Fragestellung: Die x-chromosomal vererbte Spinobulbäre Muskelatrophie (Kennedy-Syndrom, KD) wird
durch eine Vermehrung von CAG-Repeats im Gen des Androgenrezeptors verursacht und
ist klinisch durch langsam fortschreitende myatrophe Paresen, generalisierte und periorale
Faszikulationen sowie zusätzliche fakultative Symptome wie beidseitige Gynäkomastie
oder Haltetremor charakterisiert. Im Rahmen dieser Erkrankung scheinen Laryngospasmen
vermehrt aufzutreten.
Methoden: An einem definierten Kollektiv von 47 Patienten mit genetisch gesichertem KD wurde
die Häufigkeit von Laryngospasmen, mögliche Risiko- bzw. Prädispositionsfaktoren und
Therapieoptionen untersucht. Als Kontrollkollektiv fungierten 147 Patienten mit definitiver
ALS in frühen Krankheitsstadien. Alle Patienten wurden nach der Häufigkeit der Laryngospasmen
und weiteren Umständen des Auftretens befragt. Es erfolgte eine Analyse zum Krankheitsverlauf
und bestehenden krankheitsspezifischen Symptomen.
Ergebnisse: Zusammenfassend wiesen von 47 KD-Patienten 23 (47%) rekurrierende Laryngospasmen
auf. In der ALS-Kontrollgruppe berichteten hingegen nur 2 Patienten (3%) über das
Auftreten von Laryngospasmen. Wir fanden bei KD keinen Zusammenhang zwischen dem Auftreten
und anderen krankheitsassoziierten oder exogenen Faktoren. Einzig scheint ein bestehender
gastrooesophagealer Reflux einen Risikofaktor darzustellen. Die Laryngospasmen traten
in allen Stadien der Erkrankung auf. Die Frequenz der Ereignisse konnte durch antisekretorische
und prokinetische Medikation herabgesetzt werde.
Schlussfolgerungen: Da Laryngospasmen in allen KD-Erkrankungsstadien auftraten und eine Häufigkeitszunahme
in späten Stadien nicht beobachtet werden konnte, scheint ein degenerativer Prozess
nicht der pathogenetische Hauptfaktor zu sein. Das häufigere Auftreten von Laryngospasmen
bei Patienten mit KD im Vergleich zur Kontrollgruppe stützt diese These, da sich die
Hirnnervenbeteiligung beider Erkrankungen nicht unterscheidet. Ein krankheitsspezifischer
Funktionsverlust im Sinne einer selektiven Vulnerabilität von für den Schluckakt relevanten
Neuronen oder Reflexbögen stellt einen zu hypothetisierenden Faktor in der Pathogenese
dar.