Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P546
DOI: 10.1055/s-2005-919577

Der intrapatietale Sulcus und der dorsale prämotorische Kortex zeigen eine lineare Zunahme der Aktivierung mit der Winkeldisparität bei mentaler Rotation von Buchstaben und Zahlen

M Weiss 1, T Wolbers 1, M Peller 1, A Münchau 1, C Büchel 1, K Witt 1, G Deuschl 1, H Siebner 1
  • 1Kiel, Hamburg

Einleitung: Die Antwortszeiten bei mentaler Rotation von Objekten zeigen eine positive lineare Korrelation mit dem Rotationswinkel (Shepard RN & Metzler J, Science 1971(171)701–3). Bisherige Bildgebungsstudien schreiben dem dorsalen intraparietalen Sulcus (IPS) und dem Lobulus parietalis superior (SPL) eine besondere Rolle bei der mentalen Rotation zu (Harris IM et al., Brain (2000)123,65–73; Gauthier I et al., Neuron 2002(34)161–71).

Methoden: 16 gesunde rechtshändige männliche Probanden wurden mit der ereignisbezogenen funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) untersucht. In zwei Sitzungen wurde die regionale Hirnaktivierung während zwei Wahlreaktionszeitaufgaben gemessen. Kanonische (nicht gespiegelte) und gespiegelte Buchstaben(F,G,P,R) und Zahlen (2,4,5,7) wurden alle 3400 msec für jeweils 600 msec im zentralen Gesichtsfeld präsentiert. Ausgehend von der Vertikalen waren die Stimuli in fünf Stufen (Disparität: 0°-40°-80°-120°-160°) nach links oder rechts rotiert. In einer Sitzung sollten die Probanden per Tastendruck anzeigen, ob der Stimulus gespiegelt oder im Orginal dargeboten wurde (mentale Rotationsaufgabe). In der anderen Sitzung mussten die Probanden lediglich unterscheiden, ob ein Buchstabe oder eine Zahl gezeigt wurde (Symbolerkennungsaufgabe). Die Abfolge der Sitzungen wurde in der Gruppe ausbalanziert.

Die Datenauswertung erfolgte als ANCOVA auf der Gruppenebene (SPM2; Wellcome Dept. of Imaging Neuroscience, UCL, London, UK; p<0,05). Basierend auf dem allgemeinen linearen Modell wurden die Winkeldisparitätsstufen parametrisch modelliert.

Ergebnisse: Während der mentalen Rotationsaufgabe zeigten der IPS und der dorsale prämotorische Kortex (PMd) im Vergleich zur Symbolerkennungsaufgabe eine bilaterale lineare Zunahme der regionalen Aktivierung mit zunehmender Winkeldisparität.

Schlussfolgerungen: Die bilaterale parametrische Modulation der neuronalen Aktivität im IPS und dem PMd in Abhängigkeit vom Rotationswinkel belegt die Relevanz dieser frontoparietalen funktionellen Schleife im dorsalen visuellen Verarbeitungsweg für mentale visuomotorische Transformationen.