Aktuelle Neurologie 2005; 32 - V240
DOI: 10.1055/s-2005-919277

Phosphoglucoseisomerase, alias Neuroleukin, alias autocrine motility factor im Liquor cerebrospinalis. Ein einfacher Biomarker für die Creutzfeldt-Jakob Erkrankung, Hirnmetastasen und bakterielle Meningitiden

U Wurster 1, W Nager 1
  • 1Hannover

Fragestellung: Erstaunlicherweise wird für das glykolytische Enzym Phosphoglucoseisomerase (PGI) im CSF über 95% intrathekale Synthese gefunden. Eine mögliche Erklärung könnte in der ungewöhnlichen Multifunktionalität von PGI liegen, das neben der Umwandlung von Glucose-6-P in Fructose-6-P auch als neurotropher Faktor (Neuroleukin) und als Cytokin bei der Metastasierung (autocrine motility factor) fungiert. Durch Messung bei einem erweiterten Spektrum neurologischer Erkrankungen wurde untersucht, ob außer der bekannten Erhöhung bei Hirnmetastasen zusätzliche diagnostisch nutzbare Anwendungen vorliegen.

Methoden: Zusätzlich zur üblichen CSF Analytik wurde die PGI Aktivität photometrisch bei 334 nm über die NADPH Zunahme bestimmt. Als Grenzwert für CSF wurden 9,3 U/l von früher übernommen.

Ergebnisse: Für 14 Kontrollen ergab sich ein Mittelwert von 3,2 (SD=1,1) U/l im CSF und 35,3 (11,8) U/l im Serum. Bei 43 nicht- entzündlichen neurologischen Erkrankungen (8 ALS, 6 MS, 5 Normaldruckhydrocephalus, 4 Parkinson, 4 Grand mal Anfälle, 3 paraneoplastisch, u.a.) wurden im Mittel 3,6 (1,3) U/l im CSF gefunden. In Übereinstimmung mit früheren Ergebnissen zeigten 28/35 (80%) der Patienten mit zerebralen Metastasen und/oder Tumorzellen im CSF eine PGI Erhöhung bis 686 U/l. Hohe Aktivitäten von durchschnittlich 137 (128) U/l wurden auch bei 18/18 bakteriellen Meningitiden gemessen. Bei 22/30 viralen Meningitiden lagen die PGI Werte normal. Bei allen 3 Patienten mit Herpes-, 2 mit VZV-, 2 mit Enterovirus- und 1 mit Toscanavirus- Meningitis wurden mit 28,1 (18,7) U/l im Mittel erhöhte PGI Aktivitäten bestimmt. Überraschenderweise fanden sich deutlich erhöhte Werte (23,1–47,5 U/l) auch bei 6/6 Patienten mit einer Creutzfeldt-Jakob Erkrankung (CJD). Dagegen blieben mit 4,4 U/l (2,0) alle 43 Patienten mit verschiedenen Formen von Demenz im normalen Bereich. PGI weist somit in seinem Leistungsprofil große Ähnlichkeit mit dem Protein 14–3-3 auf. Im direkten Vergleich (N=30) zwischen 14–3-3 und PGI ergab sich bei Verdacht auf CJD bis auf einen Fall, wo 14–3-3 falsch positiv, PGI dagegen normal war, völlige Übereinstimmung (6 richtig positiv, 22 richtig negativ, 1 falsch positiv).

Schlussfolgerung: PGI ist ein schneller und billiger Test, der bei komplexen diagnostischen Problemen hilfreiche Informationen liefert. PGI stellt eventuell eine einfache Alternative zu dem 14–3-3 Protein dar, was durch Untersuchungen an einem größeren Kollektiv untermauert werden sollte.