Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P343
DOI: 10.1055/s-2005-919377

Das neue Antikonvulsivum Retigabin öffnet den Kv7.2 (KCNQ2) Kanal durch Bindung an das Aktivierungstor

T.V Wuttke 1, G Seebohm 1, S Bail 1, S Maljevic 1, H Lerche 1
  • 1Ulm, Tübingen

Hintergrund: Retigabin (RTG) ist ein Antikonvulsivum mit neuem Wirkmechanismus. Es öffnet neuronale KCNQ K+ Kanäle, indem es die Aktivierungskurve in hyperpolarisierender Richtung verschiebt.

Methoden: Um den molekularen Wirkmechanismus aufzuklären, wurde eine Vielzahl von Chimären zwischen dem neuronalen, RTG-sensitiven Kv7.2 (KCNQ2) Kanal (Q2) und dem kardialen, RTG-insenstiven Kv7.1 (KCNQ1) Kanal (Q1) erzeugt und in Xenopus Oozyten heterolog exprimiert. Die Wirkung von RTG auf die Chimären wurde elektrophysiologisch mit der 2-Mikroelektroden-Spannungsklemme charakterisiert.

Ergebnisse: Der Austausch sowohl des S5-Segments als auch des S6-Segments von Q2 durch die entsprechenden Anteile von Q1 resultierte in einem kompletten Verlust der Aktivierung des Kanals durch RTG, während die Einführung des S6 von Q2 in Q1 zu einer deutlichen RTG-Aktivierung führte. Wir konnten zeigen, dass die Punktmutation W236L im zytoplasmatischen Anteil von S5 den RTG-Effekt aufhob. Die Mutation des in S6 gelegenen konservierten G301, das als Angelpunkt für das Aktivierungstor fungiert, zu Alanin führte zu einem kompletten Funktionsverlust des Kanals. Die Wiedereinführung dieses Glycins in einen Q2 Kanal mit einem S6 Segment von Q1, stellte den RTG-Effekt wieder weitgehend her.

Schlussfolgerungen: Wir postulieren die Bindung von RTG in einer hydrophoben Tasche, die sich während der Öffnung des Kanals zwischen den zytoplasmatischen Anteilen von S5 und S6 bildet, wobei die Aminosäuren W236 und G301 sowie das Aktivierungstor selbst eine fundamentale Rolle spielen. RTG stabilisiert so den offenen Zustand des Kanals, was die Verschiebung der spannungsabhängigen Aktivierung vollständig erklärt. Die molekulare Aufklärung dieses neuen, hochpotenten antikonvulsiven Mechanismus des RTGs wird die Entwicklung weiterer, spezifischerer Pharmaka erleichtern und könnte so zur Etablierung einer neuen medikamentösen Epilepsietherapie beitragen.