Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P556
DOI: 10.1055/s-2005-919587

Krankheitsbewältigung bei Multipler Sklerose

A Apel 1, B Greim 1, N König 1, U Zettl 1
  • 1Rostock, Berg

Hintergrund: Mit ihrem nicht vorhersehbaren Verlauf (z.B. Schubfrequenz) sowie der unterschiedlichen Krankheitsprogredienz stellt Multiple Sklerose (MS) eine große psychische und physische Belastung für Patienten dar. Die Auswirkungen des Schweregrades der Beeinträchtigung durch die Erkrankung auf das Bewältigungsverhalten sind bislang kaum erforscht.

Methoden: Insgesamt wurden 243 Patienten mit klinisch gesicherter MS untersucht. Neben soziodemographischen und krankheitsbezogenen Variablen (z.B. EDSS, Erkrankungsdauer) wurden die Depressivität (modifizierte Form des Beck Depressions Inventars – BDI) und das Copingverhalten der Patienten erhoben. Zur Erfassung des Copingverhaltens wurden die Trierer Skalen zur Krankheitsbewältigung (TSK) mit den fünf Subskalen Rumination (RU), Bedrohungsabwehr (BA), Suche nach sozialer Einbindung (SS), Suche nach Information und Erfahrungsaustausch (SI) sowie Suche nach Halt in der Religion (SR) eingesetzt.

Ergebnisse: Patienten mit einem EDSS von 3,0 bis 6,0 berichteten die höchsten Werte auf den Skalen RU (p<0,05), BA (p<0,05) und SI (p<0,01) im Vergleich zu sowohl leichter (EDSS<3,0) als auch schwerer beeinträchtigten (EDSS>6,0) Patienten. SS wurde am wenigsten in der Gruppe mit dem höchsten EDSS (EDSS>6,0) berichtet (p<0,01).

Unterschiede im Bewältigungsverhalten zeigten sich auch im Bereich der sozialen Unterstützung. Patienten, die soziale Unterstützung durch Familie (n=220), Freunde (n=175) oder andere MS Patienten (n=163) berichteten, gaben höhere Werte auf den Skalen SS, SI und SR an als Patienten ohne Unterstützung in den genannten Kategorien.

Frauen berichteten höhere Werte auf den Skalen SI und SR an. Auf den restlichen Skalen konnten keine Geschlechtsunterschiede festgestellt werden.

Es fanden sich außerdem keine signifikanten Zusammenhänge zwischen dem Copingverhalten der Patienten und den Variablen Alter, Erkrankungsdauer sowie den Verlaufsformen der MS nach Lublin und Reingold.

Diskussion: Der Schweregrad der MS beeinflusst nachhaltig das Copingverhalten bei MS. Im mittleren Bereich der Funktionalitätsbeeinträchtigung (EDSS von 3 bis 6) setzen sich die Patienten am intensivsten mit ihrer Erkrankung auseinander. Des Weiteren unterscheiden sich Patienten, die soziale Unterstützung von ihrem Umfeld erhalten, von den Patienten, die auf diese Ressourcen nicht zurückgreifen können, durch ein aktiveres Copingverhalten.