Einleitung
Hauterkrankungen gehören zu den häufigsten Krankheiten. Nach der “Global Burden of
Disease Study” waren Hautkrankheiten weltweit die vierthäufigste Ursache für Behinderungen
[1]. Neben chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen wie der Psoriasis und dem atopischen
Ekzem und malignen Erkrankungen wie dem malignen Melanom und dem Non-Melanoma Skin
Cancer (NMSC) wird die hautbezogene Morbidität wesentlich durch infektiöse Erkrankungen
des Hautorgans geprägt. Während nur wenige Daten über die medizinökonomische Bedeutung
von Infektionen der Haut vorliegen [2], zeigen neue versorgungswissenschaftliche Daten, dass Hautinfektionen häufig als
Notfälle, auch in interdisziplinären Notaufnahmen, versorgt werden und zu stationären
Behandlungen führen [3]. Dies unterstreicht die Bedeutung der Prävention von Infektionen des Hautorgans,
soweit diese evidenzbasiert möglich ist.
Impfungen spielen bei der Prävention von Infektionskrankheiten eine wesentliche Rolle.
Das Prinzip der Impfung besteht darin, den Schutz vor einem Krankheitserreger durch
Simulation seiner natürlichen Interaktion mit dem menschlichen Immunsystem zu induzieren.
Der Impfstoff reduziert so das Risiko von Morbidität und Mortalität nach anschließender
Exposition gegenüber einem Infektionserreger; Morbidität und Mortalität an zahlreichen
Infektionskrankheiten konnten so in den vergangenen Jahrzehnten erheblich reduziert
werden. Umso beunruhigender ist unter Public Health-Gesichtspunkten, dass die Impfrate
gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten und Masern stagniert oder durch eine wissenschaftlich
unfundierte Impfverweigerung, auch in Deutschland, sogar rückläufig ist [4].
Es erscheint historisch bemerkenswert, dass sich die erste erfolgreiche Impfung im
18. Jahrhundert gegen die potenziell letale, seinerzeit in Epidemien grassierende
Hautkrankheit Pocken richtete, auch wenn die Inauguration der Pockenimpfung durch
Edward Jenner mittlerweile als Mythos entlarvt wurde [5] und der Verdienst der ersten erfolgreichen Impfung durch Übertragung von Kuhpocken
auf einen menschlichen Impfling Benjamin Jesty gebühren dürfte. Obwohl die Pocken
nach globalen Impfkampagnen durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 1979 als ausgerottet
erklärt wurden, ist nicht auszuschließen, dass nicht alle Pockenvirus-Vorräte aus
dem sowjetischen Biowaffenprogramm vollständig vernichtet wurden und damit weiterhin
ein Pockenrisiko, insbesondere durch Bioterrorismus, besteht [6]. Ein Risiko ergibt sich auch aus den früher in nahezu jedem Virus-Labor vorhandenen
Pockenvirusstämmen, obwohl solche Laborvorräte auf Bitten der WHO vernichtet oder
in eines der beiden WHO-Referenzzentren abgegeben worden sein sollten. Nach einem
vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG), dem Robert Koch-Institut und den Bundesländern
erarbeiteten Konzept für eine Pockenschutzimpfung wurden daher in Deutschland Vakzine
für den – unwahrscheinlichen – Fall eines Pockenausbruchs eingelagert [7].
Nach der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2018 der Bundesärztekammer müssen Hautärzte
Handlungskompetenz, d. h. Erfahrungen und Fertigkeiten in der Prophylaxe von Infektionen
des Hautorgans bzw. von sexuell übertragbaren Infektionen (STI) erwerben [8]. Dazu gehören auch Kompetenzen in der Prävention von infektiösen Hautkrankheiten
durch Impfen. Während in den vergangenen Jahrzehnten Dermatologen am Impfgeschehen
in Deutschland wenig beteiligt waren, da dies überwiegend von Pädiatern, Hausärzten
und Tropenmedizinern bestimmt wurde, hat sich dies in den vergangenen Jahren durch
die verstärkten Aktivitäten in der Tropen- und Reisedermatologie [9]
[10]
[11] und durch die Einführung neuer Impfstoffe und Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission
(STIKO) geändert.
Nachdem die STIKO eine HPV-Impfung 2007 zunächst ausschließlich für Mädchen, initial
von 12 – 17, mittlerweile von 9 – 14 Jahren empfohlen hatte [12], empfiehlt die STIKO die HPV-Impfung nunmehr auch für Jungen von 9 – 14 Jahren (Nachholimpfung
bis 17 Jahre) [13]. Damit wurde diese Impfung durch die GKV (und die meisten PKV) in Deutschland erstattungspflichtig.
Dermatologen betreuen zahlreiche Jugendliche in diesem Alter, z. B. im Rahmen einer
Akne-Therapie, und sollten daher diese Impfung empfehlen und durchführen können.
Für den Zoster ist seit einigen Jahren eine attenuierte Lebendvakzine erhältlich;
mit diesem lässt sich das Risiko für die Reaktivierung von Varizella-Zoster-Viren
verringern. Sie wird aber wegen der unzureichenden Effektivität gerade bei sehr alten
Menschen nicht mehr von der STIKO empfohlen. Seit 2018 empfiehlt die STIKO allen Personen
ab 60 Jahre die Zoster-Schutzimpfung mit dem Totimpfstoff als Standardimpfung. Personen
mit einer Grundkrankheit oder Immunschwäche empfiehlt die Kommission die Impfung bereits
ab einem Alter von 50 Jahren (Indikationsimpfung). Die Versorgung von Patienten mit
Zoster erfolgt wesentlich durch Dermatologen in Klinik und Praxis; ferner versorgen
Dermatologen zahlreiche ältere Patienten mit Hautkrebs und auch mit chronischer Immunsuppression,
sodass sie auch für diese Patientengruppe bez. der Zoster-Impfung wichtige ärztliche
Ansprechpartner sind.
Der Erwerb von Kenntnissen im Impfen ist Teil der ärztlichen Ausbildung; die Ärztekammern
in Deutschland bieten darüber hinaus seit vielen Jahren Impfkurse an. Spezialisierte
Impfkurse für Dermatologen fehlen allerdings bisher im Angebot für die dermatologische
Weiter- und Fortbildung. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass in der Literatur
Lücken im dermatologischen Impfmanagement konstatiert wurden [14].
Zertifizierungs-Curriculum „Impfen für Dermatologen (DDA)“
Das Curriculum „Impfen für Dermatologen (DDA)“ füllt diese Lücke und führt qualitätsgesichert
zum Zertifikat „Impfen für Dermatologen (DDA)“ ([Tab. 1]).
Tab. 1
Curriculum zur Zertifizierung „Impfen für Dermatologen (DDA)“.
Inhalt
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Inhaltliche Hinweise / Präzisierung
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Dauer (ca.)
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Material
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Begrüßung
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15'
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Folien
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Notwendigkeit und Zielstellungen von Impfungen, Impfsituation in Deutschland
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30'
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Literatur und Folien (*.pdf auf CD)/Begleitheft
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Impfarten und Umgang mit Impfstoffen, Technische Anforderungen beim Impfen, Impfmanagement
in der Praxis
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60'
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Literatur und Folien (*.pdf auf CD)/Begleitheft
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Rechtsfragen beim Impfen
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30'
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Literatur und Folien (*.pdf auf CD)/Begleitheft
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Standardimpfungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
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120'
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Literatur und Folien (*.pdf auf CD)/Begleitheft
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Indikationsimpfungen
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105'
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Literatur und Folien (*.pdf auf CD)/Begleitheft
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Spezielle Impfungen für Dermatologen
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30'
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Literatur und Folien (*.pdf auf CD)/Begleitheft
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Echte und falsche Kontraindikationen beim Impfen
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45'
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Literatur und Folien (*.pdf auf CD)/Begleitheft
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Finanzierung, Verordnung und Abrechnung von Impfungen
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30'
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Literatur und Folien (*.pdf auf CD)/Begleitheft
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Assessment
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15'
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Fragebögen
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Seminar
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480'
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Das Curriculum ist eine ganztägige Veranstaltung (8 Stunden), die die Theorie und
Praxis der Impfkunde umfassend vermittelt. Das Curriculum kann ggf. auch modular im
Rahmen von Tagungen der DDG oder des BvDD angeboten werden.
Das Curriculum geht nach einer Übersicht über die Notwendigkeit und Zielstellungen
von Impfungen und die Impfsituation in Deutschland ein auf die Impfarten und den Umgang
mit Impfstoffen sowie technische Anforderungen beim Impfen und das Management des
Impfens in Klinik und Praxis. Nach einer Besprechung der Rechtsfragen beim Impfen
werden die Standard- und die Indikationsimpfungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission und die Impfkalender mit Auffrischungs-
und Ergänzungsimpfungen behandelt. Ein eigener Vortrag ist den speziellen Impfungen
für den Dermatologen (insbesondere HPV, Herpes zoster) gewidmet. Mögliche Kontraindikationen
beim Impfen sowie Finanzierung, Verordnung und Abrechnung von Impfungen werden in
den abschließenden Modulen behandelt. Hier werden u. a. die Fragen zu Impfungen bei
Patienten mit schweren Dermatosen unter Biologics-Therapie (Psoriasis, Urtikaria,
atopisches Ekzem) behandelt. Abgeschlossen wird das Seminar mit einer Erfolgskontrolle
(CME-Fragen).
Für den Erhalt des Zertifikats ist die Teilnahme an einem Qualitätszirkel innerhalb
von 5 Jahren vorgesehen; dieser baut auf dem Zertifizierungs-Seminar auf und vermittelt
aktuelle Entwicklungen im Impfwesen, insbesondere Aktualisierungen der STIKO-Empfehlungen.
Erwünscht sind insbesondere Falldiskussionen; die Teilnehmer werden ausdrücklich eingeladen,
eigene Fälle und Probleme bei Impferfahrungen aus ihrer Praxis mitzubringen.
Der Seminartag wird über die Landesärztekammer und die DDA mit 9 Punkten zertifiziert.
Nach Meldung an die zuständige Ärztekammer kann das Zertifikat im Praxisschild, im
Briefkopf und auf der Praxis-Homepage geführt werden.
Zusammenfassung
Das Curriculum für den Erwerb des Zertifikats „Impfen für Dermatologen (DDA)“ vermittelt
in kompakter Weise die praxisrelevanten Kenntnisse, um eine qualitätsgesicherte dermatologische
Impf-Beratung durchzuführen und Dermatologen zum Impfen bei fachspezifischen Indikationen
zu motivieren und zu befähigen.
Aktuelle Informationen zum Zertifikat und zu Zertifikatsveranstaltungen sind verfügbar
über die Webpage der DDA: https://www.akademie-dda.de/.