Rofo 2019; 191(06): 547-552
DOI: 10.1055/a-0759-2248
Academic Radiology
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Simulation in der Angiografie – Erfahrungen aus 5 Jahren Lehre, Ausbildung und Forschung

Article in several languages: English | deutsch
Kornelia Kreiser
Department of Diagnostic and Interventional Neuroradiology, Klinikum rechts der Isar, Technical University Munich, München, Germany
,
Kim Gehling
Department of Diagnostic and Interventional Neuroradiology, Klinikum rechts der Isar, Technical University Munich, München, Germany
,
Claus Zimmer
Department of Diagnostic and Interventional Neuroradiology, Klinikum rechts der Isar, Technical University Munich, München, Germany
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Correspondence

Frau Dr. Kornelia Kreiser
Neuroradiologie, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
Ismaninger Str. 22
81675 München
Germany   
Phone: ++ 49/89/41 40 46 51   

Publication History

25 May 2018

03 October 2018

Publication Date:
12 February 2019 (online)

 

Zusammenfassung

Ziel Am Beispiel einer universitären Radiologie/Neuroradiologie wird verdeutlicht, wie Hightech-Angiografiesimulatoren in Lehre, klinischer Ausbildung und Forschung sinnvoll eingesetzt werden können.

Material und Methoden/Technische Grundlagen Seit 2013 ist ein VIST LAB-Simulator der Firma Mentice (Göteborg, Schweden) im Einsatz, der bis heute sowohl hinsichtlich Software als auch Hardware kontinuierlich weiterentwickelt wurde. Seit Kurzem ist der Simulator in die Angiografieanlage Azurion (Philips, Amsterdam, Niederlande) integriert.

Ergebnisse/Einsatzbereiche In der studentischen Ausbildung besteht in fakultativem Kleingruppenunterricht die Möglichkeit für eine intensive Auseinandersetzung mit zerebrovaskulären Krankheitsbildern und deren Therapie. In der ärztlichen Weiterbildung beginnt die Ausbildung von Anfängern in diagnostischer und interventioneller Angiografie obligatorisch am Simulator. Forschungsfragen sind der Nachweis der Validität und des Trainingseffekts, aber auch der Einfluss auf die Patientensicherheit und die mögliche Kostenreduktion einer Intervention.

Schlussfolgerung Als Resultat kontinuierlicher Weiterentwicklung der letzten Jahre sind Simulatoren mittlerweile sowohl im Studentenunterricht als auch in der ärztlichen Anfängerausbildung sehr gut einsetzbar. Von weiteren technischen Fortschritten, die auch durch akademische Forschung vorangetrieben werden sollten, könnten in Zukunft auch erfahrene Interventionalisten profitieren. Mögliche Effekte wären die Reduktion von Untersuchungszeiten, Komplikationen und Kosten.

Kernaussagen:

  • Angiografiesimulatoren sind in studentischer Lehre, ärztlicher Ausbildung und Forschung sinnvoll einsetzbar.

  • Die Verknüpfung eines Simulators unmittelbar in eine Angiografiesuite erhöht den Realitätsgrad nochmals deutlich.

  • Reale Patientenfälle können geübt und damit kann die Patientensicherheit erhöht werden.

  • Zukünftige Entwicklungen sollten auch den Nutzen für erfahrene Interventionalisten erhöhen.

  • Perspektivisch ist die Integration von Simulatoren in Zertifizierungsprogramme (z. B. DEGIR) anzustreben.

Zitierweise

  • Kreiser K, Gehling K, Zimmer C. Simulation in Angiography – Experiences from 5 Years Teaching, Training, and Research. Fortschr Röntgenstr 2019; 191: 547 – 552


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Einleitung

Simulatoren als Übungsmöglichkeit und zur Eignungsüberprüfung werden in der Luftfahrt seit Langem verpflichtend eingesetzt [1]. In der Medizin verbreitet sich die Methode der Hightech-Simulation zwar erst in den letzten Jahren, erreicht inzwischen aber eine immer größere Akzeptanz [2].

Für den Einsatz eines Angiografiesimulators insbesondere in der interventionellen Neuroradiologie sprechen mehrere Gründe:

  • Da immer mehr Fragestellungen hinsichtlich zerebrovaskulärer Gefäßpathologien mittels nichtinvasiver Methoden wie Computertomografie und Magnetresonanztomografie beantwortet werden können [3] [4] [5], ist der Stellenwert diagnostischer Katheterangiografien in den letzten Jahren gesunken. Für interventionelle Eingriffe bedarf es aber natürlich weiterhin der Expertise in der häufig technisch anspruchsvollen Sondierung der supraaortalen Äste.

  • Der Bedarf an interventionellen Neuroradiologen steigt insbesondere verbunden mit der stetig wachsenden Zahl an endovaskulären Schlaganfallbehandlungen kontinuierlich an [6]. Hier daher besteht die Notwendigkeit einer deutschlandweit einheitlichen und strukturierten Ausbildung.

  • Assistenzärzte starten ihre Ausbildung nach dem Studium gar nicht selten direkt in der Neuroradiologie und sammeln ihre ersten angiografischen Erfahrungen an den supraaortalen Arterien, wo jede Komplikation potenziell zu einer schweren neurologischen Symptomatik führen kann. Simulatoren ermöglichen gerade in der Anfängerausbildung unbegrenzte Trainingsmöglichkeiten ohne jegliche Gefährdung eines Patienten.

Neben den genannten Gründen, einen Simulator in der ärztlichen Ausbildung einzusetzen, gibt es aber auch in der studentischen Lehre und Forschung zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten, die am Klinikum rechts der Isar in den vergangenen 5 Jahren etabliert wurden und im Folgenden dargestellt werden sollen.


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Technische Grundlagen

Die Anschaffung des Simulators erfolgte Ende 2012, nachdem im Vorfeld die Produkte dreier Hersteller (CATHI [Mannheim, Germany], Simbionix [Cleveland, OH, USA] und Mentice [Göteborg, Schweden]) durch die Firmen vorgestellt und getestet worden waren. Die Entscheidung fiel auf das Modell VIST LAB der Firma Mentice, da bei ihm sowohl die biplane Darstellung bereits verwirklicht war als auch das Einspielen individueller Patientendatensätze durch den Anwender selbst möglich war. Das Modell stellte zunächst eine Standalone-Lösung dar. Die optional portablen Bestandteile des Simulators waren im Alltag in einen höhenverstellbaren Tisch integriert ([Abb. 1]). Insgesamt vier Monitore ermöglichten die Bedienung des Simulators selbst, die biplane Ansicht der laufenden Aufnahmen und die Bearbeitung der gespeicherten Serien. Um die Nutzung bestmöglich in den klinischen Alltag zu integrieren, wurde ein eigener Raum in enger örtlicher Nähe zur Abteilung gefunden, der ausschließlich der Simulation diente.

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Abb. 1 Stationärer Simulator (VIST LAB).

Die zur Verfügung stehenden Softwaremodule umfassten anfangs „Carotis-Stenting“ und „Aneurysma-Coiling“. Ein Update im Jahr 2015 ergänzte beide Module um die Radiation-Safety-Software, die ein Feedback über Strahlendosis sowohl für den Patienten als auch den Untersucher bereitstellt. Ab 2016 konnte dann auch das neueste Modul „endovaskuläre Schlaganfallbehandlung“ genutzt werden, an dessen Entwicklung unsere Abteilung maßgeblich beteiligt war.

Die oben erwähnte Möglichkeit, individuelle Patientendatensätze zu implementieren, wird realisiert über die in den Simulator integrierte Software „Case-it“. DICOM-Datensätze von CT- oder MRT-Angiografien werden dazu mithilfe der Visualisierungsplattform IntelliSpace Portal (Philips, Amsterdam, Niederlande) semiautomatisch segmentiert ([Abb. 2a]) und im STL(stereolithography)-Format in den Simulator eingespielt ([Abb. 2b]). Falls die Daten nur vom Niveau des Aortenbogens bis nach intrakraniell vorliegen, kann zur Komplettierung der Anatomie von der Arteria femoralis communis bis zur thorakalen Aorta descendens aus verschiedenen Vorlagen ausgewählt ([Abb. 2c]) und diese können mit der Patientenanatomie verbunden werden ([Abb. 2d]). Der gesamte Vorgang dauert, je nach Qualität des Datensatzes, etwa 15 – 30 Minuten pro Patient.

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Abb. 2 Übertragung realer Patientendaten an den Simulator. a Nach semiautomatischer Segmentierung. b Nach Übertragung der STL-Daten an den Simulator. c Vor Verknüpfung mit einer Aortenvorlage. d Vollständige Anatomie nach Verknüpfung.

Die vom Simulator erfassten und dauerhaft gespeicherten Parameter umfassen Untersuchungsdauer, Durchleuchtungszeit, Gesamtzeit der Serien, Zahl der Serien und Kontrastmittelmenge. Zusätzlich kann nachvollzogen werden, welche Materialien zu welchem Zeitpunkt zum Einsatz kamen.

War die Haptik der Bedienung diagnostischer Katheter und Drähte größtenteils schon sehr nahe an der Realität und wurde zudem mit jedem Softwareupdate kontinuierlich verbessert, mussten in einigen anderen Aspekten lange Zeit noch Einschränkungen hingenommen werden:

  • Bedienpult und Pedale unterschieden sich in vielen Details von denen der Angiografieanlage.

  • C-Bögen existierten nicht physisch, ihre Position und Kippung war nur auf einem kleinen Piktogramm am Bildschirmrand zu erkennen.

  • Die Injektion von Kontrastmittel wird mittels Injektion von Luft simuliert, permanente Spülungen der Katheter sind nicht vorgesehen oder möglich.

Die Anschaffung einer neuen Angiografieanlage in unserer Abteilung eröffnete dann allerdings die Möglichkeit für weitgreifende Verbesserungen hin zu einer noch realistischeren Arbeitsumgebung. Die Ausschreibung der Anlage enthielt deshalb die Integration des Simulators in das reale Arbeitsumfeld, wie sie bis dato nicht existierte.

Die erfolgreiche Kooperation der Firmen Mentice und Philips führte letztlich dazu, dass seit Beginn des Jahres 2018 nun weltweit erstmals die Nutzung eines Simulators in einer realen biplanen Angiografiesuite möglich ist ([Abb. 3]). Dabei wird der Simulator auf den Angiografietisch gestellt und mit dem am Fußende stehenden Laptop verbunden. Weitere drei kabelgeführte Verbindungen übermitteln Bildschirm- und Datensignale der Angiografieanlage an den Simulator.

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Abb. 3 Integration des Simulators in die Angiografiesuite.

Die Tischposition in allen Raumebenen und die Position und Kippung der C-Bögen werden vom Simulator erkannt und können mit den echten Bedienelementen gesteuert werden. Die biplane Darstellung ist auf dem Flatscreen der Angiografieanlage zu verfolgen. Auf- und Abbau des Simulators benötigen nur wenige Minuten, sodass auch kürzere Pausen im Terminplan zu Trainingszwecken genutzt werden können.

Mit der Integration des Simulators in die Angiografiesuite hat die Simulation von Angiografieeingriffen nun einen Realitätsgrad erreicht, der unserer Erfahrung nach insbesondere für Anfänger von enormem Nutzen ist. Wenn alle gerätebezogenen Abläufe vorab trainiert werden können, kann sich der Assistenzarzt bei seiner ersten echten Angiografie besser auf die verbleibenden Herausforderungen konzentrieren: Ein realer, bewegungsfähiger Patient erfordert kommunikative Fähigkeiten, die Manipulation in durchbluteten Gefäßen den sorgsamen Umgang mit Druckspülungen und die Vermeidung von Luftembolien bzw. Thrombenbildung. Nicht zuletzt stellt auch die unmittelbare Bewertung möglicher Pathologien eine weitere Herausforderung dar.

Die kommunikativen Aspekte sind bereits durch die Firmen Mentice und Laerdal (Stavanger, Norwegen) mithilfe der Integration des Simulators in ein Anästhesiemannequin verwirklicht [7] [8], was insbesondere auch für Teamtrainings interessant sein wird. Die Verwendung von echten Flüssigkeiten ist ebenfalls in einem Pilotprojekt umgesetzt und laut Hersteller noch im laufenden Jahr erhältlich.


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Einsatzbereiche

Studentische Ausbildung

Im Pflichtcurriculum des Medizinstudiums ist die Neuroradiologie in das Curriculum der Radiologie integriert oder partizipiert an interdisziplinären Veranstaltungen mit anderen klinischen Fächern. Dabei liegt der Fokus in aller Regel auf den bildgebenden diagnostischen Inhalten des Fachs. Ein zusätzliches vertiefendes Wahlpflichtfach „Neuroradiologie“ existierte zwar auch bei uns bereits seit Langem, konnte die interventionellen Aspekte des Fachs aber naturgemäß nur theoretisch abhandeln. Unter Nutzung des Simulators ergab sich nun die Möglichkeit, den Studenten in einem neuen Wahlpflichtfach, konzipiert als 2-tägiger Blockkurs, die Grundzüge des Angiografierens und die ersten Schritte von Interventionen wie Carotis-Stenting, Aneurysma-Coiling und seit 2016 auch der endovaskulären Schlaganfallbehandlung zu vermitteln. Um einen möglichst hohen Grad an aktiver Beteiligung des einzelnen Studenten zu erreichen, ist die Teilnehmerzahl auf 8 Studenten begrenzt, die parallel in zwei Gruppen am Simulator bzw. einem Silikonmodell ausgebildet werden. Dass der Kurs seit Jahren jeweils wenige Minuten nach Buchungsbeginn ausgebucht ist, spricht für die Attraktivität des Angebots, auch wenn die Inhalte unbestritten weit über die curricularen Anforderungen hinausgehen. Ziel der Veranstaltung ist es auch nicht, den Studenten ein höheres Kompetenzlevel in der eigenständigen Durchführung interventioneller Eingriffe zu vermitteln. Die intensive Beschäftigung mit den verschiedenen Krankheitsbildern und den therapeutischen Möglichkeiten sowie das eigene Erleben der feinmotorischen Herausforderungen sollen vielmehr Begeisterung für den Bereich der interventionellen Radiologie/Neuroradiologie wecken. Nicht wenige der späteren Bewerber auf Assistenzarztstellen geben dann auch an, dass die Erinnerung an diesen Kurs einer der Gründe für das Interesse an unserem Fach ist.


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Ärztliche Ausbildung (Diagnostik)

Seit 2013 wurde das Training am Simulator verpflichtend im Ausbildungscurriculum der Assistenzärzte verankert.

Während die ersten beiden Ausbildungsjahre der Schnittbilddiagnostik und der CT-gestützten Intervention gewidmet sind, umfasst das dritte Ausbildungsjahr Ultraschalldiagnostik und Angiografie.

Parallel zur Assistenz bei Interventionen und zum Erlernen der Leistenpunktion muss jeder Assistenzarzt mindestens 20 diagnostische Panangiografien am Simulator durchführen, bevor er am realen Patienten handeln darf. Der Ablauf der simulatorbasierten Ausbildung folgt dabei einem strukturierten Schema:

  • Zu Beginn wird durch den Ausbilder eine vollständige Prozedur am Simulator demonstriert, um die grundlegenden Prinzipien der Katheterführung zu vermitteln und die üblichen Untersuchungsstandards zu demonstrieren (u. a. Bildeinstellungen, erforderliche Ebenen und Seriendauer).

  • Die Bedienung des Simulators und die Auswahl der Materialien (Katheter und Drähte) werden erklärt und während der ersten drei Simulationen des Assistenzarztes gemeinsam vorgenommen. Bei den ersten drei Fällen ist die permanente Supervision zwingend.

  • Weitere Prozeduren können dann auch eigenständig durchgeführt werden, wobei mindestens jede fünfte Prozedur wiederum supervidiert erfolgen sollte, um simulatorspezifische Eigenarten des Katheterverhaltens zu erkennen und auf Unterschiede zur Realität hinzuweisen.

  • Der Schweregrad der Fälle ist entsprechend der anatomischen Konfiguration des Aortenbogens kontinuierlich ansteigend, sodass zum Ende der 20 Prozeduren auch der Einsatz von Sidewinder-Kathetern nötig ist, um alle supraaortalen Gefäße zu erreichen.

Auch nach den ersten realen, eigenständig durchgeführten Angiografien hat es sich bewährt, immer wieder an den Simulator zurückzukehren. Insbesondere das Wendemanöver beim Einsatz eines Sidewinder-Katheters stellt für Anfänger in der Realität meist eine größere Hürde dar. Die Möglichkeit, diese Technik am Simulator im Detail zu üben und zu besprechen, verdeutlicht einen der Vorteile dieser Ausbildungsmethode. Trägt es doch verständlicherweise nicht zur Beruhigung von Patienten bei, wenn sie während ihrer Untersuchung Zeuge von ausführlichen Gesprächen werden, denen der niedrige Ausbildungsstand des Untersuchers zu entnehmen ist.

Inwieweit sich tatsächlich ein positiver Effekt für die Ausbildung von Mitarbeitern durch den Einsatz eines Simulators verifizieren und damit auch belegen lässt, ist Gegenstand von wissenschaftlichen Untersuchungen, die derzeit an unserer Institution laufen. Im Detail wird untersucht, inwieweit sich durch vorangegangene Simulationseingriffe die Gesamtstrahlendosis, die verwendete Kontrastmittelmenge und die Zahl der Serien bei realen Untersuchungen reduzieren lassen. Ferner wird der Einfluss einer vorangegangenen Simulation auf die Materialauswahl oder die Zahl der Katheterwechsel untersucht. Über die Auswertung von Aufzeichnungen einer Eyetracking-Kamera wird die Hand-Augen-Koordination neben anderen Parametern analysiert. Des Weiteren geht es um die Validität von Simulationen, d. h. um die Frage, ob Experten bei Simulationseingriffen hinsichtlich der oben genannten Parameter besser abschneiden als Anfänger. Zuletzt interessieren natürlich Trainingseffekte, wobei nicht nur ausgewertet wird, ob sich nach 10 Simulationsangiografien eine Verbesserung der schon genannten Parameter erzielen lässt, sondern auch, ob sich das subjektive Erleben und die situative Belastung verändern.

Nach ersten Auswertungen lässt sich der Nutzen dieses Ausbildungskonzepts am Vergleich von Assistenzärzten ablesen, die noch vor 2013 auf herkömmliche Weise bzw. danach anhand des oben erörterten Konzepts das Angiografieren erlernten. Vergleicht man die ersten 30 eigenständig durchgeführten Panangiografien, sank sowohl die Strahlendosis im Median von 55,49 auf 45,54 Gy*cm² als auch die Gesamtdurchleuchtungszeit im Median von 11 auf 7,25 Minuten deutlich ([Abb. 4]). Obwohl bislang nur eine kleine Gruppe von jeweils 3 Ärzten miteinander verglichen wurde, ist bereits eine Tendenz der Effekte des veränderten Ausbildungskonzepts erkennbar. Bei diesen Auswertungen handelt es sich um „work in progress“.

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Abb. 4a Vergleich von je 3 Ärzten ohne und mit Simulationstraining. Durchleuchtungszeiten (Median) der ersten 30 eigenständig durchgeführten zerebralen Panangiografien. b Vergleich von je 3 Ärzten ohne und mit Simulationstraining. Dosis-Flächen-Produkt (Median) der ersten 30 eigenständig durchgeführten zerebralen Panangiografien.

Die Durchführung von realen endovaskulären Interventionen ist in unserem Curriculum für Assistenzärzte derzeit nicht vorgesehen und ausschließlich Fachärzten vorbehalten. Um das Verständnis für die Methoden zu erhöhen und auch die Attraktivität unseres Fachs bereits zu einem relativ frühen Zeitpunkt der Ausbildung zu verdeutlichen, sollte jeder Assistenzarzt auch einzelne supervidierte Schlaganfallbehandlungen und Aneurysma-Coilings durchführen.


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Ärztliche Ausbildung (Intervention)

Je nach Ausbildungsstand der Fachärzte wird auf die entsprechenden Bedürfnisse eingegangen.

  • Fachärzte ohne zerebrale angiografische Erfahrung durchlaufen zunächst das oben erläuterte Schema.

  • Fachärzte mit zerebraler angiografischer Erfahrung, die diese nicht in unserer Abteilung erworben haben, demonstrieren mehrere Angiografien unterschiedlichen Schweregrades am Simulator. Häufig besteht auch dabei Bedarf, den Gebrauch des Sidewinder-Katheters zu wiederholen.

  • Anhand der 6 Fälle des Schlaganfall-Moduls werden dann unter Supervision die verschiedenen Möglichkeiten der mechanischen Thrombektomie geübt.

Da das haptische Feedback der interventionell eingesetzten Materialien, wie Stentretriever oder Coils, aber noch nicht sehr realistisch ist, besteht der Nutzen des Simulators in der Ausbildung von Interventionalisten vor allem in der Möglichkeit, in Ruhe über jeden Schritt der Behandlung zu sprechen und diesen gegebenenfalls unbegrenzt oft bzw. unter Zuhilfenahme unterschiedlicher Techniken zu wiederholen. Gerade bei der Behandlung von Schlaganfällen sind Anfänger in der Realität häufig damit überfordert, die schnelle Abfolge der einzelnen Handgriffe und die multiplen Materialien zu erfassen und zu verstehen. Zudem sind in einzelne Simulationsszenarien auch Komplikationen integriert. Nach deren Erkennen und der richtigen Interpretation (z. B. ob ein persistierender Gefäßverschluss nach einem Stentretrievermanöver weiterhin durch Thrombus oder durch einen Gefäßspasmus verursacht wird) können am Simulator mögliche Lösungsmethoden ausprobiert und eingehend diskutiert werden.


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Forschung

Die Validität des Einsatzes von Angiografiesimulatoren ist nicht nur für Koronarangiografien [9] und periphere Interventionen an der Beckenachse [10], sondern auch im Bereich der zerebralen Angiografien bereits bestätigt worden [11] [12]. Der Fokus der Forschung liegt nun neben dem Nachweis von Trainingseffekten unter anderem in der Implementierung der patientenspezifischen Simulationen in den klinischen Alltag. Zudem gilt es die Reduktion der Untersuchungszeiten auch für Interventionen und damit einhergehend die Senkung der Komplikationsraten und der Kosten nachzuweisen.


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Zukunft und Schlussfolgerung

Im Umfeld einer universitären radiologisch/neuroradiologischen Abteilung finden sich für einen Angiografiesimulator sinnvolle Einsatzbereiche nicht nur in der Ausbildung von Angiografieanfängern, sondern auch in der studentischen Lehre und in der Forschung. Um den Realitätsgrad des Trainings weiter zu erhöhen und damit die Akzeptanz auch in nichtuniversitären Einrichtungen zu fördern, sind nun alle Hersteller sowohl von Simulatoren als auch von Angiografieanlagen gefordert. Es gilt die Kompatibilität von Simulator und Angiografieanlage miteinander und aller zur Verfügung stehenden Funktionen zu ermöglichen. Um einen Mehrwert auch für erfahrene Interventionalisten zu schaffen, muss allerdings auch das Verhalten interventioneller Materialien wie Mikrokatheter, Stentretriever und Coils noch realistischer werden. Zudem sollte die Implementierung realer Patientendaten noch schneller und detaillierter erfolgen können. Das Ziel sollten die realistische Simulation elektiver Eingriffe wie Aneurysma-Coiling, Flow-diverter-Implantation oder Embolisation einer arteriovenösen Malformation und damit einhergehend die Erprobung bestimmter Materialien (Coils, Katheter etc.) auf ihre Eignung für den jeweiligen Einsatz sein. Dies kann sowohl die Dauer der Interventionen – und damit die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen – reduzieren als auch die Auswahl der Materialien erleichtern und somit durch gezielteren Einsatz der Produkte zur Kostenreduktion beitragen. Simulatoren können im Rahmen der Entwicklung neuer Materialien eingesetzt werden. Auch ist eine verpflichtende Integration in Zertifizierungsprogramme der Fachgesellschaften (z. B. DEGIR) denkbar. Und nicht zuletzt könnte der Nachweis von medizinischer Kompetenz auch in medico-legaler Hinsicht u. a. über den Besuch von Kursen am Simulator geführt werden.

Klinische Relevanz
  • Bei sinkenden Zahlen diagnostischer Katheterangiografien bieten Angiografiesimulatoren ideale Möglichkeiten der Anfängerausbildung.

  • Die Einbindung eines Simulators in die Umgebung einer echten Angiografiesuite bietet die bestmögliche Vorbereitung auf die erste am Patienten durchzuführende Untersuchung.

  • Reale Patientenanatomien können vorab geübt und durch die Reduktion der Untersuchungszeiten die Patientensicherheit erhöht werden.


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No conflict of interest has been declared by the author(s).

  • References

  • 1 Rolfe JM, Staples KJE. (eds.) Flight simulation. Cambridge Aerospace series. Cambridge University press; 1988
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  • 5 Pjontek R, Önenköprülü B, Scholz B. et al. Metal artifact reduction for flat panel detector intravenous CT angiography in patients with intracranial metallic implants after endovascular and surgical treatment. J Neurointerv Surg 2016; 8: 824-829
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  • 7 www.mentice.com/laerdal-simman-vascular [Internet, cited 2018 Jun 24]
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  • 12 Nguyen N, Eagleson R, Boulton M. et al. Realism, criterion validity, and training capability of simulated diagnostic cerebral angiography. Studies in health technology and informatics 2014; 196: 297-303

Correspondence

Frau Dr. Kornelia Kreiser
Neuroradiologie, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
Ismaninger Str. 22
81675 München
Germany   
Phone: ++ 49/89/41 40 46 51   

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Fig. 1 Stationary simulator (VIST LAB).
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Fig. 2 Transmission of real patients data to the simulator. a After semiautomatic segmentation. b After transmission of the STL-file to the simulator. c Before linking to an aortic template. d Complete anatomy after linking.
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Fig. 3 Integration of the simulator in an angiography suite.
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Fig. 4a Comparison of 3 physicians without and with simulation training. Fluoroscopy time (median) of the first 30 independently performed cerebral panangiographies. b Comparison of 3 physicians without and with simulation training. Dose area product (median) of the first 30 independently performed cerebral panangiographies.
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Abb. 1 Stationärer Simulator (VIST LAB).
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Abb. 2 Übertragung realer Patientendaten an den Simulator. a Nach semiautomatischer Segmentierung. b Nach Übertragung der STL-Daten an den Simulator. c Vor Verknüpfung mit einer Aortenvorlage. d Vollständige Anatomie nach Verknüpfung.
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Abb. 3 Integration des Simulators in die Angiografiesuite.
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Abb. 4a Vergleich von je 3 Ärzten ohne und mit Simulationstraining. Durchleuchtungszeiten (Median) der ersten 30 eigenständig durchgeführten zerebralen Panangiografien. b Vergleich von je 3 Ärzten ohne und mit Simulationstraining. Dosis-Flächen-Produkt (Median) der ersten 30 eigenständig durchgeführten zerebralen Panangiografien.