Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P408
DOI: 10.1055/s-2005-919441

Molekulargenetische Analyse einzelner Muskelfaserpräparate beim MERRF- Syndrom A8344G

F.R Wiedemann 1, C Bartels 1, E Kirches 1, K Dietzmann 1
  • 1Magdeburg

Muskelfasern mit pathologischen Mitochondrienproliferaten und fehlender histochemischer Reaktion für Cytochrom c Oxidase (Cox), sog. Cox-negative ragged red fibers, sind ein Charakteristikum mitochondrialer Myopathien. Ihre Entstehung ist derzeit vollkommen unklar. Es wird vermutet, dass eine klonale Expansion mutierter mitochondrialer DNA (mtDNA) zu einer hohen Mutationslast in einzelnen Fasern führt. Der Schwellenwert des Heteroplasmiegrades mutierter mtDNA zur Ausprägung eines bestimmten Phänotyps ist jedoch ungenügend definiert.

MERRF (Myoklonusepilepsie mit ragged red fibers) ist eine Mitochondriopathie mit den Leitsymptomen Myokloni, generalisierten Krampfanfällen, einer zerebellären Ataxie sowie einer Myopathie mit Cox-negativen ragged red fibers. Wir zeigen hier mittels Immunhistochemie, dass in Cox-negativen ragged red fibers bei MERRF typische Indikatoren für die zerstörerische Wirkung freier Radikale (8- Hydroxy-2' Deoxyguanosin, Nitrotyrosin) spezifisch angereichert sind. In Einzelfaserpräparationen eines MERRF-Patienten untersuchten wir durch eine neu entwickelte Methode das Verhältnis von A8344G mutierter mtDNA zur Wildtyp-mtDNA. Es stellte sich heraus, dass die Last an A8344G mutierter mtDNA in den histochemisch normal erscheinenden Muskelfasern (78,5±1,9%) und Cox-negativen ragged red fibers (87,3±3,4%) zwar hochsignifikant unterschiedlich ist (p<0,0000001), der absolute Unterschied der Mutationslast bleibt jedoch verblüffend gering. Eine Anhäufung von zufällig verteilten, radikalisch bedingten Punktmutationen der mtDNA in Cox-negativen ragged red fibers konnte mittels einer Kombination aus doppelter Polymerase Chain Reaction (PCR) und doppeltem Restriktionsverdau weitgehend ausgeschlossen werden. Ebenso können wir zeigen, dass in der mtDNA der Cox-negativen ragged red fibers bei MERRF keine Vermehrung der sog. „common deletion“ nachweisbar war. Diese Daten weisen darauf hin, dass der Schwellenwert zur Ausprägung von Mitochondrienproliferaten und Cox-Negativität beim MERRF- Syndrom A8344G bei einem Anteil der mutierten mtDNA von etwa 80% zu finden ist.