Aktuelle Dermatologie 2019; 45(10): 428
DOI: 10.1055/a-0985-2786
Derma-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Untersuchung zum Umgang mit Betalaktamallergien in Europa durchgeführt

Torres MJ. et al.
A EAACI drug allergy interest group survey on how European allergy specialists deal with β-lactam allergy.

Allergy 2019;
74: 1052-1062
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Publication History

Publication Date:
08 October 2019 (online)

 

Betalaktamantibiotika gehören zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten weltweit. Im Kampf gegen bakterielle Infektionen sind diese zwar hoch effektiv, allerdings kann es bei bestimmten Patienten zu Hypersensitivitätsreaktionen kommen. M. J. Torres et al. haben nun den Einsatz von Betalaktamantibiotika in Europa untersucht und ermittelt, wie medizinische Zentren mit Betalaktamallergien umgehen.


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Die „European Academy of Allergology and Clinical Immunology“ (EAACI) „Drug Allergy Interest Group“ (DAIG) veröffentlichte in den Jahren 2003/2004 Leitlinien zur Evaluierung von Reaktionen auf Betalaktamantibiotika. Im Jahr 2009 erfolgte eine Aktualisierung. Zwischen Februar und April 2016 wurden Fragebögen zum Management von Betalaktamallergien an 82 DAIG-Zentren per E-Mail verschickt, 57 Zentren bearbeiteten die Fragebögen. Der 1. Teil des Fragebogens beschäftigte sich mit allgemeinen Informationen wie etwa dem Vorhandensein von nationalen Leitlinien zur Diagnose von Hypersensitivitätsreaktionen, der jährlichen Anzahl solcher Fälle pro Zentrum und welche Betalaktamantibiotika am häufigsten beteiligt waren. Der 2. Teil des Fragebogens ging auf die Diagnose und das Management von Betalaktamallergien ein (z. B. die Unterscheidung zwischen Reaktionen vom Soforttyp vs. verzögerte Reaktionen, die Anwendung von Leitlinien, diagnostische Tests und die Empfehlung alternativer Antibiotika).

Ergebnisse

In Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Portugal, Spanien, der Türkei sowie im Vereinigten Königreich existierten nationale Leitlinien zur Diagnose von Medikamentenallergien. Von den 57 berücksichtigten Zentren wendeten 53 (93 %) die DAIG-Leitlinien an. In 2 Zentren kamen nationale Leitlinien zum Einsatz, 2 weitere Zentren in Dänemark und der Schweiz richteten sich nach lokalen Vorgaben. In Bezug auf Allergietests (insbesondere Provokationstests) waren Abweichungen von den Empfehlungen der DAIG zu verzeichnen. 55 von 56 Zentren (98 %) nahmen eine Einstufung der Hypersensitivitätsreaktionen in unmittelbare bzw. verzögerte Reaktionen vor. In 32 Zentren wurden jährlich mehr als 100 Patienten mit Verdacht auf eine Betalaktamallergie evaluiert, in 15 Zentren waren es 50 – 100 Patienten, und in weiteren 10 Zentren lag die Zahl unter 50. Die Autoren stellten fest, dass eine Kombination aus Amoxicillin und Clavulansäure bzw. Amoxicillin alleine am häufigsten in Verdacht standen, eine Betalaktamallergie ausgelöst zu haben. Einzige Ausnahme war 1 Zentrum in Dänemark, hier war mutmaßlich Penicillin V der Hauptgrund für Hypersensitivitätsreaktionen.

Fazit

Die Studienergebnisse offenbaren zwischen europäischen Ländern und medizinischen Zentren innerhalb eines Landes deutliche Unterschiede beim Management von Betalaktamallergien. Laut den Autoren sei eine Reevaluation, Aktualisierung und Standardisierung aktueller Betalaktamallergie-Protokolle notwendig. Dabei sollten insbesondere Protokolle zu In-vitro-, Haut- und Provokationstests und im Fokus stehen.

Dr. Frank Lichert, Weilburg


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