Nervenheilkunde 2019; 38(11): 848-853
DOI: 10.1055/a-0949-1215
Schwerpunkt
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Vom Verschweigen zur späten Anerkennung der Opfer[ 1 ]

Umgang mit der Geschichte der Krankentötungen in Deutschland zwischen 1945 und 2010From the repression of information to the late recognition of the victims
Felix M. Böcker
1   Klinikum Burgenlandkreis, Naumburg
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04 November 2019 (online)

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ZUSAMMENFASSUNG

Anlässlich der Wanderausstellung der DGPPN über „kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus“ hat der Verfasser – vorwiegend anhand der eigenen Lektüre – den Versuch unternommen, den Umgang mit der Geschichte der Zwangssterilisierungen und Krankentötungen in den Jahren zwischen 1945 und 2010 nachzuzeichnen. Der Gang durch 7 Dekaden zeigt, dass mit der Dokumentation des Geschehenen unmittelbar nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur in den Jahren 1945 bis 1948 begonnen wurde, wobei es Hinweise auf eine aktive und systematische Unterdrückung der Publikation der Befunde durch die ehemaligen Täter gibt; erst nach der Enquête des Deutschen Bundestages zur Lage der Psychiatrie und mit fast 4 Jahrzehnten Verspätung ergaben immer mehr lokale und regionale Berichte ein allmählich dichter werdendes Gesamtbild. Die „Aufarbeitung der Aufarbeitung“ ist eine Zukunftsaufgabe, mit der erst kürzlich begonnen wurde.

ABSTRACT

An exhibition about the compulsory sterilizations and patient killings in Nazi Germany that has been organized by the German Psychiatric Association DGPPN and has travelled the world for five years now was the starting point for the author to remember his own reading over five decades. Immediately after the end of the second world war, the first reports about patient killings have been prepared between 1945 and 1948 by Gerhard Schmidt, Werner Leibbrand, Alexander Mitscherlich, Fred Mielke and Alice Platen-Hallermund, to name a few. A wide spread of their work was probably actively suppressed, and it took nearly four decades, until more and more detailed knowledge started to get published, leading to a rather late acknowledgement of the victims still alive. The work-up of this aspect of post-war history has just started.