 47%).

Schlussfolgerung: Unsere Studie zeigt, dass mithilfe des MRT als Selektionsinstrument das Zeitfenster für eine intravenöse Thrombolyse beim akuten Schlaganfall bei ausgewählten Patienten auf bis zu 6 Stunden sicher und effektiv ausgedehnt werden kann. Die Ergebnisse randomisierter kontrollierter Studien zur MRT-basierten Thrombolyse jenseits von 3h werden erwartet. In der Zukunft wird eine auf Befunden der Bildgebung basierende individuelle Therapie die Orientierung an festen Zeitfenstern in der akuten Schlaganfalltherapie ersetzen.