Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P455
DOI: 10.1055/s-2005-919487

Intrazerebrale Blutung als Indexsymptom einer Meningovaskulären Lues

W Dietrich 1, B Borcherding 1, G Berger 1, I Bär 1, F.J Erbguth 1
  • 1Nürnberg

Die meningovaskuläre Lues ist eine heute seltene Schlaganfallursache, wird aber im Kontext einer HIV-assoziiert verminderten Immunkompetenz wieder vermehrt beobachtet (Lues-Inzidenz Deutschland 2003:3,6/100000). Gerade bei nicht zum Risikokollektiv gehörenden Patienten kann eine primär unspezifische Symptomatik die Diagnosestellung erschweren.

Ein 61jähriger Mann bemerkte beim Klettern eine 15minütige rechtsseitige Koordinationsstörung. Der in der Notaufnahme erhobene Neurostatus war regelrecht. Im CCT fand sich eine links hochparietale, kortikale Blutung. Eine Sinusthrombose wurde per CT-Angiographie sofort ausgeschlossen. Aufgrund einer vermuteten SAB-Komponente erfolgte eine Liquorpunktion mit makroskopisch fleischwasserfarbenem Liquor und Nachweis einer Erythrozytenbeimengung. Überraschend zeigte sich eine entzündliche Konstellation mit lymphomonozytärer Pleozytose (351/3 Z/ml, Eiweiß 118mg/dl) und immunreaktivem Liquorsyndrom. Dopplersonographisch ergab sich der Verdacht auf eine hochgradige Carotis-T-Stenose links und einen Verschluss der intrakraniellen A. carotis interna rechts, was angiographisch bestätigt werden konnte. Zunächst wurde eine Therapie mit Ceftriaxon, Aciclovir und Hochdosissteroiden eingeleitet. Aufgrund der Vorgeschichte des Patienten mit distaler Colitis, CMV-Hepatitis und Papillitis in den letzten Monaten führten wir nach unauffälliger Immun- und konventioneller Erregerdiagnostik einen HIV- und Luestest durch und konnten eine Meningovaskuläre Lues bei HIV-Infektion Stadium B1 diagnostizieren (potentieller Infektionsweg Swingerclubbesuch). Nach 1wöchiger Antibiose mit Ceftriaxon besserte sich der Liquorbefund (151/3 Z/ml), es kam jedoch zu einer progredienten Verschlechterung mit beinbetonter Hemiparese links, Apraxie und ausgeprägtem Psychosyndrom. Im CCT demarkierten sich rechtshemisphärische Ischämiezonen. Unter insgesamt 3wöchiger Antibiose und Sekundärprophylaxe mit Clopidogrel und low-dose-Heparin kam es zu einer klinischen Stabilisierung, die Liquorpleozytose normalisierte sich fast vollständig (16/3 Z/ml). Nach drei Monaten fand sich noch eine leichte beinbetonte Hemiparese links bei saniertem Liquor. Trotz unveränderter TCD-Befunde traten keine weiteren zerebralen Ischämien auf. Eine intrazerebrale Blutung als Primärmanifestation einer Neurolues ist eine seltene Konstellation. Die Diagnosestellung in unserem speziellen Fall war nur durch eine gezielte Abklärung mit LP und Angiographie möglich.