Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P411
DOI: 10.1055/s-2005-919444

SANDO-Syndrom bei Patienten mit CPEO und multiplen Deletionen der mtDNA

M Deschauer 1, G Hudson 1, M Buttmann 1, S Schimrigk 1, K Busse 1, P.F Chinnery 1, S Zierz 1
  • 1Halle; Newcastle upon Tyne, UK; Würzburg, Bochum

Die chronisch progressive externe Ophthalmoplegie (CPEO) weist eine große klinische Variabilität auf mit verschiedenen multisystemischen Symptomen (CPEO plus). Außerdem besteht eine genetische Variabilität mit unterschiedlichen Erbmodi (autosomal, sporadisch, maternal) und verschiedenen Genveränderungen der mitochondrialen DNA (mtDNA): multiple bzw. singuläre Deletionen sowie Punktmutationen. Die autosomal vererbten Fälle sind mit multiplen Deletionen der mtDNA assoziiert, bedingt durch nukleäre Genveränderungen. Bislang sind Mutationen in drei Genen bekannt: POLG1, Twinkle und ANT1. Bei Patienten mit multiplen Deletionen der mtDNA wurde vor einigen Jahren das SANDO-Syndrom (sensible Ataxie bei Neuropathie, Dysarthrie und Ophthalmoplegie) als eigenständiges Krankheitsbild beschrieben, und kürzlich wurde gezeigt, dass SANDO durch POLG1-Mutationen bedingt sein kann.

Wir haben bei 24 Index-Patienten mit CPEO multiple Deletionen der mtDNA identifiziert. Zusätzlich fanden sich 7 symptomatische Familienmitglieder. 5 dieser 31 Patienten erfüllten die Kriterien des SANDO-Syndroms. Weitere Auffälligkeiten waren epileptische Anfälle, Extremitätenparesen, Herzblock, Depression, Demenz und Diabetes mellitus. 2 dieser 5 Patienten hatten Geschwister, die neben einer CPEO eine Neuropathie mit sensibler Ataxie, jedoch keine Dysarthrie aufwiesen. Weitere 4 Patienten zeigten ebenfalls eine CPEO mit sensibler Ataxie ohne Dysarthrie. Bei 34 CPEO-Patienten mit singulären Deletionen der mtDNA haben wir hingegen kein SANDO-Syndrom beobachtet und auch keine Dysarthrie oder sensible Ataxie.

Die 5 SANDO-Patienten haben wir hinsichtlich nukleärer Genveränderungen untersucht und bei einem Geschwisterpaar eine neue Mutation im Twinkle-Gen (K319E) identifiziert. Bei den anderen 4 Patienten fanden sich im POLG1-, Twinkle- und ANT1-Gen keine Mutationen.

Schlussfolgerungen: Das SANDO-Syndrom findet sich bei CPEO mit multiplen Deletionen relativ häufig, wobei auch inkomplette Fälle ohne eine Dysarthrie nicht selten sind. Eine CPEO mit Neuropathie und sensibler Ataxie ist typischerweise mit multiplen Deletionen der mtDNA assoziiert und nicht mit singulären Deletionen. Dem SANDO-Syndrom können verschiedene nukleäre Genveränderungen zugrunde liegen, nicht nur POLG1-Mutationen, sondern auch Twinkle-Mutationen. SANDO ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern eine charakteristische Konstellation der multisystemischen Symptomatik einer CPEO mit multiplen Deletionen der mtDNA.