Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2020; 55(07/08): 486-492
DOI: 10.1055/a-1009-3515
Leitlinien in der Praxis

Leitlinien in der Praxis: Hygieneempfehlungen für die Regionalanästhesie

Recommendations on Hygiene in Regional Anaesthesia
Thomas Volk
,
Christine Kubulus
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Zusammenfassung

Die wahre Inzidenz von Infektionskomplikationen im Zusammenhang mit Regionalanästhesie und -analgesie ist unbekannt, aber wie bei allen invasiven Verfahren besteht die Gefahr schwerer Folgeschäden. Dieser Beitrag gibt einen Überblick zu Hygienemaßnahmen basierend auf der S1-Leitlinie „Hygieneempfehlungen für die Regionalanästhesie“, aktuellen Empfehlungen des Robert Koch-Instituts und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Grundlegende hygienische Standards (Ablegen von Schmuck, gründliche Händedesinfektion, saubere Umgebung) sind anzuwenden. Ein Mund-Nasen-Schutz, eine Kopfhaube und sterile Handschuhe sind ein essenzieller Bestandteil jeder Regionalanästhesie. Für Katheterverfahren soll zusätzlich ein steriler langärmliger Kittel getragen werden, außerdem ist ein steriler Überzug für die Ultraschallsonde zu verwenden (beim Legen eines Katheters auch eine sterile Ummantelung des Zuleitungskabels). Hautdesinfektionsmittel sollten alkoholbasiert sein und eine Substanz mit Remanenzwirkung enthalten (z. B. Chlorhexidin oder Octenidin). Bei thorakalen Epiduralanästhesien eignet sich das Tunneln zur Infektionsprophylaxe. Unter Berücksichtigung von patientenbezogenen Faktoren (Diabetes, Adipositas, Immunsuppression) und je nach Verfahren (geplante Katheternutzung > 4 Tage, Einstichstelle des Katheters) kann eine Antibiotika-Prophylaxe in Erwägung gezogen werden.

Konsequentes Hygienemanagement ist essenziell, um Infektionen bei Regionalanästhesieverfahren zu vermeiden. Hygieneempfehlungen für die Anlage und weiterführende Versorgung von Regionalanästhesieverfahren wurden 2006 vom Wissenschaftlichen Arbeitskreis Regionalanästhesie der DGAI erarbeitet und 2014 aktualisiert. Die Inhalte sollten jedem Anästhesisten, der Regionalanästhesien durchführt, geläufig und selbstverständlich in alle Arbeitsschritte integriert sein.

Abstract

The true incidence of infectious complications related to regional anaesthesia and analgesia is not known but like any invasive procedure is has the potential for severe sequelae. This article gives an overview on hygiene requirements based on the S1-guideline „Hygiene recommendations on regional anaesthesia“, current recommendations of the Robert Koch-Institute and current scientific insights. Basic hygienic standards (removal of jewellery, accurate hand disinfection, clean environment) are to be applied. A face mask to cover nose and mouth, a surgical hair cap and sterile gloves are essential parts of any block. For catheter placements a sterile gown with long arms is recommended and also a sterile cover for the ultrasound probe (including the cable when catheters are placed). Skin disinfectant should be alcohol-based and contain a remanent ingredient (chlorhexidine or octenidine). Catheter tunneling may be protective when thoracic epidural catheters are used. When patient related factors (diabetes, obesity, immune suppression) and procedural factors (intended catheter use > 4 days, catheter site) are carefully weighed, an antibiotic prophylaxis may be taken into consideration.

Kernaussagen
  • Allgemeine Hygienestandards der Regionalanästhesie sind:

    • Ablegen von Schmuck,

    • Tragen einer Kopfhaube und eines korrekt sitzenden Mund-Nasen-Schutzes,

    • sorgfältige hygienische Händedesinfektion,

    • sterile Handschuhe.

  • Für Katheterverfahren sollen zusätzlich sterile langärmlige Kittel getragen werden.

  • Bei thorakalen Epiduralanästhesien eignet sich das Tunneln zur Infektionsprophylaxe.

  • Eine antibiotische Prophylaxe für Katheterverfahren bei ausgewählten Risikopatienten kann erwogen werden.

  • Bei der Desinfektion ist auf eine flächendeckende und lückenlose Benetzung des Punktionsgebietes während der gesamten Einwirkzeit zu achten.

  • Die täglichen Visiten beinhalten eine sorgfältige Erhebung und Dokumentation der relevanten Befunde und das konsequente Einleiten adäquater Maßnahmen.

  • Ein Abweichen von den dargelegten Vorgaben aus vorgeschobenen Gründen (Zeitdruck o. Ä.) erhöht das Risiko für lebensbedrohliche Komplikationen und ist nicht entschuldbar.



Publication History

Article published online:
31 July 2020

Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York