psychoneuro 2007; 33(11): 485
DOI: 10.1055/s-2007-1010987
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Schmerztherapie bei diabetischer Polyneuropathie - Jeden Schmerz ernst nehmen

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Publication Date:
20 December 2007 (online)

 

In Deutschland leben über sechs Millionen Diabeteskranke, von denen etwa jeder vierte an diabetischer Polyneuropathie leidet. Je länger ein Diabetes besteht, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Polyneuropathie, die in etwa jedem sechsten Fall schmerzhaft ist, berichtete Prof. Thomas Tölle, Leiter des Zentrums für Interdisziplinäre Schmerztherapie der TU München. "Diese Schmerzen bedeuten nicht nur eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität der Betroffenen, sondern bedingen auch eine bewegungsärmere Lebensweise, die sich bei der ohnehin schon pathologischen Stoffwechsellage von Diabeteskranken besonders fatal auswirkt", erklärte Tölle.

Deshalb sollte nach Meinung des Schmerzexperten jeder Arzt bei Schmerzen oder Empfindungsstörungen in den Extremitäten eine mögliche Diabeteserkrankung in Betracht ziehen. Umgekehrt sollte bei Diabetespatienten explizit nach solchen Schmerzen oder Empfindungsstörungen gefragt werden, denn die Dunkelziffer ist hoch: Laut einer Studie haben 12,5% der Patienten mit diabetischer Polyneuropathie ihren Ärzten nie von ihren Schmerzen berichtet und 39% wurden nie wegen ihrer Schmerzen behandelt [1].

Neuropathische Schmerzen sind mit einer vermehrten Erregbarkeit aufsteigender Schmerzbahnen und deren verminderter Hemmung assoziiert. Eine gesteigerte Verfügbarkeit der Neurotransmitter absteigender, hemmender Schmerzbahnen (Noradrenalin, Serotonin) könne deshalb die Schmerzhemmung zentral fördern. Somit sei ein selektiver Serotonin-Nordrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) wie Duloxetin (Cymbalta®) besonders geeignet, neuropathische Schmerzen zu behandeln. In der Praxis bewährt sich Duloxetin seit Juli 2005 durch einen schnellen Wirkeintritt mit signifikanter Verbesserung ab dem dritten Behandlungstag [2] sowie, laut Tölle, einer vergleichsweise hohen Ansprechrate. Die häufig mit diesem Antidepressivum assoziierte anfängliche Übelkeit behandelt er vorübergehend mit adjuvantem Paspertin.

JS

Quelle: Pressegespräch "Antidepressiva in der Schmerztherapie für Patienten mit diabetischer Polyneuropathie - Funktionelle Alltagskompetenz bei Patienten" im Rahmen des DGN-Kongresses in Berlin am 13. September 2007, unterstützt von Boehringer Pharma GmbH & Co. KG und Lilly Deutschland GmbH

Literatur

  • 01 Daousi C . et al . Diabetic Med. 2004;  21 (9) 976-982
  • 02 Pritchett YL . et al . Poster präsentiert auf der AAPM-Jahrestagung, Februar 2006. 
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