Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P324
DOI: 10.1055/s-2005-919358

Griffkraft-Antizipation selbst-generierter Lasten ohne sensorisches Feedback. Betroffene und erhaltene Leistungen bei zwei deafferenzierten Patienten

Z Elias 1, D.A Nowak 1, J Hermsdörfer 1
  • 1München

Bei der Manipulation von Objekten entstehen durch Gewichts- und Trägheitskräfte dynamische Lasten, die von Gesunden durch präzise an den Lasterverlauf angepasste Griffkräfte kompensiert werden. Kürzlich konnten wir zeigen, dass die antizipatorische Regelung der Griffkraft bei einer chronisch deafferentierten Patientin (G.L.) massiv gestört war, wenn diskrete Objektbewegungen ausgeführt wurden (1).

In der vorliegenden Studie wurden Griffkräfte und Lasten bei zwei chronisch deafferentierten Patienten (G.L. und I.W.) während zyklischer Objektbewegungen registriert. Hierbei wurden die Lasten durch unterschiedliche Objektmasse (0,4 und 0,6kg) und Bewegungsgeschwindigkeit (0.8 und 1.2Hz) variiert.

Erwartungsgemäß modulierten gesunde Kontrollpersonen ihre Griffkraft parallel zu den selbstgenerierten Lasten. Unterschiedliche masse- und frequenzabhängige Lastniveaus wurden durch entsprechende Niveaus der Griffkraft antizipiert (lin. Regression r2. 0.7). Die Präzision der Modulation war dagegen vom Lastniveau weitgehend unabhängig (Koeffizient der Kreuzkorrelation bei allen Bedingungen r. 0.8). Bei beiden Patienten war eine, allerdings nur sehr grobe Anpassung des Griffkraftniveaus erhalten (r2=0.4), wobei die Werte deutlich überhöht waren (G.L.. 22 N, I.W.. 17 N, Ctrl. 12 N). Eine Modulation der Griffkraft mit der Last war jedoch nur bei I.W. erkennbar (r. 0.7), während bei G.L. die Griffkraft weitgehend zufällig fluktuierte (r. 0.3).

Die Ergebnisse legen nahe, dass die Patienten indirekte Informationen über die Lasten (z.B. via „sense of effort“) für die grobe Skalierung des Griffkraftniveaus verarbeiten konnten. Für eine antizipatorische Modulation der Griffkraft durch ein „internes Modell“ scheint dagegen ein mindestens rudimentärer sensorischer Input notwendig zu sein, der I.W. anders als G.L. möglicherweise über erhaltene Afferenzen im Nacken- und Schulterbereich zugänglich war.