psychoneuro 2005; 31(11): 547
DOI: 10.1055/s-2005-922542
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wenn sexuelle Entwicklung in sexuelle Gewalt mündet

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Publikationsdatum:
25. November 2005 (online)

 

Bereits im Alter von zwei Jahren haben Kinder Begriffe für Geschlechtsorgane, mit drei Jahren können sie Menschen einem Geschlecht zuordnen, mit fünf Jahren die Genitalien differenzieren. Mit acht Jahren beginnen die Fragen um Schwangerschaft und Geschlechtsverkehr. Jedoch sollte der Arzt hellhörig werden, wenn ein Kind übermäßiges Interesse an Genitalien zeigt, mit Puppen sexualisierte Spiele inszeniert oder selbst verführerisch wirken möchte, so PD Dr. Renate Volbert, FU Berlin, auf einem Symposion. Die Gründe für frühes problematisches Sexualverhalten von Kindern seien oft in einer aggressiven Umwelt, in der Vernachlässigung durch die Eltern, sexuellem Missbrauch oder im Miterleben sexueller Praktiken zu suchen.

Rund 40% der erwachsenen Sexualstraftäter berichten selbst von körperlichem, weitere 40% sogar von sexuellem Missbrauch in ihrer Kindheit. Die Rezidivraten bei Sexualstraftätern liegen bei 13,4% innerhalb von vier bis fünf Jahren bei einer Gesamtdelinquenz von 36,3%. Sind die Sexualstraftäter noch im jugendlichen Alter, liegt die Rezidivrate nach zwei bis drei Jahren bereits bei 11,6% bei einer Gesamtdelinquenz von 48%. Bei schweren Taten wird eine Rückfallrate von 10-20% beobachtet, wie auch die Tübinger Adoleszenz-Rückfallstudie Delinquenz TARD 2003-2005 mit 68 allesamt begutachteten Sexualstraftätern zeige. Nach Prof. Michael Günter, Tübingen, müssen daher die therapeutischen Maßnahmen intensiviert werden. Beispielsweise gibt es in Stuttgart bereits eine psychotherapeutische Ambulanz für Sexualstraftäter, die die Rückfallrate deutlich senken konnte.

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