psychoneuro 2007; 33(12): 496
DOI: 10.1055/s-2007-1012555
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Gesellschaft für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie kommt aus der Kuschelecke - Killerspiele gesetzlich verbieten?

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Publication Date:
18 January 2008 (online)

 

Die Gesellschaft für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie (GwG; www.gwg-ev.org) will Computerspiele gesetzlich verbieten lassen, in denen Jugendliche für das Töten und Foltern von Menschen belohnt werden. Laut GwG würden solche Spiele zunehmend verharmlosend vermarktet.

Die GwG bewertet die vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten (§ 131 StGB) als unzureichend. "Die derzeitige Umsetzung des Gesetzes zur Gewaltdarstellung ist nicht wirksam." Dabei haben bereits mehrere Studien einen Zusammenhang zwischen dem Gewaltverhalten von Jugendlichen und dem Spielen aggressiver, selbst nicht-indizierter Videospiele bestätigt. So kommt die Studie der Bochumer Psychologen Rita Steckel und Clemens Trudewind zu dem Ergebnis, dass durch das Spielen unmittelbar die emotionale Sensibilität abnimmt. Wörtlich heißt es: "Langfristig kann diese Herabsetzung der empathischen Reagibilität zu einer emotionalen Abstumpfung führen, die einen wesentlichen Hemmmechanismus für das Aggressionsmotiv schwächt."

Auch die Studie von Tillmann, Holler-Nowitzki, Holtappels, Meiner und Popp [1] an hessischen Schulen dokumentiert, dass Gewaltmedien vor "Peergroup", Schule und Familie zur einflussmächtigsten Bedingung für die Häufigkeit der Ausübung physischer Gewalt wurden. Befragt wurden mit einem standardisierten Fragebogen insgesamt 3540 Schülerinnen und Schüler in 167 Klassen.

Die Studie von Weiß zur Wirkung des Gewaltmedienkonsums in Baden-Württemberg und Sachsen ergab [2]: Die "Legitimation und Bereitschaft zur Gewaltanwendung hat bei Schülern im Alter von 12 bis 16 Jahren mit der Menge des Medienkonsums und der Häufigkeit des Konsums medialer Gewaltdarstellung einen substanziellen übergeordneten Bezug."

Die GwG weist in einer Pressemitteilung auch auf die bisher unveröffentlichte aktuelle zweijährige Längsschnittstudie zum Schwerpunkt "Mediengewalt, Jugendgewalt und Schulleistungen" von Hopf, Huber und Weiß hin. "Video-/ Computerspiele und Horror-/Gewaltfilme sind daher ebenso Haupt-Risikofaktoren für die Entwicklung von Aggression und Gewalttätigkeit bei Jugendlichen, nicht nur soziale und persönliche Faktoren." Ein weiteres signifikantes Ergebnis der Studie zeigt: Je mehr in der mittleren Kindheit Horror- und Gewaltfilme konsumiert und je mehr Gewaltspiele zu Beginn des Jugendalters gespielt werden, desto größer ist die Schülergewalt und Delinquenz mit 14 Jahren.

Dabei führen die Videospiele weder automatisch noch monokausal zu Gewalt und Gewaltbereitschaft. Aber sie tragen einen unübersehbaren Anteil daran.

Literatur

  • 01 Tillmann KJ . Holler-Nowitzki B . Holtappelts HG . Meiner U . Popp U . Schülergewalt als Schulproblem. Verursachende Bedingungen, Erscheinungsformen und pädagogische handlungsperspektiven.  Weinheim, München: Junventa-Verlag. 1999; 
  • 02 Weiß RH . Gewalt, Medien und Aggressivität bei Schülern.  Göttingen: Hogrefe-Verlag. 2000; 
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