Schlüsselwörter
Chronisch-rezidivierender Nackenschmerz - Spannungskopfschmerz - temporomandibuläre
Biss-Relationsstörung - Neuraltherapie - Lokalanästhetika - Procain
Key words
Chronic-recurrent neck pain - tension headache - temporomandibular disorder - neural
therapy - local anesthetics - procaine
Einleitung
Der Nackenschmerz projiziert sich als unspezifisches Zervikalsyndrom auf die
Dermatome unterhalb der Linea nuchae und oberhalb des Dorns Th1 zwischen den
Schulteransätzen des M. trapezius [1]. Nach Hansen
und Schliack kann man von einer Projektion in die dorsalen Anteile von C3 und C4
ausgehen [2].
Beim Spannungskopfschmerz projiziert sich der Schmerz hauptsächlich auf das Dermatom
C2 sowie in den Bereich des 1. Trigeminusastes [2].
Prävalenz
Nackenschmerz
Die Ein-Jahres-Prävalenz von isolierten Nackenschmerzen wird 2015 mit mehr als
56 % und bei zusätzlichem Kopfschmerz mit ca. 85 % angegeben [3].
Die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) geht von
einer Langzeitprävalenz des Nackenschmerzes von ca. 50 % aus [5].
Spannungskopfschmerz
Göbel gibt die Prävalenz von meist nuchal beginnenden und zu ca. 44 % beidseits
auftretenden Spannungskopfschmerzen mit über 70 % an [6], was die Akershus-Studie bestätigt [7], [8].
Ätiopathogenese und Risiken
Ätiopathogenese und Risiken
Nackenschmerz
In der Ätiologie der Nackenschmerzen werden neben den radiologischen Kausalitäten
Einflussfaktoren wie Übergewicht, Schwangerschaft, starke körperliche Arbeit,
Lebensalter, subjektive Gesundheitseinstellung und chronischer Stress angegeben
[4], [5].
Seidel fasst 2015 nach einer Originalpublikation von Hansraj den Einfluss vom
Smartphone auf die HWS zusammen [9].
Weinschenk und Mitarbeiter gehen beim chronischen Nackenschmerz davon aus, dass
es durch neuroanatomische Beziehungen bei pharyngealen Erkrankungen zu dolenten
Druckpunkten im Bereich des Trapezmuskels kommen kann, welche Gleditsch sowie
Hülse und Kollegen seit Jahren im Zusammenhang mit HNO-Erkrankungen empirisch,
anatomisch und pathophysiologisch beschreiben [10], [11], [12].
Bei eigenen Patienten sind neben diesen sinupharyngealen Beziehungen in der
Anamnese Zystopathien, Störungen der Nierenfunktion, ein Nikotinabusus sowie
eine Pathologie des Homocysteinstoffwechsels zu beobachten.
Spannungskopfschmerz
Beim Spannungskopfschmerz werden als Risiken Medikamentenübergebrauch,
bio-psycho-sozialer Stress, Angst- und depressive Störungen und von Patienten
nervale, psychische und vegetative Störungen bzw. Erkrankungen der Zähne und
Sinnesorgane angegeben [6].
In der Akershus-Studie sah man gehäuft jüngere Frauen sowie Komorbiditäten wie
Erschöpfungs- und Müdigkeitssymptome [7], [8].
In der Pathogenese werden eine Aktivierung von NMDA-Rezeptoren mit steriler
Entzündungsreaktion der C-Fasern und Mikroläsionen der Kopf-, Hals- und
Kaumuskulatur favorisiert [6], [7], [13], [14].
Vor allem bei der oromandibulären bzw. Bissrelationsstörung spielen pathologische
Aktivitäten der Muskeln [6], [13], [14] mit
nachweisbaren EMG-Veränderungen, eine Dysbalance des Serotonin- sowie
Endorphinspiegels eine Rolle [6].
Bei eigenen Patienten sind hierzu in der Anamnese bruxistische Stressreaktionen
und Hinweise für erschöpfende Störungen bis hin zu Fatigue zu beobachten.
Eine Sonderform stellt der zervikogene Kopfschmerz als Dysbalance der oberen 3
zervikalen Segmente bzw. subokzipitalen Muskeln mit unilateralem nach temporal
ausstrahlenden Referred Pain dar [15].
Hierbei treten nicht nur über die aus der Ansa cervicalis hervorgehenden
Nn. occipitales Schmerzen, sondern auch aufgrund der hochsensiblen
neuroanatomischen Verschaltung dieser Segmente mit den Vagus- und
Trigeminuskernen über die Formatio reticularis vegetative und trigeminale
Symptome auf [12].
Übersicht zu evidenten Therapiestrategien
Übersicht zu evidenten Therapiestrategien
Nackenschmerz
Zu Nackenschmerzen empfiehlt die Leitlinie der DEGAM keine Medikation, dagegen
physikalische bzw. Muskelkräftigungstherapien, Akupunktur sowie Injektionen in
myofasziale Triggerpunkte, deren Wirksamkeit in Interventionsstudien belegt
wurde [5].
Andere Fachgebiete gehen aktuell von einer multifaktoriellen Genese, jedoch
individuelleren Therapiestrategien aus [16].
Spannungskopfschmerz
Zu Kopfschmerzen und Migräne geht aus der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft
für Neurologie (DGN) hervor, dass EMG-basierte Biofeedback-Therapie wirksam ist,
Entspannungstechniken sehr wahrscheinlich wirksam sind, Physiotherapie,
medizinische Trainingstherapie und Manualtherapie wahrscheinlich wirksam sind
und es für die klassische Akupunktur eine geringe Evidenz für deren Wirksamkeit
gibt [17]. Dagegen ergeben Studienanalysen von
Akupunktur bei Kopfschmerz mehrfach signifikant positive Ergebnisse [18].
Die Kombination aus pharmakologischer Therapie und Stressbewältigungstraining ist
erfolgreicher als die Einzeltherapien mit Analgetika oder Antidepressiva [17]. Göbel empfiehlt zusätzlich eine sogenannte
Münz-Massage (Gua Sha) mit Pfefferminzöl und die Therapie einer oromandibulären
Störung [6].
Neuraltherapie
Grundlagen
Zur multimodalen Therapie chronischer Nacken- und Spannungskopfschmerzen gehört
auch die Neuraltherapie als minimalinvasives Verfahren. Darunter wird die
diagnostische und therapeutische Anwendung von Lokalanästhetika im Segment,
lokoregional und an Störfeldern verstanden [19], [20].
Seit den Veröffentlichungen von Schleich, Spiess u. a. über die Anwendung von
Lokalanästhetika bei Entzündungen und der Gebrüder Huneke über die Fernwirkung
von Procain fasst die Neuraltherapie Weiterentwicklungen zahlreicher
Injektionstechniken zusammen und kann auf wissenschaftliche Erkenntnisse über
sogenannte alternative Wirkungen aller immunmodulativen Lokalanästhetika am
G-Protein-gekoppelten Zellrezeptor aufbauen [19].
Die oft nur als „Quaddeln“ bekannte Methode ist retrospektiv eine häufig
angewendete und erfolgreiche Therapie im Praxisalltag [21].
Unter den seit Jahrzehnten genutzten Mitteln liegen die Vorteile klar beim Ester
Procain [22], [23], [24] und seinen durch die
ubiquitär wirkende Pseudocholinesterase entstehenden Spaltprodukte
Paraaminobenzoesäure und Diethylaminoethanol. Sie wirken u. a. vasodilatatorisch
und positiv auf den Endocannabinoidspiegel [19].
Therapeutisches Vorgehen beim chronischen Nacken- bzw. Kopfschmerz
Therapeutisches Vorgehen beim chronischen Nacken- bzw. Kopfschmerz
Segmenttherapie
Nach Ausschluss von Organpathologien [4],
entsprechender schriftlicher Aufklärung und analog der von Wander bereits 1992
sowie 2014 und des Autors 2018 bei der Neuraltherapie des Rückenschmerzes
beschriebenen Vorgehensweise [25], [26], [27]
beginne ich als Erstes mit intrakutanen Injektionen im Bereich der Dermatome
C2–C4 und des 1. Trigeminusastes („Quaddeln“). Je nach Schmerztopographie (der
Patient wird immer gebeten, die Beschwerden mit der Hand zu lokalisieren) können
Injektionen an die Akupunkturpunkte Bla2–11, ExKH3, Ga1–21, 3E21–23, Dü2 sowie
LG20 und ggf. ExKH1 (siehe Lehrbücher der Akupunktur) als Injektions- bzw.
Neuralakupunktur folgen.
Die subkutane Therapie eines vorhandenen Lymphbelts [11] kann mit der präperiostalen Injektion an Schädelknochen und deren
Suturae je nach Dolenz oder osteopathischer Läsion sowie an den tastbaren Dorn
C2 kombiniert werden ([
Abb. 1
]).
Obligat empfehle ich die Injektion an den Dorn C7, wobei wie bei der Technik am
Dorn C2 auf die Stichrichtung und den Knochenkontakt geachtet werden sollte
(Stichrichtung der Kanüle möglichst 90° zur Dorntopographie). Durch
infiltrierendes Vorgehen am Dorn C7 werden mit einer Injektion mehrere Segmente
über ihre Untereinheiten (hier Dermatom C4, Subkutom C5, Fasziotom und Myotom
des Trapezius, welcher bis zum Dorn des BWK 12 reicht, und damit C2–4 sowie das
Sklerotom bzw. Osteotom C7) regulativ beeinflusst, was in der Akupunktur als
Wirkung des Punktes LG14 („Spinne“) bekannt ist ([
Abb. 2
]).
Abb. 1 Beginn der Injektion am Dorn C2. (Foto: U. Günter)
Abb. 2 Injektion an Dorn C7. (Foto: U. Günter)
Die Segmenttherapie wird je nach Anamnese und manuellem Befund in Folgesitzungen
alle 7–28 Tage durch die hochwirksame Therapie vorhandener Triggerpunkte ([
Abb. 3
]), wie sie u. a. durch Travell
und Kollegen bereits 1942 veröffentlicht wurde und in der Akupunktur als Dry
Needling erfolgreich angewendet wird, vervollständigt [28]. Aufgrund der vegetativen Reaktionen
empfiehlt sich nicht nur die Kontrolle der vom M. trapezius beeinflussten
Wirbelsegmente vom Okziput bis Th12, sondern auch die Kontrolle der
Herzratenvariabilität (HRV), des Pulses und des arteriellen Blutdrucks [29]. Unmittelbar post injectionem ist die
postisometrische Relaxation (PIR) auch der anderen Muskeln (z. B.
Mm. rhomboidei, levator scapulae sowie erector spinae) zur besseren
Reorganisation eines jeden Muskels unbedingt notwendig.
Abb. 3 Injektion in einen Triggerpunkt. (Foto: U. Günter)
Lokoregionale Neuraltherapie
Da diese interdisziplinäre Kombinationstherapie im Alltag schwer zu organisieren
und die Rezidivrate der muskulären Sekundärsymptomatik hoch ist, sind je nach
Verlauf lokoregionale Injektionstechniken empfehlenswert.
Die Infiltration der Nn. occipitales major et minor kann mit [30] und ohne Sonographiekontrolle einerseits
beim zervikogenen Kopfschmerz [31], aber nach
auch bei allen o. g. Symptomkomplexen [32] in
Bauchlage oder besser sitzend in einem Akupunkturstuhl erfolgen ([
Abb. 4
]). In Fällen frontaler oder
nuchal-lateraler Neuralgien kann ohne apparative Technik subkutan der betroffene
Nerv (z. B. N. supraorbitalis oder N. accessorius) ([
Abb. 5
]) [33] infiltriert
werden. Beim Rezidiv empfehle ich hier nicht die in der Datenbank Pubmed
veröffentlichten Arbeiten über endoskopisch assoziierte Dekompressionen von
Gesichtsnerven, CT-gestützte Injektionen an Zervikalnerven bzw. Verwendung von
Kortikoiden, sondern eher eine Wiederholung in der Kombination mit einem Amid
wie Mepivacain aufgrund der besseren Diffusionseigenschaften.
Abb. 4 Injektion an den N. occipitalis major links. (Foto: U. Günter)
Abb. 5 Injektion an den N. supraorbitalis links. (Foto: U. Günter)
Je nach HRV mit erhöhtem Index nach Baevski sollte man aber immer an
sympathikotone Dysregulationen bzw. neurogene Inflammationen denken [34].
Hier empfehle ich beim Nackenschmerz die monosegmentale ipsilaterale Infiltration
des Ramus articularis eines zervikalen Facettengelenkes, welcher ein Ausläufer
des dorsalen Astes des Spinalnerven (hier C4–8) ist, in der Technik nach Mink
[35].
Dabei nutze ich ein vibrierendes Monitoring, indem der sitzende und von der
Assistenz gesicherte Patient laut zählt und ich Schwingungen bei Kanülenkontakt
an der Facette spüre. Den Einstich bzw. die Markierung mit dem Finger
(Dermographismus ist nach Desinfektion noch gut zu erkennen) suche ich einen
halben Querfinger paramedian neben dem Mittelfinger der palpierenden Hand,
welcher den oben liegenden Dorn von kaudal berührt und dadurch direkt auf dem
interspinalen Band median liegt. Nach Knochenkontakt und leichtem Zurückziehen,
Fixation des Konus der Kanüle mit Daumen und Zeigefinger der palpierenden Hand
und einmaliger trockener Aspiration injiziere ich 2 ml Procain 1 % ([
Abb. 6
]).
Abb. 6 Injektion nach Mink C5 rechts unter Fixation. (Foto: U. Günter)
Beim Spannungskopfschmerz empfiehlt sich aufgrund der sympathischen
perivaskulären Innervation der extrazerebralen Strukturen hier nun die Injektion
an das Ganglion stellatum in der modifizierten Technik nach Dosch, welcher das
Vorgehen nach Leriché, Fontaine und De Séze mit dem nach Herget verglich und
verbesserte [36]. Letzteres kann auch unter
Sonographie-Kontrolle erfolgen [37].
Ich empfehle zunächst die Rückenlagerung mit streng rotiertem Kopf nach
kontralateral je nach subjektiver Möglichkeit und leichter Anteversion des
Kopfes durch Unterpolstern eines Kissens oder einer Halbrolle. An der dorsalen
Grenze des M. sternocleidomastoideus palpiere ich nach Ausmessung (zwischen
Hälfte und unterem Drittel) das druckdolente Tuberculum caroticum mit der
gebeugten Fingerspitze des Mittelfingers der palpierenden Hand, gebe es zur
Desinfektion und Injektion mit einer mit 2 ml 1 %igem Procain gefüllten Spritze
und kurzer Kanüle (0,6 × 25 mm) frei. Sollte nicht unmittelbar Knochenkontakt
vorhanden sein, wiederhole ich die Palpation und Injektion je nach Schmerz und
Compliance des Patienten, welcher aufgefordert wird, entweder mit den Augen zu
zwinkern, der Hand zu klopfen oder mit dem Zeigen des Daumens nach „oben“ oder
„unten“ sein Befinden zu dokumentieren. Bei Knochenkontakt fixiere ich den Konus
wie oben beschrieben, aspiriere 2 × nach Drehung der Kanüle um ca. 90 Grad und
injiziere langsam unter o. g. Monitoring ([
Abb.
7
]).
Abb. 7 Beginn der Injektion an das Ggl. stellatum rechts unter
Palpation mit Kontakt am Tuberkulum caroticum vor Fixation und
Aspiration. (Foto: U. Günter)
Abschließend wird der Patient aufgesetzt, sodass das Lokalanästhetikum nach
kaudal zum eigentlichen Verschmelzungsort des Ganglions unter der tiefen Faszie
„fließen“ und die peripheren Zeichen der temporären Ausschaltung des Sympathikus
nach Horner (z. B. Ptosis oder Miosis) [38],
aber auch eine generalisiertere und in der HRV sofort erkennbare Sympathikolyse
bewirken kann.
Störfeldtherapie
Die tastbaren bzw. dolenten Punkte dorsal der Querfortsätze der Halswirbelkörper
1 bis 4 ([
Abb. 8
]), wie sie von Adler
erstmals bei Zahnerkrankungen und durch Langer zusätzlich bei Erkrankungen aller
Sinnes- und Hohlorgane des Kopfes aufgearbeitet wurden, können eine
diagnostische Hilfe bei der Suche nach chronisch latenten Entzündungen im
Kopf-Hals-Bereich sein [39], [40], [41],
[42].
Als conditio sine qua non sehe ich bei jedem chronisch rezidivierenden Schmerz
das Ortho-Pan-Tomogramm (OPT) ([
Abb.
9
]) bzw. Tomogramme der Zähne (z. B. DVT), wie es Lechner 2008
beschrieb [43].
Abb. 8 Palpation nach Adler und Langer mit Mittelfinger am Punkt 2
links unter Orientierung am Okziput mit Zeigefinger. (Foto: U. Günter)
Abb. 9 Ortho-Pan-Tomogramm (OPG) bei kraniomandibulärer
Dysfunktion und apikalem Herd 37 und 45. (Foto: U. Günter)
Seltener ist bei unauffälligem Befund ein Tomogramm der Nasennebenhöhlen
ratsam.
Im Falle von chronisch latenten Entzündungen bzw. neuralgieinduzierenden
cavitätsbildenden Osteolysen (NICO) der Kieferknochen [43] helfen prä- und postoperative Infiltrationen
der vestibulären und perisinusogenen Gewebe und Nozizeptoren in den auffälligen
Regionen (z. B. N. supraorbitalis, infraorbitalis, alveolaris superior sive
inferior) sowie an die Ganglien des 2. und 3. Trigeminusastes (Ggll. spheno-
sive pterygopalatinum et oticum) ([
Abb.
10
]). Zu jeder dieser Techniken sollte die Infiltration des Velum
palatinum bzw. der peritonsillären Submukosa sowie die Palpationskontrolle der
Adler-Langer-Druckpunkte gehören [41]. Ich
unterscheide dabei zwischen der schmerzhaften Quantität, was der Patient spürt
und der verquollenen Qualität, was nur der Untersucher fühlt und selten
unmittelbar post injectionem sistiert, sondern längerfristig zu kontrollieren
ist.
Abb. 10 Injektion an das Ganglion oticum rechts. (Foto: U. Günter)
Verlaufskontrolle
Neben der zwischenzeitlichen Anamnese helfen die von Stamer empfohlenen somatischen
Untersuchungskriterien wie der (Fehl)Stellung der Beckenknochen (Beckenverwringung),
der sogenannten Schlüsselsegmente nach Wander einschl. der Blockierung im ISG bzw.
SIG, der Segmente um Th10, Th4, C4 sowie der Kopfgelenke unter ggf. notwendiger
Schienentherapie der von Göbel 2012 erwähnten Biss- und Kieferrelationsstörungen
[44], [45].
Bei zu niedriger HRV, erschöpfendem Allgemeinzustand bzw. Schmerzpersistenz
veranlasse ich serologische Tests auf Zeichen einer adjuvant zu behandelnden Silent
Inflammation, einem Begriff, der schon seit den 1910er-Jahren von HNO-Ärzten genutzt
wird, bzw. einer sekundären Mitochondriopathie, die seit den 1960er-Jahren durch die
Pathologen beschrieben wird. Hierzu empfehle ich u. a. nach [46]:
Oft sind aber auch veränderte Metaboliten wie Vitamin D, Homocystein bzw. die
Vitamine B3 (Niacin), B6 (aktiv als P-5-P), B9
(Folsäure) und B12 (aktiv als Holo-Transcobalamin), Coenzym Q10 sowie das
von Göbel 2012 erwähnte Serotonin als Screening oder Verlaufskontrolle der
homotoxikologischen oder orthomolekularen Therapie zu bestimmen [47].
Letztendlich ist der Rückgang von Schmerz anhand einer VAS, der Myogelosen bzw.
Triggerpunkte, aber auch vegetativer Symptome, Fatigue- bzw. Stresszeichen in der
HRV bei verbesserter Lebensqualität der inhaltliche Erfolg.
Diskussion
Wie beim Kopfschmerz ist eine Differenzialdiagnostik zur genauen Einteilung der
Nackenschmerzen empfehlenswert.
Zur Begleitdiagnostik zählt aus meiner 25-jährigen Berufserfahrung neben der jungen
HRV-Messung auch die altbewährte und evidente serologische Abklärung einer chronisch
latenten Entzündung (Silent Inflammation) und einer zu Fatigue führenden
Mitochondriopathie, welche zum großen Teil in den Leistungskatalogen der Versicherer
enthalten sind.
Neben der fokussanierenden Therapie, wie es immer mehr Zahnärzte perfektionieren,
sind es antientzündliche, muskelbalancierende und sympathikolytische Maßnahmen in
Form von multimodaler, bio-psycho-sozialer Entspannungs-, Manual- und Neuraltherapie
neben der Akupunktur eine leitlinienverbessernde Option.
Die Leitlinien der DGN und DEGAM erwägen derzeit nur Injektionsbehandlungen von
Triggerpunkten bzw. bei parallelem Vorhandensein von Ohrenschmerzen und einer
Zervikalneuralgie.
Die Neuraltherapie als diagnostische und therapeutische Anwendung von
Lokalanästhetika ist parallel zur ärztlichen Ausbildung erlernbar, kostengünstiger
und ungefährlicher als eine fehlinterpretierte Arbeit von 1970 aufgrund der
Vasodilatation „allergisierte“.