Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P359
DOI: 10.1055/s-2007-987630

Ein verlängertes Therapiefenster des Granulozyten Kolonie-stimulierenden Faktors im fokalen Ischämiemodell der Ratte

J Minnerup 1, R Wysocki 1, R Laage 1, A Rogalewski 1, A Schneider 1, WR Schäbitz 1
  • 1Münster, Heidelberg

Fragestellung: Der Wachstumsfaktor G-CSF (Granulocyte-Colony Stimulating Factor) ist in seiner die Proliferation und Differenzierung von hämatopoetischen Zellen steuernden Funktion gut bekannt. Seit Jahren findet er Einsatz zur Therapie von Neutropenien bei malignen Erkrankungen. Mehrere Gruppen konnten zeigen, dass G-CSF im tierexperimentellen Schlaganfall zur Infarktgrößenreduktion und verbesserten funktionellen Erholung führt. Entscheidend für den klinischen Einsatz wird u.a. ein ausreichend großes Zeitfenster für den Therapiebeginn sein. Wir haben untersucht, ob G-CSF auch nach späterem Therapiebeginn zu einer verbesserten funktionellen Erholung führt.

Methoden: Vier Stunden nach Schlaganfallinduktion mittels Fadenokklusion der A. cerebri media wurde Ratten (n=24) 60µg/kg G-CSF i.v. verabreicht und die Infarktvolumen mittels TTC-Färbung ermittelt. Zur Überprüfung einer noch weiteren Ausdehnung des Therapiefensters wurde 24 oder 72 Stunden nach Auslösung einer fotothrombotischen Ischämie 10µg G-CSF/kg i.v. täglich über 10 Tage gegeben (n=10). Wöchentlich folgte die funktionelle Testung mittels Rotarod Test. Nach 6 Wochen wurden immunhistochemische Färbungen mit anti-BrdU und NeuN durchgeführt.

Ergebnisse: Nach Fadenokklusion konnte eine deutliche Infarktgrößenreduktion von 33% in der G-CSF behandelten Gruppe festgestellt werden (334,0±31,5mm3 vs. 223,3±27,3mm3, p<0,05). Dieser Effekt war sowohl kortikal (35% Reduktion; p<0,05) als auch subkortikal (28% Reduktion; p<0,01) nachzuweisen. Die funktionelle Testung der Ratten mit Behandlungsbeginn nach 24 bzw. 72 Stunden zeigte für die Verumgruppen eine signifikant längere Laufzeit im Rotarod Test (Abb.1). Weiterhin ließ sich nach G-CSF-Behandlung eine größere Anzahl neuer Neurone (BrdU+/NeuN+) im Gyrus dentatus beobachten (p<0,01).

Schlussfolgerung: Durch Therapie mit G-CSF vier Stunden nach Ischämiebeginn konnte eine deutliche Infarktgrößenreduktion erreicht werden. Im fotothrombotischen Modell konnte eine Verlängerung des Therapiefensters hinsichtlich einer verbesserten funktionellen Erholung auf mindestens 72 Stunden beobachtet werden. Hierbei korrelierte die G-CSF bedingte Erholung mit einer gesteigerten Neurogenese. Zusammenfassend weist G-CSF einen zumindest dualen Mechanismus auf. Neben dem bekannten neuroprotektiven Akuteffekt, zeigt sich auch eine Neurogenese steigernde Wirkung, die mit einer langfristigen Verbesserung der funktionellen Erholung auch nach verzögerten Beginn einhergeht.

Abb.1: Funktionelle Verbesserung: Rotarod Test nach fotothrombotischer Ischämie. (*, #: p<0.05, 24h (#) und 72h (*) Behandlung).