Drug Res (Stuttg) 2019; 69(S 01): S23
DOI: 10.1055/a-0982-5154
Symposium der Paul-Martini-Stiftung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Demenz, Delir, Depression, Parkinsonsyndrom als mögliche Arzneimittelnebenwirkung im Alter

Agnes Flöel
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Prof. Dr. Agnes Flöel
Klinik für Neurologie
Universitätsmedizin Greifswald
Ferdinand-Sauerbruch-Straße
17475 Greifswald

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Publication Date:
15 November 2019 (online)

 

    Laut Arzneiverordnungsreport erhalten Menschen aus der Altersgruppe der über 65-Jährigen im Schnitt pro Quartal 4,6 verschiedene Wirkstoffe verordnet.

    Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) treten häufiger auf in dieser Altersgruppe aufgrund von zunehmender Beeinträchtigung von Pharmakokinetik und Pharmakodynamik. Wirkstoffe mit einem besonders hohen UAW-Risiko bei älteren Menschen werden als für diese Bevölkerungsgruppe potenziell inadäquate Medikation (PIM) bezeichnet. Diese Liste wurde zunächst in den USA veröffentlicht. In Deutschland erschien 2010 erstmals die daran angelehnte sogenannte PRISCUS-Liste (Holt S et al., 2010: Potenziell inadäquate Medikation für ältere Menschen: Die PRISCUS-Liste. Dtsch Arztebl 107: 543 – 551), die diese Medikamente aufzählt, und einen Überblick über mögliche Nebenwirkungen gibt. Kognitive Störungen sowie Delir sind die am häufigsten aufgeführten Nebenwirkungen, die zur Aufnahme in die PRISCUS-Liste führten. Blutungsrisiken, aber auch Depression und Parkinsonsyndrome sind ebenfalls sehr häufige Nebenwirkungen.

    In diesem Beitrag werden nach kurzer Übersicht über die pathophysiologischen Veränderungen, die bei demenziellen Erkrankungen, Delir, Depression und Parkinson-Syndromen auftreten, die Arzneimittelgruppen genannt, die diese Veränderungen imitieren bzw. verstärken können.

    Dazu gehören die anticholinerge Wirkung und die Verstärkung der GABA-ergen Hemmung der häufigen Demenz-auslösenden oder -verstärkenden Medikamente. Zu nennen sind hier u. a. Antidepressiva (z. B. Trizyklika), Sedativa und Hypnotika (v. a. Benzodiazepine und die sog. Z-Substanzen), Analgetika (v. a. Opioide und NSAR) sowie Anticholinergika (z. B. Urolytika).

    Bei häufigen Delir-auslösenden oder -verstärkenden Medikamenten liegt eine Interferenz mit Neurotransmittersystemen und hormonalen Systemen des ZNS sowie des Wasser- u. Elektrolythaushalts des ZNS zugrunde. Zu nennen sind hier u. a. die o. g. Antidepressiva, Lithium, Antiparkinsonmittel, o. g. Analgetika, Anticholinergika u. Sedativa; weiter Antihypertensiva mit zentraler Wirkung und Corticosteroide.

    Depressions-auslösende oder -verstärkende Medikamente entfalten ihre negative Wirkung über eine Interferenz mit dopaminergen oder serotonergen Neurotransmittersystemen. Hier sind auslösende Substanzen z. B. o. g. Sedativa und Hypnotika, Antihypertensiva wie das Reserpin, Antibiotika (insbesondere die Gyrasehemmer) sowie Antikonvulsiva wie das Topiramat.

    Ein medikamentöses Parkinsonoid wird erzeugt durch das Leeren der dopaminergen Speicher oder Dopamin-Rezeptor-Blocker, so z. B. Neuroleptika (typische mehr als „atpische“) sowie Antiemetika.


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    Autorinnen/Autoren

    Agnes Flöel

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    Prof. Dr. med., Klinik für Neurologie, Universitätsmedizin Greifswald

    Interessenkonflikt

    Die Autorin hat Beratungsgebühren von Bayer, Roche, Novartis und Biogen Idec., Vortragshonorare von Novartis, Boehringer Ingelheim, Lilly und Biogen Idec. und Lizenzgebühren aus dem Buch „Alzheimer – Unabwendbares Schicksal?“ erhalten.

    Korrespondenzadresse

    Prof. Dr. Agnes Flöel
    Klinik für Neurologie
    Universitätsmedizin Greifswald
    Ferdinand-Sauerbruch-Straße
    17475 Greifswald

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