psychoneuro 2006; 32(11): 508
DOI: 10.1055/s-2006-956993
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Birks J. Cochrane Database Syst Rev 2006 Jan 25; (1): CD005593 - Cholinesterase inhibitors for Alzheimer’s disease

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. Dezember 2006 (online)

 

Mit Datum vom 8. September 2006 veröffentlichte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) einen positiven Vorbericht zum Nutzen-Risiko-Verhältnis von Cholinesterase-Hemmern (ChE-Hemmer) für die Behandlung der Alzheimer-Demenz. Das IQWiG sowie der kürzlich publizierte Cochrane Review bestätigen beide die Wirksamkeit der ChE-Hemmer auf Kognition und Verhalten: Donepezil, Galantamin und Rivastigmin sind wirksam bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz.

Fragestellung:

Prüfung der Wirksamkeit von Donepezil, Galantamin und Rivastigmin bei Patienten mit leichter, mittelschwerer oder schwerer Alzheimer-Demenz.

Studiendesign:

Meta-Analyse von klinischen Studien, die einen Cholinesterase-Hemmer (ChE-Hemmer) mit Plazebo oder einem anderen ChE-Hemmer vergleichen.

Material und Methoden:

Das "Cochrane Dementia and Cognitive Improvement Groups Specialized Register" wurde Mitte 2005 mit Hilfe entsprechender Termini (z.B. Wirkstoffnamen) durchsucht. Die Daten wurden, sofern möglich, zusammengefasst und im Hinblick auf Nutzen sowie Risiken der Behandlung statistisch analysiert.

Resultate:

Die Meta-Analyse von 13 randomisierten, doppelblinden Studien ergab, dass alle ChE-Hemmer bei Behandlungszeiträumen von sechs und zwölf Monaten in der empfohlenen Dosierung bei Patienten mit leichter (eine Studie), mittelschwerer (zehn Studien mit Patienten der Einstufung leicht bis mittelschwer) oder schwerer Alzheimer-Demenz (zwei Studien) wirksam sind. Alle Studien untersuchten die kognitiven, funktionalen und globalen Effekte der ChE-Hemmer.

Für den primären Endpunkt Kognition zeigte sich eine statistisch signifikante mittlere Verbesserung von -2,7 Punkten auf der ADAS-Cog Skala (95% CI: -3,0 bis -2,3). Zu weiteren Parametern wie Verhaltensauffälligkeiten oder Ausübung von Alltagsaktivitäten sind weniger Daten vorhanden; gleichwohl zeigen auch sie einen statistisch signifikanten positiven Effekt der ChE-Hemmer nach sechs Monaten Behandlung.

Nebenwirkungen traten in den ChE-Hemmergruppen statistisch signifikant häufiger auf als in den Plazebogruppen; es wurde auch gezeigt, dass Patienten der ChE-Hemmer häufiger aus der Studie ausschieden als in der Plazebogruppe (29% vs. 18%), ein aufgrund der allgemeinen Wirkung der ChE-Hemmer nicht unerwarteter Befund.

Kommentar:

Bisher wurden drei Cochrane Reviews veröffentlicht, die jeweils separat die Studiendaten für einen ChE-Hemmer analysierten. Der vorliegende Review trägt nunmehr Daten zusammen, die die Wirksamkeit der ChE-Hemmer bei der jeweils empfohlenen Dosis für leichte bis mittelschwere Alzheimer-Demenz bei einer Behandlungsdauer von sechs Monaten oder länger belegen. Erstmals werden jeweils zwei Head-to-Head-Studien zweier ChE-Hemmer in die Analyse mit einbezogen.

Die Autoren attestieren allen drei ChE-Hemmern ähnliche Wirksamkeitsprofile für die zulassungsrelevanten primären Endpunkte Kognition und Beurteilung des klinischen Allgemeinzustands der Alzheimerpatienten. Der Review geht außerdem auf zusätzliche - auch für pflegende Angehörige und Heimpersonal wichtige - Parameter wie Ausübung von Alltagsaktivitäten und Verhaltensauffälligkeiten ein: bereits nach sechs Monaten werden positive Effekte auf Alltagsaktivitäten festgestellt. Derzeit ergeben sich jedoch aus den vorliegenden Studien lediglich positive Hinweise - eine genauere Analyse mit Hilfe von entsprechenden Zielkriterien erscheint notwendig, um die Dauer der Behandlung sowie die Patienten, die von ChE-Hemmern dauerhaft profitieren, besser eingrenzen zu können.

Anders verhält es sich bei der Prüfung der Wirksamkeit von ChE-Hemmern bei den Verhaltensauffälligkeiten. Hier benötigt man nicht sechs bis zwölf Monate dauernde Studien, sondern eine dreimonatige Studiendauer ist bereits ausreichend. Diese Auffälligkeiten reagieren sehr viel rascher und nachhaltiger auf medikamentöse Behandlung als die kognitiven Störungen oder die Alltagsbeeinträchtigungen.

Länger angelegte klinische Studien könnten daher bei den Verhaltensstörungen nur noch zusätzlich belegen, ob und inwieweit der nach drei Monaten eintretende positive Effekt über die Zeit hinweg anhält.

Die grundsätzliche Wirksamkeit auf diese Symptome ist jedoch bereits durch die kürzeren Studien nachgewiesen.

PD Dr. Martin Haupt, Neuro-Centrum Düsseldorf