Sportphysio 2018; 06(04): 148-151
DOI: 10.1055/a-0642-8109
Research
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Publication Date:
07 September 2018 (online)

VKB-Ruptur : Ergebnisse nach konservativem und operativem Vorgehen langfristig gleich

Verletzungen des vorderen Kreuzbands (VKB) werden assoziiert mit funktionellen Defiziten, struktureller Instabilität und Knorpelschäden. Sowohl die konservative als auch die operative Versorgung hat zum Ziel, die funktionelle Stabilität zu sichern und der Entwicklung einer Kniearthrose vorzubeugen. Lange Zeit wurde der konservativen Therapie ein erhöhtes Arthroserisiko nachgesagt. Spätestens seit dem Erscheinen der ersten Follow-up-Studien, in denen operativ und konservativ versorgte Patienten bezüglich funktionellen Ergebnissen, Meniskusverletzungen und Arthroseentwicklung nach 2 und 5 Jahren verglichen wurden (Frobell RB et al. 2010 und 2013), wurde die konservative Therapie aufgrund der positiven Resultate zunehmend eine Option. Die Prävalenz einer Kniearthrose nach einer isolierten VKB-Verletzung liegt – unabhängig von der Therapie – bei 0–13 % (10-Jahres-Follow-up). Im Falle einer Mitverletzung des Meniskus steigt dieses Risiko auf 21–48 %. Follow-up-Studien über einen längeren Zeitraum sind rar.

Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, funktionelle Defizite und die Entwicklung einer Kniearthrose 20 Jahre nach einer VKB-Verletzung sowohl bei operativ versorgten als auch bei konservativ behandelten Leistungssportlern zu erfassen und zu vergleichen. Beurteilt wurden die Arthroseentwicklung im Röntgenbild, funktionelle Parameter, die Anzahl an Meniskektomien und die passive Kniestabilität bei sportlich aktiven VKB-Patienten (Tegner Score zum Zeitpunkt der Verletzung 7–9).

In der Studie konnte kein signifikanter Unterschied bezüglich der Arthroseausprägung zwischen der operierten und der nicht operierten Gruppe aufgezeigt werden. Die Anzahl später durchgeführter Meniskektomien war ähnlich. Die subjektive Einschätzung der Kniefunktion mittels verschiedener Fragebögen zeigte keinen Unterschied zwischen den Gruppen, und auch der objektive funktionelle Parameter, erfasst mittels Single Leg Hop Test, war vergleichbar. Einzig bezüglich der passiven Stabilität schnitt die operierte Gruppe deutlich besser ab.

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Mit dem vorderen Schubladentest wird die Stabilität des Kniegelenks getestet. (Quelle: Adam Gregor/shutterstock.com)

Das Risiko für die Entwicklung einer Arthrose infolge einer VKB-Verletzung ist bei Sportlern hoch. Im Langzeit-Follow-up entwickelten 68 % (konservativ) bis 80 % (operativ) der Athleten im Zeitraum von 20 Jahren einen radiologisch nachweisbaren Gelenkverschleiß. Auf der gesunden Gegenseite war dies lediglich in 4–12 % der Fall. Dies zeigt, dass eine VKB-Verletzung unabhängig von der Versorgung das Risiko erheblich erhöht, eine Arthrose zu entwickeln. Hinzu kommen Meniskektomien bei 72 % der operierten und 76 % der konservativ behandelten Patienten. Diese Studie zeigt, dass eine Stabilisierung des Knies mittels einer VKB-Rekonstruktion sich nicht protektiv auf Meniskusschäden auswirkt. Zudem sind Meniskusläsionen stark assoziiert mit einer Kniearthrose. 81 % der Sportler, welche im Verlauf der Zeit einen Eingriff am Meniskus benötigten, entwickelten eine Arthrose. Demgegenüber stehen 54 %, wenn kein Eingriff am Meniskus nötig war.

Die Tatsache, dass die funktionellen Messungen in beiden Gruppen vergleichbar ausfallen, deckt sich mit weiteren Studien. Hervorzuheben ist, dass die erhöhte Laxität in der konservativen Gruppe (90 % der Patienten zeigten einen positiven Pivot Shift) keinen Einfluss auf die Funktion und auch nicht auf die Arthroseentwicklung oder die Anzahl der Meniskusläsionen hatte.

Die vorliegende Studie unterstützt durch Langzeitresultate über 20 Jahre, dass auch bei Leistungssportlern keine Evidenz vorliegt, dass die operative Therapie der konservativen überlegen ist. Als mögliche Schwäche der Studie kann man betrachten, dass die Gruppenzuteilung erst aufgrund der Resultate einer konservativen Therapie 3 Monate nach der Verletzung erfolgte. Primär wurden alle Patienten konservativ behandelt, die Non-Coper wurden anschließend operiert.

AUF EINEN BLICK

Design: Kohortenstudie

Teilnehmer: 50 athletische Teilnehmer mit Status nach VKB-Ruptur, davon 25 konservativ, 25 operativ versorgt

Parameter: Fragebogen (Tegner, Lysholm, IKDC, KOOS), physische Untersuchung (Laxität mit Pivot Shift, Lachmann und Arthrometer LT 1000, radiologische Untersuchung, funktionelle Stabilität (Single Leg Hop Test), Meniskektomien

Resultate: Mit Ausnahme der strukturellen Stabilität konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen der operierten und der nicht operierten Gruppe festgestellt werden. Die erhöhte Laxität in der nicht operierten Gruppe hatte keine Auswirkung auf die funktionellen Messungen und Folgeschäden.

Martina Leusch, Herausgeberin

Am J Sports Med. 2018; 46(5): 1129–36. doi:10.1177/0363546517751683