Psychother Psychosom Med Psychol 2008; 58 - PS4
DOI: 10.1055/s-2008-1061591

Emotionserleben, Essverlangen und Essverhalten: eine empirische Untersuchung bei Patientinnen mit Adipositas, Binge-Eating-Störung und gesunden Frauen

N Stelzer 1, A Hartmann 1, H Linster 2, A Zeeck 1
  • 1Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg
  • 2Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie, Psychologisches Institut Freiburg

Störungen des Essverhaltens erfüllen u.a. die Funktion, emotionales Erleben zu regulieren. Die Erfassung der Art des emotionalen Erlebens, welche zu vermehrtem Essverlangen und Essanfällen führt, ist daher für die Behandlung der Binge-Eating-Störung (BES) von großer Bedeutung. 20 Frauen mit Adipositas und BES, 23 Frauen mit Adipositas ohne BES sowie 20 normalgewichtige, gesunde Frauen. wurden mit einer mod. Version der Differentiellen Affektskala (DAS; Krause & Mertens, 1993) untersucht und zu ihrem grundsätzlichen emotionalen Erleben und ihrem Essverlangen hierunter befragt. Probanden mit Essanfällen wurden ferner gebeten anzugeben, welche Emotionen „typischen“ Essanfällen vorausgingen. Miterhoben wurden allgemeine und spezifische Psychopathologie sowie Alexithymie (SCL 27A, SEED, TAS–20). Probandinnen mit BES gaben das größte Ausmaß an negativem (Alltags-)Erleben an und zeigten unter negativen Emotionen ein signifikant stärkeres Verlangen zu Essen als die anderen Gruppen. Als einem Essanfall vorausgehende Emotion wurde am häufigsten Wut genannt, gefolgt von Einsamkeit, Langeweile, Enttäuschung, Trauer und Gekränktsein. BES-Patientinnen wiesen die höchste psychopathologische Beeinträchtigung auf. Essverlangen und Essanfälle bei BES zeigen eine deutliche Assoziation mit negativ-getöntem emotionalen Erleben. Dies sollte in der Behandlung von Patientinnen mit BES Berücksichtigung finden.