JuKiP - Ihr Fachmagazin für Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 2019; 08(05): 218
DOI: 10.1055/a-0985-6698
BHK-Mitteilungen
Mitteilungen für die Mitglieder des Bundesverband Häusliche Kinderkrankenpflege e.V.
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Schnelle Hilfe in der Krise und langfristige Lösungsansätze im Blick – Strukturen des Case- und Care-Managements für versorgungsintensive Kinder in Berlin

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Publication Date:
07 October 2019 (online)

Bereits seit einigen Jahren zeigt sich, dass die bestehenden Berliner Hilfestrukturen zur Unterstützung von Kindern mit schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht ausreichen. Aufgrund der sektorenübergreifenden Leistungsansprüche dieser Kinder, kommt es immer wieder zu Schwierigkeiten in der Ausgestaltung individueller Versorgungssettings. 2016 griffen Prof. Thomas Klie und Dr. Christine Bruker in einer Expertise das Thema auf und empfahlen eine Stärkung der Berliner Case und Care Managementstrukturen. Case und Care Management bezeichnet dabei eine Methode der Fallbegleitung, die eine organisierte und bedarfsgerechte, auf den einzelnen Fall zugeschnittene Versorgung sicherstellt und über Vernetzung Rückschlüsse auf strukturelle Problemlagen des allgemeinen Versorgungssystems ermöglicht. Grund ist das sehr ausdifferenzierte Unterstützungsangebot, in dem sich selbst die Beratungsstrukturen auf nur einzelne Sektoren des Sozialsicherungssystems beziehen, und helfende Einrichtungen bzw. Behörden nicht zwingend verzahnt miteinander agieren. Für Familien ein schier undurchschaubarer Dschungel an Zuständigkeiten – je komplexer die Fallkonstellation, desto mehr Akteure mit ihrer jeweils eigenen Systemlogik sind in die Versorgung einbezogen.

Im März 2018 wurde daher die Versorgungskoordination für Familien mit versorgungsintensiven Kindern und Jugendlichen – kurz VK KiJu – durch die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung modellhaft implementiert. Ziel des Modellvorhabens ist die Sicherung der bedarfsgerechten gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung und die Teilhabe von im medizinisch-pflegerischen Sinne versorgungsintensiven Kindern bei einer gleichzeitigen Verbesserung der subjektiven Lebensqualität der ganzen Familie. Im Rahmen eines Case Managements sollen gemeinsam mit der Familie sinnstiftende und passgenaue Wege gefunden werden, um aktuelle Problemlagen und daraus resultierende Versorgungsdefizite zu lösen. Dabei fungieren die Case-Manager der VK KiJu als Lotsen. Sie suchen die betreffenden Familien in ihrer Häuslichkeit auf, begleiten zu Terminen und erstellen gemeinsam mit den Familien einen Hilfeplan. Für die Durchführung wurden drei Träger mit Erfahrungen im Bereich der sozialmedizinischen Nachsorge nach dem Modell „Bunter Kreis“ ausgewählt. Diese sind der „Kindergesundheitshaus e. V.“, der „Traglinge e. V.“ sowie die „Björn-Schulz-Stiftung“, die als Träger der örtlichen Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung für Kinder und Jugendliche (SAPV-KJ) weitere Erfahrungen mitbringt.

VK KiJu ist als nachgeordnetes und kooperierendes Angebot zu den bereits bestehenden regelhaften Angeboten an Beratung und Unterstützung konzipiert. Zugang erhalten Familien in extremen Belastungssituationen, die die gesundheitliche, pflegerische und therapeutische Versorgung des Kindes gefährden. Beispielsweise wenn der Pflegedienst für die ambulante Beatmungspflege gekündigt hat, oder aufgrund familiärer Veränderungen die Pflege nicht mehr ausreichend gesichert ist. Auch Probleme der Teilhabe in Kita und Schule, die sich aus der Pflegebedürftigkeit der Kinder ergeben, oder ein räumlicher Mehrbedarf sind auslösende Faktoren, die den Einsatz von VK KiJu begründen.

Während die VK KiJu-Teams die Unterstützung auf Einzelfallebene umsetzen, führt die ebenfalls durch die Senatsgesundheitsverwaltung zuwendungsfinanzierte Fachstelle MenschenKind, das Care Management, also die Vernetzung auf Systemebene durch. Hier fließen systemrelevante Informationen rund um die Versorgung von chronisch kranken Kindern in Berlin zusammen, sodass Rückschlüsse auf strukturelle Problemlagen, die das ganze System und nicht nur den Einzelfall betreffen, ermöglicht werden. Notwendige Anpassungsbedarfe können im Netzwerk reflektiert und dann an Politik, Verwaltung und den durch die Berliner Senatsjugendverwaltung eingerichteten „Fachbeirat Care Management für versorgungsintensive Kinder und Jugendliche“ zurückgemeldet werden.

Damit steht in Berlin eine gut durchdachte Unterstützungsstruktur zur Verfügung, die sowohl schnelle Hilfe für die Familien bietet, als auch langfristige Lösungsansätze für systemrelevante Problemlagen verfolgt.

Benita Eisenhardt, Rehabilitationspädagogin bei „MenschenKind – Fachstelle für die Versorgung chronisch kranker und pflegebedürftiger Kinder“ unter Trägerschaft des Humanistischen Verbands Deutschland, Landesverband Berlin-Brandenburg KdöR.

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