Die alten persischen Schätze
Die alten persischen Schätze
Abb. 1 Der Beifuß (Artemisia vulgaris L.) spielt in Deutschland wegen seines allergischen Potenzials keine phytotherapeutische
Rolle mehr. In den frühen Kräuterbüchern bis hin zu Madaus (1938) wird er stets genannt.
Foto: Christian Fischer
Die Reise begann im Iran. Dank der Unterstützung von Dr. Johannes G. Mayer, Institut
für Geschichte der Medizin an der Universität Würzburg, konnte ich einen Besuch in
Shiraz an der dortigen Universität in der Fakultät für Traditionelle Persische Medizin
absolvieren. Die Iraner forschen schon seit Jahren an ihrem alten Medizinsystem und
richteten dafür ein vollständiges Programm mit Promotionsmöglichkeit ein, das Absolventen
des medizinischen Fachbereichs eine moderne Weiterbildung auf diesem historischen
Gebiet bietet.
Dabei sind die Prinzipien und Vorgehensweise der nationalen Medizin weit verbreitet.
Ich hatte ein interessantes Gespräch mit dem Betreiber eines Phytoladens, der im Rahmen
seiner Arbeit auch bei der Indikationsstellung zur Seite stand. Dabei fragte er nach
Beschwerden im Sinne holistischer Medizin und verwendete z. B. die Paarungen warm – kalt
und trocken – feucht. Den Einsatz für Artemisia sah er bei gesundheitlichen Problemen, die mit Kälte und Feuchtigkeit in Verbindung
stehen.
Während der gesamten Reise habe ich hauptsächlich in Apotheken nach Informationen
gesucht. Da in allen von mir besuchten Ländern der Handel mit Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln
durchaus organisiert war, war ein Apothekenbesuch auch der einfachste Weg, um die
länderspezifische Recherche zu beginnen.
Obwohl Artemisia vulgaris im Iran kein Gegenstand der Forschung ist, gibt es auf dem pharmazeutischen Markt
sowohl die Rohdroge (Herba) als auch Beifußpräparate. Einer davon ist ein flüssiger
Extrakt, der für Menstruationsbeschwerden vorgesehen ist.
Im Iran stehen große Mengen unterschiedlicher pflanzlicher Mittel zur Verfügung, die
Wahl von Darreichungsformen ist ebenfalls sehr groß. Die Herstellung von Phytopharmaka
hat eine lange Tradition und ist gut dokumentiert, die Vielfalt an Heilpflanzen ist
beträchtlich, der Anbau wird groß betrieben. Export in die Nachbarländer spielt hier
eine wichtige Rolle.
„Stane“ – die ehemaligen Sowjetrepubliken
„Stane“ – die ehemaligen Sowjetrepubliken
Überraschend gut ist das Angebot von Heilmitteln in den postsowjetischen Ländern.
Nach dem Zusammenbruch der Planwirtschaft spiegeln sich jetzt in den Apotheken die
Regeln der Marktwirtschaft klar wider. Medizin insgesamt wurde zu einer Branche und
der finanzielle Erfolg stellt auch hier die Weichen. Im Klartext bedeutet das, dass
die gesamten Kosten der ärztlichen Behandlung und medikamentösen Therapie vom Patienten
selbst getragen werden. Der Anteil an Leistungen durch Dritte (z. B. staatliches Gesundheitswesen)
ist minimal. In dieser Situation bieten die pflanzlichen Mittel eine gute Alternative,
weil sie deutlich billiger sind.
In Turkmenistan, wo eine „weiche“ Diktatur herrscht, hat die Verwendung von Phytopharmaka eine besondere
Stellung. Der dortige Präsident und Machthaber Gurbanguly Berdymuhamedov ist Zahnarzt
und Verfasser eines Buches über Heilpflanzen Turkmenistans. Im Vorwort unterstreicht
er sein Engagement für die Verbreitung der Naturheilkunde in der Nation unter seiner
Führung. Unter 7 aufgelisteten Artemisia-Arten in seinem Buch ist der Beifuß aber nicht vertreten.
Sehr viel Charme hatten für mich Besuche in usbekischen Apotheken. Da ich entlang der Seidenstraße unterwegs war, besuchte ich mit Freude Kräuterläden
an wunderbaren Standorten innerhalb der Altstädte Khivas, Bucharas und Samarkands.
Der Aufschwung der Kräuterheilkunde dort ist der zwischen dem 7. und 13. Jahrhundert
herrschenden arabischen Kultur zu verdanken, die sehr großen Wert auf Forschung und
Bildung legte. In jeder dieser Städte entstand eine Universität, wo neben Islamlehre
auch Medizin studiert werden konnte. Der größte Vertreter und Gründungsvater der medizinischen
Schule seinerzeit war Avicenna, der aus der Nähe von Buchara stammt. Seine Porträts
mit unterschiedlichen Heilkräutern in der Hand sind überall zu sehen und zu kaufen
[Abb. 2]. Es gab leider keines mit Artemisia vulgaris.
Abb. 2 Der Usbeken Stolz: Porträts von Avicenna sind allgegenwärtig. Foto: Autor
Tadschikistan ist mit Abstand der ärmste „Stan“ auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR. Die Realität
medizinischer Versorgung sieht so aus, dass die Patienten z. B. für eine MRT-Untersuchung
eine Reise in das Nachbarland Kirgistan unternehmen müssen, um sie dort durchführen
zu lassen. Leisten können sich das nur die Reichsten. Ein Beispiel für die kriminellen
Verhältnisse im Gesundheitswesen ist die Fälschung von Medikamenten. Während meines
Besuches gab es einen Skandal mit einem wirkstofffreien „Antibiotikum“, das in einer
Fabrik in Russland hergestellt und legal nach Tadschikistan importiert wurde. Journalisten
hatten dies herausgefunden, von der zuständigen Behörde wurde es jedoch unter den
Teppich gekehrt.
Unter solchen Umständen wundert es nicht, dass die Behandlung mit Kräutern einen hohen
Stellenwert hat. Dabei ist die Natur des Landes im Wesentlichen unberührt und besteht
hauptsächlich aus Hochgebirge mit sonnigen Wiesen und kristallklaren Bergquellen.
Die Kräuter- und Honigstände sind entlang der Straßen häufig zu finden und bieten
ihre Warenpalette zu einem erschwinglichen Preis für Einheimische an, oft unter sehr
rustikalen Bedingungen [Abb. 3].
Abb. 3 Typischer Kräuterstand entlang einer Straße in Tadschikistan. Foto: Autor
Die beschriebene Situation im Gesundheitswesen zwingt viele Ärzte, die Kräuterheilkunde
als Standardtherapie zu verwenden. Je ländlicher das Gebiet, desto größer ist der
Umfang der Kräuterbehandlung. In Gorno-Badakhshan – einer autonomen Provinz an der
Grenze zu Afghanistan – war ich zu Gast bei dem 80-jährigen Landarzt Dr. Schirinbek
Davlatmamadov (Schreibweise des Autors). Er leitete früher ein Sanatorium mit Sole-
und Mineralquellen und war Koautor des Buches „Medicinal Herbs of Badakhshan and their
use“. Seine Praxis, gebaut aus Steinen auf einem Feld, bringt jährlich umgerechnet
200 $. Alle Kräuter für die Therapie werden von ihm selbst gesammelt. Artemisia vulgaris spielt dabei eine große Rolle und wird für menstruations- und verdauungsbedingte
abdominelle Beschwerden reichlich verwendet [Abb. 4].
Abb. 4 Artemisia-Vorrat bei einem alten Landarzt an der tadschikisch-afghanischen Grenze. Foto: Autor
In Kirgistan – in der Region die einzige und noch in Kinderschuhen steckende Demokratie – konnte ich
eine „Klinik für alternative Heilungsmethoden“ besichtigen. Illegal betrieben, ohne
jegliches Schild (bekannt durch Mundpropaganda), versprach sie eine erfolgreiche Krebsbehandlung
aller Arten. Der Hauptbestandteil der Therapie waren drei Pflanzenextrakte, Mischungen
aus eigener Herstellung. Ein Blick ins Krankenzimmer, gefüllt mit kachektischen Patienten
im Endstadium bösartiger Krankheiten, deutete klar darauf hin, dass die Hoffnung zuletzt
stirbt.
Aus Kasachstan blieb mir dagegen eine eher amüsante Erinnerung, die im Rahmen meiner Kräutersuche
entstand: Während des Besuches einer großen Apotheke im sehr modernen Einkaufszentrum
fiel mir ein kleines, elegantes Metallkästchen mit einem gemalten Motiv ins Auge,
das auf etwas wachsendes hindeutete. Bei genauer Betrachtung konnte ich feststellen,
dass es sich um ein pflanzliches Potenzmittel Namens „Casanova“ handelte. Den Inhalt
bildeten Kapseln mit Auszügen chinesischer Kräuter; Beifuß war nicht dabei.
Altai-Gebirge – Apotheke der Nomaden
Altai-Gebirge – Apotheke der Nomaden
Der chinesische Teil dieses Gebiets liegt in der westlichen Provinz Xinjiang. Da ich ein chinesisches
Visum für nur 7 Tage bekam (Transitvisum), wurde meine Suche auf die Großstadt Urumqi
eingeschränkt. Mit über 2000 Jahren Tradition der Phytotherapie bietet heutzutage
jede Apotheke in China eine riesengroße Auswahl an unterschiedlichsten Präparaten
sowohl pflanzlicher als auch tierischer Herkunft. Aufgrund der Sprachbarriere waren
die Auskunftsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Nach sehr mühsamem Gespräch mit dem
gesamten Personal einer großen Apotheke im Stadtzentrum konnte ich feststellen, dass
das Angebot an Artemisia-Arten aus A. anomala, A. capillaris (A. scoporia), A. japonica und A. annua besteht; Letztere rückt dank des Nobelpreises für die Chinesin Youyou Tu im Jahr
2015 für ihre Recherche und klinische Forschung zur Wirkung gegen Malaria wieder in
den Vordergrund. Artemisa vulgaris hat weder in der chinesischen Materia medica noch in Schubladen chinesischer Apotheken
einen Platz gefunden.
Auf der mongolischen Seite des Altais besuchte ich zwei Provinzen (Aimags): Chowd und Bajan-Ölgii. Wegen des
sehr kalten Klimas ist in der Mongolei einerseits die Auswahl an Pflanzen im Vergleich
zu den Nachbarregionen deutlich kleiner, anderseits bestehen die Indikationen hauptsächlich
für die Behandlung von „Kälte”-Krankheiten. Die Nomaden wendeten die bekannten erwärmenden
Mittel wie Zimt, Ingwer, Knoblauch oder Senfkorn an. Zu den verwendeten wärmenden
Drogen gehörten auch Fructus Gleditsiae (von Gleditsia sinensis), Radix Platycodi (Platycodon grandiflorus), Fructus Evodiae (Evodia rutaecarpa) oder sogar Radix Aconiti, die „toxische Hitze“ hervorruft. Beifuß, dessen Verbreitung
im Zusammenhang mit dem Ackerbau gesehen wird, hatte bei der nomadischen Lebensweise
der Mongolen keine Chance, genutzt zu werden.
Schamanismus ist bis heute ein Bestandteil der Traditionellen Mongolischen Medizin.
Die zeitgenössischen Repräsentanten dieses Berufs sind aber nicht mehr abseits des
Dorfes lebende Einzelgänger, sondern etablierte Persönlichkeiten der Gesellschaft,
die normalerweise auch eine andere Tätigkeit ausüben. Der von mir besuchte war Kfz-Mechaniker.
Eine familiäre Weitergabe esoterischer Künste – der Verbindung mit Geistern – vom
Vater auf den Sohn, besteht weiterhin und somit wird diese Tradition am Leben gehalten.
Am Ende meines Aufenthaltes in der Mongolei hatte ich die Möglichkeit, das Institut
der Traditionellen Mongolischen Medizin (TMM) in Ulan Bator zu besuchen. Es besteht
aus der Forschungsabteilung, einem Krankenhaus für TMM und einem pharmazeutischen
Unternehmen, wo Phytopharmaka hergestellt werden. Auf meine Fragen zu Artemisia vulgaris wurde ich auf die Art A. frigida hingewiesen, was mir aber nicht weitergeholfen hat. Als Erinnerung an meine Suche
ist mir das Buch von Dr. Bold Sharav: „History and development of traditional Mongolian
medicine; 5000 years of medical history”, signiert vom Autor, geblieben. 2017 fand
der erste internationale TTM-Kongress in Ulan Bator statt.
Baikalsee – Kamtschatka – Moskau
Baikalsee – Kamtschatka – Moskau
Die Behandlung mit pflanzlichen Heilmitteln hat auch in Russland eine sehr lange Geschichte
und ist bis heute weit verbreitet. Auf dem Markt befinden sich unzählige unterschiedliche
Präparate, die meistens als Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden. Dabei entsprechen
die Inhalte der Packungsbeilagen bzw. Beschreibungen auf der Verpackung vollkommen
den für zugelassene Medikamente vorgesehenen Standards. Viele Hersteller bieten Online-Konsultationen
oder kostenfreie Hotlines an. Es gibt einen großen Wettbewerb auf dem Markt. Die Popularität
der Phytotherapie spiegelt sich auch im Angebot an Literatur zu diesem Thema wider.
Lehrbücher, Lexika, Enzyklopädien, Ratgeber, Nachschlagewerke sind überall erhältlich,
sogar in Verkaufspunkten orthodoxer Kirchen.
Mein erster Kontakt mit Heilkräutern in Russland fand im BAM-Museum in Tynda statt. BAM, das ist die Bajkalo-Amurskaja-Magistrale – die Nordlinie der Transsibirischen
Bahn, und Tynda ist der Hauptsitz der Geschäftsführung. Die Ausstellung der Pflanzen
wurde in den Zusammenhang mit der Geschichte der ersten Zwangsarbeiter des Eisenbahnbaus
und deren Lebensbedingungen in den 1930er-Jahren gestellt. Rinde von Linde und Birke
spielt dabei eine wichtige Rolle. Die Leiterin des Museums hat mir gesagt, dass die
Einheimischen den Gefangenen in der „Kräuterheilkunde“ sehr geholfen haben, obwohl
solche Kontakte strengstens verboten waren. Doch die Wächter hätten dies geduldet.
Die erste Lektion für Neuankömmlinge war eine Unterscheidung zwischen Heil- und Giftpflanzen.
Der östlichste Punkt meiner Reise war die Halbinsel Kamtschatka. Die Besichtigung eines Naturschutzgebietes mit unmittelbarer Nähe zu freilaufenden
Bären hat mich am meisten beeindruckt. Dank Schutzmaßnahmen beträgt deren aktuelle
Population über 2000. Ein anderes Säugetier, Stellers Seekuh (Hydrodamalis gigas), hat die Konfrontation mit dem Menschen nicht überlebt und wurde innerhalb von 27
Jahren ausgerottet. Nur sein riesiges Skelett im lokalen Museum kann bewundert werden.
Was die Pflanzen betrifft, ist Kamtschatka kein natürliches Verbreitungsgebiet des
Beifußes, nichtsdestotrotz lohnte sich eine Unterhaltung zum Thema Phytotherapie in
der dortigen Apotheke.
Was die Professionalität der Beratung bezüglich einer Kräuterbehandlung angeht, ist
Moskau kaum zu schlagen. Diese Stadt hat eine fast magische Anziehungskraft für alle Bürger
der ehemaligen UdSSR, die nach wirtschaftlichem Erfolg suchen. Daher ist hier aus
Konkurrenzgründen das qualitativ beste phytotherapeutische Angebot zu finden. Im Stadtzentrum
befindet sich der Kräuterladen von Dr. Michail Gordeev – Botaniker und Mitglied der
Russischen Akademie der Wissenschaften – mit über 500 Präparaten aus eigener Herstellung.
Artemisia vulgaris ist Bestandteil von 4 Kombinationspräparaten und ist auch als Monopräparat erhältlich.
Die Indikationen der Mischungen betreffen Menstruations- und menopausale Beschwerden,
die Stärkung des Magens und Verdauungstraktes insgesamt sowie die Nikotinentwöhnung.
Die Empfehlungen für das Kraut allein beziehen sich außerdem auf Neurosen und Schlafstörungen,
was der beruhigenden Wirkung der Pflanze zu verdanken sei.
Fazit
Artemisia vulgaris ist in den meisten der von mir besuchten Länder vertreten, mindestens in literarischer
Auflistung. [Tab. 1] zeigt die möglichen Indikationen, die mit Artemisia vulgaris in den von mir besuchten Ländern behandelt werden. Alle Angaben basieren auf meinen
persönlichen Beobachtungen vor Ort, somit sind sie ausschließlich subjektiver Natur.
Nichtsdestotrotz versuchte ich, die gewonnenen Informationen entweder mit dem pharmazeutischen
Index des Landes bzw. mit der nationalen Materia Medica zu untermauern. In Usbekistan
und Afghanistan ist Artemisia vulgaris nicht bekannt, in Turkmenistan, dem westlichen China und in der Mongolei werden andere
Artemisia-Arten verwendet.
Tab. 1
Anwendungsgebiete des Beifußes in den besuchten Ländern.
|
Menstruationsbeschwerden
|
postpartum Blutkoagel
|
menopausale Beschwerden
|
Verdauungsstörungen
|
Epilepsie
|
Iran
|
X
|
X
|
0
|
0
|
0
|
Turkmenistan
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Usbekistan
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Tadschikistan
|
X
|
X
|
X
|
(X)
|
(X)
|
Afghanistan
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Kirgistan
|
(X)
|
(X)
|
0
|
0
|
0
|
Kasachstan
|
0
|
0
|
0
|
(X)
|
0
|
China (Altai)
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Mongolei
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Russland
|
X
|
X
|
X
|
X
|
X
|
X = bekannte und verwendete Indikationsstellung
(X) = bekannte, aber nicht verwendete Indikationsstellung (z. B. wegen des Vorhandenseins
besserer Alternativen)
0 = keine Indikationsstellung / Pflanze nicht bekannt oder vertreten
Das Indikationsspektrum im Mittleren und Fernen Osten unterscheidet sich kaum von
dem, was in europäischen Kräuterbüchern über diese Pflanze geschrieben wurde. Am meisten
entsprechen die Anwendungsbeispiele denen, die in Madaus’ „Lehrbuch der biologischen
Heilmittel“ (Georg Thieme Verlag, Leipzig 1938) vorkommen. Verwendet wird die ganze
Pflanze, weil Kraut und Wurzel in der Wirkung gleichwertig sind. Die populärste Zubereitungsform
ist das Infus, also als teeähnliches Getränk. In Russland mit der traditionellen Vorliebe
zum „Tschai“ (Tee), kann das als Ausdruck eines kulturellen Erbes in der Kräuterverwendung
gesehen werden.
Als häufigste Gegenanzeige kommt die individuelle Überempfindlichkeit vor, sonst gibt
es keine weiteren Sicherheitsbedenken. Daher ist Artemisia als Nahrungsergänzungsmittel bzw. als „Heilkrautmedikament“ zugelassen – hier sind
die Vorschriften bezüglich Informationen über Sicherheit und Unbedenklichkeit deutlich
milder als für apothekenpflichtige Mittel. Das allergische Potenzial wird, meiner
Meinung nach zu Recht, bagatellisiert und sogar für Schwangere werden keine expliziten
Warnungen geäußert.
Für die breite Bevölkerung sind Beifuß-Zubereitungen aufgrund des Preises eine günstige
Alternative, hauptsächlich bei gynäkologischen und gastroenterologischen Beschwerden.
Pawel Klin, Allgemeinmediziner Bad Windsheim
pawel.klin@wp.pl