Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P335
DOI: 10.1055/s-2005-919369

Laryngospasmus bei x-chromosomaler Spinobulbärer Muskelatrophie (Kennedy-Syndrom)

H.J Gdynia 1, J Kassubek 1, C.O Hanemann 1, A.C Ludolph 1, A.D Sperfeld 1
  • 1Ulm

Fragestellung: Die x-chromosomal vererbte Spinobulbäre Muskelatrophie (Kennedy-Syndrom, KD) wird durch eine Vermehrung von CAG-Repeats im Gen des Androgenrezeptors verursacht und ist klinisch durch langsam fortschreitende myatrophe Paresen, generalisierte und periorale Faszikulationen sowie zusätzliche fakultative Symptome wie beidseitige Gynäkomastie oder Haltetremor charakterisiert. Im Rahmen dieser Erkrankung scheinen Laryngospasmen vermehrt aufzutreten.

Methoden: An einem definierten Kollektiv von 47 Patienten mit genetisch gesichertem KD wurde die Häufigkeit von Laryngospasmen, mögliche Risiko- bzw. Prädispositionsfaktoren und Therapieoptionen untersucht. Als Kontrollkollektiv fungierten 147 Patienten mit definitiver ALS in frühen Krankheitsstadien. Alle Patienten wurden nach der Häufigkeit der Laryngospasmen und weiteren Umständen des Auftretens befragt. Es erfolgte eine Analyse zum Krankheitsverlauf und bestehenden krankheitsspezifischen Symptomen.

Ergebnisse: Zusammenfassend wiesen von 47 KD-Patienten 23 (47%) rekurrierende Laryngospasmen auf. In der ALS-Kontrollgruppe berichteten hingegen nur 2 Patienten (3%) über das Auftreten von Laryngospasmen. Wir fanden bei KD keinen Zusammenhang zwischen dem Auftreten und anderen krankheitsassoziierten oder exogenen Faktoren. Einzig scheint ein bestehender gastrooesophagealer Reflux einen Risikofaktor darzustellen. Die Laryngospasmen traten in allen Stadien der Erkrankung auf. Die Frequenz der Ereignisse konnte durch antisekretorische und prokinetische Medikation herabgesetzt werde.

Schlussfolgerungen: Da Laryngospasmen in allen KD-Erkrankungsstadien auftraten und eine Häufigkeitszunahme in späten Stadien nicht beobachtet werden konnte, scheint ein degenerativer Prozess nicht der pathogenetische Hauptfaktor zu sein. Das häufigere Auftreten von Laryngospasmen bei Patienten mit KD im Vergleich zur Kontrollgruppe stützt diese These, da sich die Hirnnervenbeteiligung beider Erkrankungen nicht unterscheidet. Ein krankheitsspezifischer Funktionsverlust im Sinne einer selektiven Vulnerabilität von für den Schluckakt relevanten Neuronen oder Reflexbögen stellt einen zu hypothetisierenden Faktor in der Pathogenese dar.