Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2020; 55(07/08): 442-452
DOI: 10.1055/a-0987-2096
Topthema
CME-Fortbildung

Anästhesie für Patienten nach Transplantation abdomineller Organe

Anaesthesia in Patients after Transplantation of Solid Abdominal Organs
Susanne Greve
,
Thomas Palmaers
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Zusammenfassung

Eine immer weiterentwickelte und erfolgreiche Transplantationsmedizin sorgt für eine große Zahl an lebenden transplantierten Patienten. Ein anästhesiologisch tätiger Arzt muss damit rechnen, mit einem solchen Patienten in Berührung zu kommen. Neben der präoperativen Beurteilung der Vorerkrankungen, inklusive der Funktion des transplantierten Organs, kommt auch der Immunsuppression eine bedeutende Rolle zu. Diese muss perioperativ immer sorgfältig fortgeführt werden. Ein striktes Einhalten aller hygienischen Vorschriften ist bei diesen Patienten aufgrund der Immunsuppression und des damit verbundenen erhöhten Infektionsrisikos essenziell. Dazu gehört auch die strenge Nutzen-Risiko-Bewertung aller invasiven Maßnahmen.

Bei der Durchführung der Anästhesie und dem Einsatz der Anästhetika zeigen sich für diese Patienten keine wesentlichen Unterschiede zu nicht transplantierten Patienten, vielmehr muss hier das Augenmerk auf eine ausgeglichene Homöostase aller Organsysteme gerichtet werden.

Die Zahl transplantierter Patienten in Deutschland ist hoch – somit auch die Wahrscheinlichkeit für einen anästhesiologisch tätigen Arzt, auf solche Patienten zu treffen. Dann sind für deren Vorbereitung bestimmte pathophysiologische Aspekte sowie ggf. Interaktionen von Immunsuppressiva mit Anästhetika zu beachten. Diese Übersicht geht auf die abdominellen Organtransplantationen mit ihren speziellen Implikationen für die Anästhesie ein.

Abstract

An ever-evolving and successful transplantation medicine is providing a large number of living patients after solid organ transplantation. Anaesthetists should therefore be prepared to come into contact with such a patient. In addition to the preoperative assessment of the pre-existing diseases, including the function of the transplanted organ, immunosuppression also plays an important role. Immunosuppression must always be continued perioperatively. Strict adherence to all hygienic regulations is essential in these patients due to immunosuppression and the associated increased risk of infection and sepsis. This includes the strict risk-benefit assessment of all invasive procedures.

There are no significant differences between the anaesthetic approaches and agents in transplant and non-transplant patients. However, in the first group, homeostasis of all organ systems should be more focused on.

Kernaussagen
  • In Deutschland leben aktuell mehr als 17 000 Menschen mit transplantierten Organen.

  • Bei der präoperativen Beurteilung ist die Transplantatfunktion von Bedeutung. Ansonsten gelten dieselben Anforderungen für die präoperative Diagnostik wie für Patienten ohne Transplantation.

  • Die Immunsuppression muss perioperativ fortgeführt werden. Im Zweifelsfall soll immer die zuständige Transplantationsambulanz konsultiert werden.

  • Ein streng hygienisches Vorgehen ist bei Immunsuppression obligat.

  • Sowohl Regionalanästhesieverfahren als auch die Allgemeinanästhesie können bei allen Patienten nach Transplantation eingesetzt werden.

  • Muskelrelaxanzien können eine verlängerte Wirkdauer haben, daher sollte immer ein neuromuskuläres Monitoring angewendet werden.

  • Bei transplantierten Patienten besteht aufgrund der Immunsuppression häufig eine Niereninsuffizienz.

  • Bei Patienten nach Nierentransplantation ist immer mit einer erheblichen kardiovaskulären Komorbidität zu rechnen.

  • Für Bluttransfusionen gelten dieselben strengen Indikationen wie für nicht transplantierte Patienten. Erythrozytenkonzentrate sollten leukozytendepletiert sein. CMV-negative Patienten sollen nur CMV-negative Erythrozytenkonzentrate erhalten.



Publication History

Article published online:
31 July 2020

Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York