Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P445
DOI: 10.1055/s-2005-919477

Posttraumatische Belastungsstörung und Situation des Lebenspartners nach juvenilem Hirninfarkt

M Poppenborg 1, A Allroggen 1, P.U Heuschmann 1, J Glahn 1, O Busse 1, E.B Ringelstein 1, D.G Nabavi 1
  • 1Münster, Minden

Hintergrund: Juvenile Hirninfarkte treten in der Regel völlig unerwartet in einer psychosozial vulnerbalen Lebensphase während der beruflichen Etablierung und Existenzgründung junger Menschen auf. Dennoch liegen bislang kaum Daten zum psychosozialen Outcome vor. Ziel dieser Studie war die Erfassung (1) einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) bei den Betroffenen und (2) die Belastung des Lebenspartners.

Methoden: Wir kontaktierten Patienten zweier Kliniken die im Alter bis 45 Jahre zwischen 1991 bis 2002 einen ischämischen Schlaganfall erlitten. Nachdem die Patienten postal über unsere Untersuchung informiert wurden, erfolgte ein standardisiertes telefonisches Interview, in welchem folgende Skalen verwendet wurden: (1) Impact of Event Scale (IES) nach Horowitz bzgl. PTSD, (2) Barthel Index (BI) für den körperlichen Gesundheitszustand und (3) die Belastung des Lebenspartners mittels Caregiver Strain Index (CSI). Klinisch-demographische Charakteristika sowie Lebensumstände vor dem Schlaganfall wurden ebenfalls erfasst und mittels multivariater logistischer Regression mit den Ergebnissen des standardisierten Interviews in Beziehung gesetzt.

Ergebnisse: Von insgesamt 267 kontaktierten Patienten verweigerten 17 die Teilnahme, 4 waren verstorben, und 65 Patienten konnten nicht erreicht werden. Damit nahmen 181 (68%) Patienten nach einer mittleren Latenz von 4,9 Jahren nach Infarkt an der Studie teil. Das mittlere Alter zum Erkrankungszeitpunkt betrug 34 Jahre, 58.0% waren männlich. Von den Befragten erfüllten 30 Patienten (16%) die Kriterien für eine mäßiggradige und 6 Patienten (3%) die einer schweren PTSD. 86.8% der Patienten waren selbständig in den Aktivitäten des täglichen Lebens (BI >=95). Der CSI zeigte bei 26.3% der Lebenspartner eine schwere Belastung zum Zeitpunkt der Nachbefragung. Angehörige von Patienten mit PTSD zeigten in 47.1% Hinweise auf eine schwere Belastung verglichen mit 20.6% der Angehörigen von Patienten ohne PTSD (p=0.02). Die Belastung, die Angehörige von Patienten mit schwerer PTSD aufwiesen, war erheblich stärker ausgeprägt.

Schlussfolgerung: Trotz des geringen körperlichen Behinderungsgrades bestehen bei fast jedem 5. Patient nach juvenilem Hirninfarkt Zeichen einer PTSD, jeder 4. Lebenspartner beklagt eine erhebliche Belastungssituation. Die langfristigen psychosozialen Folgen nach juvenilem Infarkt können mit den üblichen Insutrumenten nicht ausreichend beurteilt werden.