Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P270
DOI: 10.1055/s-2005-919304

Genotyp-Phänotyp-Korrelation bei Morbus Wilson

W Hermann 1, P Günther 1, H.J Kühn 1, G Reichel 1
  • 1Zwickau, Leipzig

Der Morbus Wilson ist eine autosomal rezessiv vererbte Erkrankung des Kupferstoffwechsels. Sein Genlokus (13q14–21-Lokus) befindet sich auf dem langen Arm des Chromosom 13 und enthält 21 Exons. Sie verschlüsseln 1411 Aminosäuren der P-Typ ATPase 7B, die sich funktionell in Kupferbindungs- und Transduktionsdomänen, einen Kationenkanal, die ATP-Bindungstelle sowie eine Scharnierregion unterteilt. Es soll eine Genotyp – Phänotyp – Korrelation bezüglich der C3207A (H1069Q) – Mutation bewertet werden.

Dazu wurden 40 Patienten untersucht und nach dem Auftreten der H1069Q-Mutation in eine homozygote, compound heterozygote und eine Kohorte sonstiger Mutationen unterteilt. Die Tabelle fasst die epidemiologischen und klinischen Daten zusammen.

Homozygot N=16

Compound heterozygot N=20

Andere Mutationen N=4

Geschlecht

W=8 M=8

W=8 M=12

W=2 M=2

Symptombeginn

22 Jahre

18 Jahre

13,5 Jahre

Neurologische Verlaufsform

14

15

3

Nichtneurologische Verlaufsform

2

5

1

Neurologiescore* Initial

4

4

3

Neurologiescore* Aktuell

1

0

1

Fehlende Geschlechtspräferenzen, etwa zeitgleiche Symptommanifestation in der homozygoten und compound heterozygoten Kohorte, analoge klinische Befunde sowie vergleichbare therapeutische Resonanz aller drei Gruppen sind kennzeichnend. Weitere Untersuchungen erfolgten in der Elektrophysiologie, Feinmotorik, Nuklearmedizin sowie mittels cMRT ebenfalls ohne Nachweis signifikant differenter Befunde in Qualität und Quantität.

Ungeachtet dessen kann die Mutation verschiedene funktionelle Bereiche des Proteins betreffen, was zu unterschiedlichen Funktionsstörungen der ATPase 7B intrazellulär führt. Beschrieben sind Fehllokalisation getrennt vom Golgisystem (Mutationen R778L, Q447L, P767P) gegenüber einer normalen Lokalisation, aber der Unfähigkeit zur kupferabhängigen Redistribution (Mutation G943S). Durch die häufige C3207A-Mutation kommt es zu einer gestörten Tertiärstruktur und die Sensorfunktion für den zytosolischen Kupferspiegel geht verloren. Im Ergebnis aller 250 Mutationen besteht trotz intrazellulär möglicher verschiedener Auswirkungen auf den zytosolischen Kupfertransport die Gemeinsamkeit in einer biliär exkretorischen Kupferausscheidungsstörung.

Der klinische Phänotyp zeigt anhand der vorliegenden Studie keinen Bezug zum Auftreten der C3207A-Mutation. Ein Zusammenspiel verschiedener genetischer (wie der Isoform des ApoE) und epigenetischer Merkmale auf den Verlauf und Phänotyp der Erkrankung sind jedoch anzunehmen ohne lineare Genotyp-Phänotyp-Korrelation für eine bestimmte Mutation.