Pneumologie 2019; 73(03): 132-133
DOI: 10.1055/a-0810-4614
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

COPD-Risiko im Gebirge: Höheneffekt oder Schadstoffbelastung?

Brakema EA. et al.
High COPD prevalence at high altitude: does household air pollution play a role?.

Eur Respir J 2018;
DOI: 10.1183/13993003.01193-2018.
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Publication Date:
12 March 2019 (online)

 

Einige Studien kamen bislang zu dem Schluss, dass in höher gelegenen Regionen die Prävalenz der chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung (COPD) erhöht ist, andere nicht. Das könnte an weiteren Einflussfaktoren liegen, die je nach Region unterschiedlich ausgeprägt sind, beispielsweise die Belastung mit Innenraumschadstoffen in ökonomisch schwachen Regionen. Einen Beleg dafür liefert eine Studie in Kirgisistan.


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Das Forscherteam um Evelyn A. Brakema von der Universitätsmedizin in Leiden, Niederlande, untersuchte populationsbasiert Prävalenz und Risikofaktoren einer COPD bei Bewohnern mit geringem Einkommen aus niedrig gelegenen Regionen (~750 m) und Hochgebirgsregionen (~2050 m) Kirgisistans. Gemessen wurden auf der einen Seite die Lungenfunktion mittels Spirometrie, auf der anderen Seite die Innenraumbelastung mit Feinstaub < 2,5 µm (PM2,5). Zudem füllten die 392 erwachsenen Studienteilnehmer einen Fragebogen aus, der andere COPD-Risikofaktoren wie das Rauchen erfasste. 199 Probanden lebten im Hochgebirge, 193 in niedriger gelegenen Regionen. Die Gruppen waren in vielen Charakteristika unterschiedlich: Die Gebirgsbewohner waren im Mittel älter, weniger von ihnen hatten geraucht, sie verwendeten aber mehr Biomasse als Brennstoff als die Bewohner der Niederungen.

Ergebnisse

Im Gebirge fand sich eine 3-mal so hohe COPD-Prävalenz als in den Niederungen (36,7 % vs. 10,4 %; p < 0,001). Auch die mittlere PM2,5-Exposition war im Gebirge signifikant höher als in niedrigeren Lagen (290,0 vs. 72,0 µg/m3; p < 0,001). In der multivariaten Analyse waren die hohe PM2,5-Exposition (Odds Ratio [OR] 3,174; 95 % Konfidenzintervall [KI] 1,061 – 9,493), aber auch die Höhenlage selbst (OR 3,406; 95 % KI 1,483 – 7,825) sowie die Packungsjahre bei Rauchern (OR 1,037; 95 % KI 1,005 – 1,070) und das Alter (OR 1,058; 95 % KI 1,037 – 1,079) signifikante Risikofaktoren für COPD bei den Gebirgsbewohnern.

Die Autoren weisen darauf hin, dass die verwendeten Kriterien für eine COPD (Verhältnis von Einsekundenkapazität und forcierter Vitalkapazität [FEV1/FVC] nach Bronchodilatation) eine Überdiagnose zur Folge haben könnte. Die Vitalkapazität kann in größerer Höhe erhöht sein. Zudem kann ein fixes FEV1/FVC-Verhältnis im höheren Alter fälschlich zu einer COPD-Diagnose führen, was bei der im Mittel älteren Gebirgskohorte ins Gewicht fallen könnte. So war der Anteil einer leichten COPD bei den Gebirgsbewohnern sehr hoch.

Fazit

Die unabhängige Assoziation von COPD-Prävalenz und Innenraum-Feinstaubbelastung bestätigt die Hypothese der Autoren, dass die Innenraum-Luftverschmutzung ein wichtiger Aspekt der erhöhten COPD-Prävalenz bei Gebirgsbewohnern in ökonomisch schwachen Regionen ist: Der Heizbedarf ist größer, die Ventilation oft schlecht und als Brennstoff verfügbar ist vor allem Biomasse. Allerdings bleibt auch in dieser Studie ein Einfluss der Höhenlage an sich bestehen.

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In einigen Gebirgsregionen der Welt ist die COPD-Prävalenz aufgrund der Lebensumstände erhöht. Bildquelle: Renate Stockinger/Thieme Verlagsgruppe

Friederike Klein, München


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In einigen Gebirgsregionen der Welt ist die COPD-Prävalenz aufgrund der Lebensumstände erhöht. Bildquelle: Renate Stockinger/Thieme Verlagsgruppe