Z Gastroenterol 2018; 56(08): 1009-1010
DOI: 10.1055/a-0655-7826
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Das Preisdumping – Gastroskopie in der „Regelversorgung“

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Publication Date:
13 August 2018 (online)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

In dieser Ausgabe der bng-Infos schildert Leopold Ludwig die positive Entwicklung im Rahmen der Selektivverträge in Baden-Württemberg. Sowohl die teilnehmenden Ärzte als auch die teilnehmenden Patienten profitieren von den dort vertraglich geschaffenen Strukturen. Die Vergütung der Gastroskopie ist in diesem vertraglichen Konzept doppelt so hoch wie in der sogenannten „Regelversorgung“.

Warum ist die Unzufriedenheit mit der Vergütung der Gastroskopie so groß und wächst zunehmend? Ich habe für mich einmal die Eckdaten von Vergütungs- und Kostenentwicklung seit 2009 in meiner Praxis zusammengestellt ([Tab. 1]). Dem stelle ich die allgemeine Vergütungsentwicklung in Praxis und Klinik (Daten des ZI) seit 2013 gegenüber ([Abb. 1]).

Tab. 1

Eckdaten von Vergütungs- und Kostenentwicklung seit 2009 in einer exemplarischen gastroenterologischen Praxis.

Jahr

2009

2012

2015

2018

Differenz gesamt

EBM-Preis

    82,61 €

  82,71 €

  85,77 €

      88,96 €

+ 7,7 %

Listenpreis Neugerät

19 454,72 €

22 372,00 €

+ 15,0 %

Tariflohn MFA (Tätigkeitsgruppe 2, 4.–6. Berufsjahr

  1632,00 €

1723,00 €

1964,72 €

  2152,35 €

+ 31,9 %

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Abb. 1 Die jährliche Anpassung der Preiskomponente verläuft bei den Vertragsärzten und im Krankenhausbereich seit Jahren sehr unterschiedlich. Im Zeitraum 2013 bis 2018 stieg die Preiskomponente im Krankenhausbereich insgesamt um 15,8 Prozent, während die Vertragsärzte im selben Zeitraum lediglich 7,3 Prozent mehr erhielten. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Auswertung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI).

Meine einfache Tabelle spricht nur die halbe Wahrheit. Steigende Kosten der Aufbereitung wurden ebenso wenig eingepreist wie die doppelte Zahl an Assistentinnen, die gegenüber 2009 wegen der Sedierungsassistenz bei einer Gastroskopie vorgehalten werden muss. Zusätzliche Effekte wie die Einrechnung der Gastroskopie in die Regelvolumina, die die Vergütung noch weiter senkt, sind ebenfalls nicht berücksichtigt.

Die Technik der Preisgestaltung im EBM will uns glauben machen, dass – durch Anpassung der Preiskomponente der „Technischen Leistung“ – Verwerfungen und Kostenentwicklungen „aufgefangen“ werden. Ich kann dies nicht erkennen; die Preisentwicklung im Bereich der Gastroskopie folgt exakt der allgemeinen Preisentwicklung im ambulanten Bereich, die gegenüber dem stationären Bereich um 50 Prozent zurückliegt.

Aus unterschiedlichsten Gründen geht der Trend bei der Verwendung von endoskopischem Zusatzinstrumentarium der Kategorie „Kritisch B“ in Richtung der vollumfänglich verfügbaren Einwegprodukte. Nicht zuletzt bieten Einwegprodukte die größte Patientensicherheit, sodass in anderen europäischen Ländern die Verwendung von Mehrwegprodukten untersagt ist, wenn Einwegprodukte für sie als Ersatz zur Verfügung stehen. Zahlreiche Hersteller ziehen aus diesen Gründen derzeit ihre Mehrwegprodukte aus dem deutschen Handel zurück, sodass wir in naher Zukunft mit einer kompletten Umstellung des Endoskopiezubehörs auf Einmalprodukte rechnen und dies auch für sinnvoll erachten.

Auch dazu gehen Gedanken des GKV-Spitzenverbandes in die Richtung potenzieller weiterer Einsparungen. Man könnte ja aus der jetzigen technischen Leistung die Aufbereitungskosten und Personaleinsparungen für die dann nicht mehr vorhandene Aufbereitung von Mehrwegprodukten „herausrechnen“ und bei der Erstattung von Einmalprodukten die technische Leistung dementsprechend kürzen – so die „Gedankenspiele“.

Ich kann davor nur warnen. Die Vergütung der Gastroskopie im EBM ist im Vergleich zum Aufwand inzwischen lächerlich und im europäischen Vergleich auf den letzten Plätzen. Kostendeckend kann diese Untersuchung kaum mehr erbracht werden. Wer eine angebliche Kostenersparnis bei der Verwendung von Einmalprodukten einpreisen möchte, muss zunächst die stattgehabten Kostensteigerungen ebenfalls vollumfänglich einpreisen.

Bereits 2009 gab es von niedergelassener Seite die Bereitschaft, notfalls für eine adäquate Vergütung dieser Leistung zu kämpfen und diese Leistung vorübergehend ambulant nicht mehr anzubieten.

Die betriebswirtschaftliche Kalkulation dieser Leistung hat sich seither eher nochmals deutlich verschlechtert. Meines Erachtens könnten daher die o. g. Gedankenspiele das Fass zum Überlaufen bringen.