Pneumologie 2018; 72(07): 492
DOI: 10.1055/a-0595-3018
Buchbesprechung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ambulante pädiatrische Pneumologie

Steiß J-O. Hrsg.
Ambulante pädiatrische Pneumologie.

München-Deisenhofen: Dustri-Verlag; 2018. 29,50 €
ISBN: 978-3-87185-528-3
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Publication History

Publication Date:
10 July 2018 (online)

 

    Die Kinder-Pneumologie im niedergelassenen Bereich hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung genommen. Das vorliegende Buch führt mit 17 essenziellen Beiträgen in die Thematik ein. Zunächst werden die Geschichte, das Diagnosespektrum, die aktuellen Versorgungsstrukturen und die Zukunft des Fachs dargestellt. Die zentralen Krankheitsmanifestationen (chronischer Husten, Asthma, Anaphylaxie, ambulant erworbene Pneumonie) werden besonders gründlich abgehandelt. Therapeutische Aspekte, die erfahrungsgemäß Schwierigkeiten bereiten, werden aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Auch die Probleme der Transition werden eingehend erörtert: Der Wechsel der medizinischen Bezugspersonen, geänderte Therapiekonzepte, nicht zuletzt auch die Ablösung vom Elternhaus und die Übernahme der Eigenverantwortung der Patienten, erschweren eine kontinuierliche Behandlung erheblich. Eine enge Kooperation zwischen pädiatrischen und internistischen Pneumologen ist in dieser Situation überaus wichtig.

    Auch Erkrankungen, die auf den ersten Blick weniger bedeutsam erscheinen, werden berücksichtigt. In letzter Zeit hat sich die Tuberkulose durch die Zuwanderung aus Risikoländern auch in Deutschland wieder mehr in den Vordergrund geschoben. Die altersentsprechende Prävention, aktuelle Diagnostik und differenzierte Therapie verlangt höchste Aufmerksamkeit. Dysfunktionelle und psychogene Atemstörungen, die häufig nur wenig Beachtung finden, werden dem Leser in einem aufschlussreichen Beitrag nahegebracht. Der Artikel über die Flugtauglichkeit von Säuglingen und Kindern und die kompetente Beratung der Angehörigen wird der großen Reisefreudigkeit der Deutschen gerecht. Diesbezügliche Anfragen gehören schon lange zum Aufgabengebiet des Pädiaters. Bei Erkrankungen des Respirationstraktes sind die speziellen Kenntnisse des Kinder-Pneumologen gefragt. Die kontinuierliche Atemgeräuschanalyse mittels eines mobilen Recordersystems (LEOSound Monitor) eröffnet neue Möglichkeiten in der Diagnostik chronischer Erkrankungen des Respirationstraktes, zumal die Auskultation und Lungenfunktionsdiagnostik wegen der mangelnden Kooperation besonders im frühen Kindesalter an natürliche Grenzen stößt. Die Bedeutung von Reha-Institutionen wird angemessen gewürdigt. Besonders bei Kinder und Jugendlichen mit schlecht kontrolliertem Asthma und Multimorbidität gelingt es häufig erst unter längerfristiger stationärer Beobachtung, entscheidende Störfaktoren zu erfassen und die Erkrankung zu stabilisieren. Kinder aus sozial schwierigen Verhältnissen profitieren nicht zuletzt vom regelhaften Schul- und Förderangebot der Reha-Kliniken. Ein großes Problem stellte bislang die mangelnde Nachhaltigkeit der Reha-Maßnahmen am Wohnort der Patienten dar. Vor Kurzem sind aber die Voraussetzungen für eine Finanzierung ambulanter Reha-Maßnahmen geschaffen worden. Dafür müssen die zuständigen Kliniken allerdings die entsprechenden Strukturen vorhalten, vor allem ist eine enge Kooperation mit den niedergelassenen Kinder-Pneumologen unabdingbar. Die Palette interessanter Beiträge wird ergänzt durch die Darstellung der jüngsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Informationstechnologie in der Medizin. Die Ansammlung riesiger Datenmengen, deren Sicherheit nur schwer zu garantieren ist, wird hinsichtlich der Chancen und Risiken kritisch beleuchtet. Ziel der Telemedizin soll eine Erleichterung von Prävention, Diagnostik und Therapie sein. Der Autor warnt jedoch eindringlich vor der Gefahr einer überbordenden Bürokratisierung und Entpersonalisierung des Arzt-Patienten-Kontaktes.

    Das Handicap eines Vielmänner-Buches liegt gewöhnlich in der großen Heterogenität. Der Herausgeber, der selbst einige Artikel mitverfasst hat, hat bewusst darauf verzichtet, den Autoren zu enge Grenzen zu setzen, damit ihre große persönliche Erfahrung zum Tragen kommt. Gelegentliche Überlappungen haben den Vorteil, dass die einzelnen Beiträge auch für sich allein gut verständlich sind. Sie halten sich dank zahlreicher Querverweise in erträglichem Rahmen. Dem Herausgeber ist es gelungen, eine sehr komplexe Thematik unter einen Hut zu bringen.

    Das sehr ansprechende Buch, dessen Lektüre durch zahlreiche, oft farbige Abbildungen und Tabellen erleichtert wird, richtet sich nicht nur an den Kinder-Pneumologen, der sich über den aktuellen Wissensstand und neue Entwicklungen seines Interessengebietes informieren möchte. Es ist darüber hinaus jedem Pädiater, Allgemeinmediziner und internistischen Pneumologen wärmstens zu empfehlen. Das Buch wurde in Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Pneumologie (BAPP e.V.) erstellt.

    Prof. Dr. Hermann Lindemann, Gießen


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