Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P311
DOI: 10.1055/s-2005-919345

Psychopathologische Befunde bei Morbus Wilson

P Günther 1, W Hermann 1, A Wagner 1
  • 1Leipzig, Zwickau

Einleitung: Das Schädigungsmuster der hepatolentikulären Degeneration (Morbus Wilson) ist sehr vielfältig, wobei in der neurologischen Verlaufsform die extrapyramidal-motorische Symptomatik und in der nicht-neurologischen die Leberschädigung dominiert. Viele Patienten berichten jedoch im Langzeitverlauf zusätzlich kognitive Störungen und depressive Symptome.

Methoden: In dieser Studie wurden 28 Patienten (23 mit einer neurologischen und 5 mit einer nichtneurologischen Verlaufsform) mit gesichertem Morbus Wilson unter Langzeittherapie mit einem standardisierten Testverfahren (SIDAM) untersucht sowie ein ebenfalls standardisiertes Selbstbeurteilungsverfahren zu depressiven Symptomen (BDI) durchgeführt.

Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen kaum Beeinträchtigungen in der kognitiven Leistungsfähigkeit mit einem Median von 53 von 55 Punkten ohne Unterschied zwischen den Verlaufsformen (53 in der neurologischen und 54 in der nichtneurologischen Verlaufsform). Dagegen bestätigte sich mit einem Median von 11 im BDI eine depressive Symptomatik bei den Patienten der neurologischen Verlaufsform des Morbus Wilson. Hier bestand ein deutlicher Unterschied zu den Patienten mit nicht-neurologischer Verlaufsform mit einem Median von 4.

Schlussfolgerung: Kognitive Defizite und depressive Symptome werden häufig von Patienten mit Morbus Wilson berichtet. Jedoch scheint die erlebte Leistungsminderung mehr durch die depressive Störung als durch ein objektivierbares kognitives Defizit geprägt zu sein. Da sich Bewegungsstörungen und andere Symptome durch die Therapie oft bessern, ist eine gezielte Untersuchung und Behandlung psychopathologischer Begleitsymptome bei Patienten mit Morbus Wilson im Langzeitverlauf zu empfehlen.