Aktuelle Neurologie 2005; 32 - P569
DOI: 10.1055/s-2005-919600

Zerebrale Genexpression beim Superantigen-Tiermodell der Multiplen Sklerose

M.E Kornhuber 1, A Emmer 1, M Staege 1, S Zierz 1
  • 1Halle/Saale

Fragestellung: Multiple Sklerose (MS) kann als eine prim r degenerative Erkrankung des Nervensystems mit entzündlichen Begleiterscheinungen angesehen werden. Als Ursache wird ein zerebraler Virus-Superantigen-Dualismus diskutiert. Superantigenexpression im Gehirn der Ratte führt zu einer perivaskulären Entzündungsreaktion wie bei MS, abhängig vom Vorhandensein aktivierter Immunzellen in der Blutbahn (M.E. Kornhuber et al. Neurosci Lett 2002;324:93–96). Die Abhängigkeit der Superantigen-Enzephalitis von der Menge aktivierter Antigen-naiver Immunzellen im Blut weist Parallelen zum MS-Schub auf, dessen Manifestation wesentlich von einer unspezifischen Immunaktivierung in der Peripherie abhängt. Es stellt sich die Frage, ob die zerebrale Genexpression bei der Superantigen-Enzephalitis mit im Hirngewebe von MS-Patienten mitgeteilten Befunden übereinstimmt.

Methoden: In der vorliegenden Arbeit wurde die Genexpression (Affymetrix Rat Genome U34A Microarray) im Gehirn der Lewis-Ratte 7 Tage nach intrazerebraler (IC) Injektion des T-Zell-Superantigens Staphylokokken-Enterotoxin A (SEA) und 5 Tage nach 10 Mio ConA-aktivierten syngenen Milzzellen (i.v.) untersucht. Vergleichstiere erhielten Lösungsmittel statt SEA IC und 10 Mio ConA-aktivierte Milzzellen i.v.

Ergebnisse: Von etwa 8800 untersuchten Genen waren 276 mehr als 2-fach (bis zu 45-fach) signifikant vermehrt exprimiert, 380 entsprechend vermindert. Das Muster der nach Superantigenexposition vermehrt abgelesenen Gene deutet auf eine intrazerebrale Immunantwort mit Präsenz von T-Zellen (CD3, CD4, CD8), Monozyten/Makrophagen (CD14), sowie Aktivierung von Astrozyten (GFAP) und Bergmann-Glia (Vimentin). Ferner waren NF-IL6, Osteopontin, Tenascin C, Metallothionein u.a. – ähnlich wie in Hirngewebe von MS-Patienten – vermehrt exprimiert nachweisbar.

Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse bestätigen unsere früheren Befunde, dass mit intrazerebralem Superantigen in Kombination mit aktivierten Milzzellen in der Blutbahn eine Entzündungsreaktion im Nervensystem generiert werden kann. In Übereinstimmung mit den morphologischen Befunden der Superantigen-Enzephalitis weist das Genexpressionsmuster Ähnlichkeiten zum Entzündungsprozess in Gehirnen von MS-Patienten auf. Die bisher mitgeteilten zerebralen Gen-Microarray-Befunde bei MS-Patienten sind somit u.a. vereinbar mit einer Virus-Superantigen Pathogenese.