B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2018; 34(03): 147-150
DOI: 10.1055/a-0611-1065
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25 Jahre Langzeitstudie – Gesundheit zum Mitmachen

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Publication Date:
12 July 2018 (online)

Projekthistorie

In einer Zeit, in der sich auch in der Wissenschaft die Uhren immer schneller drehen und ein Projekt das nächste jagt, zählt die Bad Schönborner Gesundheitsstudie zu den „nachhaltigen Ausnahmen“. Im Jahr 1991 von Klaus Bös und Alexander Woll initiiert, läuft dieses Projekt inzwischen mehr als 25 Jahre, und der Fortbestand ist bis ins Jahr 2020 gesichert! Aktuell ist Steffen Schmidt für die Durchführung verantwortlich. Gefördert wird das Projekt von der Gemeinde Bad Schönborn und der AOK – die Gesundheitskasse Mittlerer Oberrhein.

Das Projekt „Gesundheit zum Mitmachen“ in Bad Schönborn ist eine wissenschaftliche Langzeitstudie zu den Wechselbeziehungen von körperlicher Aktivität, Fitness und Gesundheit. Neben der Erforschung der Zusammenhänge zwischen körperlich-sportlicher Aktivität, Fitness und Gesundheit werden Transferbausteine der bewegungsorientieren Gesundheitsförderung für andere Kommunen entwickelt.

Betrachtet man den Forschungsstand zum Thema „Sport und Gesundheit“, so ist festzustellen, dass es inzwischen eine Vielzahl an Ergebnissen aus Interventions- und Querschnittsstudien vorliegen. Die verschiedenen Cochrane Reviews fassen mithilfe von Meta-Analysen die entsprechenden Erkenntnisse zu verschiedenen bio-psycho-sozialen Krankheiten (vgl. auch [4]) und Gesundheitsfaktoren zusammen. Es gibt jedoch bislang erst wenige Daten zur Analyse von längsschnittlichen Effekten körperlich-sportlicher Aktivität auf Gesundheit in „real life settings“ (z. B. Personen einer Kommune). Die bisherigen Ergebnisse beziehen sich meist auf Männer und betrachten als Gesundheits-Krankheits-Maß lediglich die Mortalität (z. B. Harvard Alumni Study [2]). Subjektive Gesundheitseinschätzungen oder psycho-soziale Gesundheitsressourcen werden hingegen nur selten einbezogen [1]. Ebenfalls thematisieren keine Studien den Einfluss von längsschnittlichen Veränderungen der sportlichen Aktivität (Aktivitätskarrieren) auf die längsschnittlichen Veränderungen von Fitness und Gesundheit.

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Abb. 1 Struktur von Gesundheit zum Mitmachen.

An diesen Forschungsdefiziten setzt die Bad Schönborner Gesundheitsstudie an. Ziel der Studie ist, vor dem Hintergrund des Konzeptes der Salutogenese im theoretischen Rahmen eines Anforderungs-Ressourcen-Modells (vgl. [8]) in umfassender Weise die Bedingungen von Gesundheit, körperlicher Fitness und Lebenszufriedenheit vom mittleren bis ins höhere Erwachsenenalter und den Einfluss der körperlich-sportlichen Aktivität darauf zu untersuchen. Das gewählte Design gestattet dabei sowohl längsschnittliche Analysen als auch Kohortenvergleiche. Es sollen wichtige Erkenntnisse über den langfristigen Einfluss und das Zusammenspiel gesundheitsprotektiver und -gefährdender Lebensführungsmerkmale über das Erwachsenenalter gewonnen werden. Die Studie wurde im Jahr 1992 mit 480 Männern und Frauen im Alter zwischen 33 und 56 Jahren begonnen, die zufällig aus dem Einwohnermeldeamt Bad Schönborns gezogen wurden.

Als prospektive Längsschnittstudie schlossen sich Fortsetzungswellen in den Jahren 1997, 2002, 2010 und 2015 an. Die Stichprobe wurde dabei jeweils um Personen aus der jüngsten Altersgruppe ergänzt. Der Altersrange der untersuchten Personen im Mess-Zeitpunkt 2015 betrug 35–78 Jahre (kombinierte Querschnitts- und Längsschnittsprobanden). In den Jahren 1992, 1997 und 2002 wurde parallel zur Bad Schönborn-Studie bei Tampere/Finnland eine Vergleichsgemeinde (N = 500; Alter: 35–55 Jahre) untersucht. Diese internationale Vergleichsstudie trug den Titel FINGER –FINnish GERman study on physical activity, health related fitness and health (vgl. [8]).

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Abb. 2 Die Studie Gesundheit zum Mitmachen: 5 Untersuchungswellen, 35–80 Jahre.
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Abb. 3 Methodik der Studie Gesundheit zum Mitmachen.
 
  • Literatur

  • 1 Becker P, Bös K, Mohr A, Tittlbach S, Woll A. : Eine Längsschnittstudie zur Überprüfung biopsychosozialer Modellvorstellungen zur habituellen Gesundheit. Zeitschrift für Gesundheitspsychologie. 2000; 8 (03) 94-110 .
  • 2 Lee IM, Paffenbarger RS. : Associations of light, moderate, and vigorous intensity physical activity with longevity. The Harvard Alumni Health Study. American Journal of Epidemiology. 2000; 151: 293-299 .
  • 3 Mensink GB, Schienkiewitz A, Haftenberger M, Lampert T, Ziese T, Scheidt-Nave C. : Übergewicht und Adipositas in Deutschland. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz. 2013; 56 ( 5-6 ): 786-794 .
  • 4 Rütten A, Pfeifer K. : National Recommendations for Physical Activity and Physical Activity Promotion. Erlangen: FAU University Press; 2016. .
  • 5 Schmidt SCE. : Entwicklung der körperlichen Aktivität, motorischen Leistungsfähigkeit und Gesundheit im Erwachsenenalter. Eine Längsschnittstudie über 18 Untersuchungsjahre. Karlsruhe: KIT; 2017. DOI: 10.5445 / IR / 1 000 077 870
  • 6 Schmidt SCE, Tittlbach S, Bös K, Woll A. : Different Types of Physical Activity and Health in Adults: An 18-Year Longitudinal Study. BioMed Research International. 2017. doi.org / 10.1155 / 2017 / 1 785 217
  • 7 Tittlbach S, Jekauc D, Schmidt SCE, Woll A, Bös K. : The relationship between physical activity, fitness, physical complaints and BMI in German adults. Results of a longitudinal study. European Journal of Sport Science. 2017 17. (8)
  • 8 Woll A. : Sportliche Aktivität im Lebenslauf und deren Wirkungen auf die Entwicklung von Fitness und Gesundheit – eine internationale Längsschnittstudie . Schorndorf: Hofmann; 2006