Geburtshilfe Frauenheilkd 2019; 79(12): 1293-1308
DOI: 10.1055/a-1017-3478
GebFra Science
Guideline/Leitlinie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Diagnostik und Therapie vor einer assistierten reproduktionsmedizinischen Behandlung. Leitlinie der DGGG, OEGGG und SGGG (S2k Level, AWMF-Registernummer 015-085, Februar 2019) – Teil 2, Hämostaseologie, Andrologie, Humangenetik und Z. n. onkologischen Erkrankungen

Article in several languages: English | deutsch
Bettina Toth
1   Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Universitätsklinikum Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
Dunja Maria Baston-Büst
2   Frauenklinik, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Germany
,
Hermann M. Behre
3   Zentrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie, Universitätsklinikum Halle (Saale), Halle (Saale), Germany
,
Alexandra Bielfeld
2   Frauenklinik, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Germany
,
Michael Bohlmann
4   Zentrum für Gynäkologie und Geburtshilfe, St. Elisabethen-Krankenhaus Lörrach, Lörrach, Germany
,
Kai Bühling
5   Abteilung für gynäkologische Endokrinologie, Klinik und Poliklinik für Gynäkologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
,
Ralf Dittrich
6   Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany
,
Maren Goeckenjan
7   Frauenklinik, Universitätsklinikum Dresden, Dresden, Germany
,
Katharina Hancke
8   Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinik Ulm, Ulm, Germany
,
Sabine Kliesch
9   Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie, Abteilung für Klinische und Operative Andrologie, Universitätsklinik Münster, Münster, Germany
,
Frank-Michael Köhn
10   Andrologicum München, München, Germany
,
Jan Krüssel
2   Frauenklinik, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Germany
,
Ruben Kuon
11   Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Germany
,
Jana Liebenthron
2   Frauenklinik, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Germany
,
Frank Nawroth
12   Amedes Hamburg, Hamburg, Germany
,
Verena Nordhoff
13   Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie, Universitätsklinik Münster, Münster, Germany
,
Germar-Michael Pinggera
14   Universitätsklinik für Urologie, Universitätsklinikum Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
Nina Rogenhofer
15   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Ludwig-Maximilians-Universität München, München, Germany
,
Sabine Rudnik-Schöneborn
16   Sektion für Humangenetik, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
Hans-Christian Schuppe
17   Klinik und Poliklinik für Urologie, pädiatrische Urologie und Andrologie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH – Standort Gießen, Gießen, Germany
,
Andreas Schüring
18   UKM Kinderwunschzentrum, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
,
Vanadin Seifert-Klauss
19   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde, Technische Universität München, München, Germany
,
Thomas Strowitzki
11   Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Germany
,
Frank Tüttelmann
20   Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
,
Kilian Vomstein
1   Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Universitätsklinikum Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
Ludwig Wildt
1   Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Universitätsklinikum Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
Tewes Wischmann
21   Institut für medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Germany
,
Dorothea Wunder
22   Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinik Lausanne, Lausanne, Switzerland
,
Johannes Zschocke
16   Sektion für Humangenetik, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Austria
› Author Affiliations
Further Information

Correspondence/Korrespondenzadresse

Dr. Kilian Vomstein
Universitätsklinikum Innsbruck
Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Anichstraße 35
6020 Innsbruck
Austria   

Publication History

received 19 September 2019

accepted 23 September 2019

Publication Date:
11 December 2019 (online)

 

Zusammenfassung

Einleitung Die Begleitung von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch vor einer ART ist eine multidisziplinäre diagnostische und therapeutische Herausforderung. Im Februar 2019 erschien die erste deutschsprachige interdisziplinäre S2k-Leitlinie für die „Diagnostik und Therapie vor einer assistierten reproduktionsmedizinischen Behandlung (ART)“. Die Leitlinienerstellung erfolgte im Rahmen des Leitlinienprogrammes der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) in Kooperation mit der Schweizer Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) und der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG).

Ziel Ein Drittel der Ursachen für Kinderlosigkeit bleibt unklar, auch wenn es eine Vielzahl an möglichen Risikofaktoren aufseiten der Frau und des Mannes gibt. Aufgrund der immer noch vorhandenen Tabuisierung des Themas sind die Paare teilweise sozial isoliert und wenden sich oftmals erst spät an ein Kinderwunschzentrum. Derzeit besteht kein einheitliches Behandlungskonzept, da keine fächerübergreifenden Handlungsanweisungen zur Diagnostik und Therapie der Infertilität vorliegen. Ziel der Leitlinie ist es, dem behandelnden Arzt/Ärztin im Rahmen der Beratung, diagnostischen Abklärung und Behandlung evidenzbasierte Empfehlungen anzubieten.

Methoden Diese S2k-Leitlinie wurde durch einen strukturierten Konsens von repräsentativen Mitgliedern verschiedener Fachgesellschaften im Auftrag der Leitlinienkommission der DGGG entwickelt.

Empfehlungen In diesem 2. Teil der Publikation der Leitlinie wird neben der hämostaseologischen Abklärung der Frau die weitere Abklärung des Paares in Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen wie Andrologen, Humangenetikern und Onkologen beschrieben.


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I  Leitlinieninformationen

Leitlinienprogramm der DGGG, OEGGG und SGGG

Informationen hierzu finden Sie am Ende der Leitlinie.


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Zitierweise

Diagnosis and Treatment Before Assisted Reproductive Treatments. Guideline of the DGGG, OEGGG and SGGG (S2k Level, AWMF Register Number 015-085, February 2019) – Part 2, Hemostaseology, Andrology, Genetics and History of Malignant Disease. Geburtsh Frauenheilk 2019; 79: 1293–1308


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Leitliniendokumente

Die vollständige Langfassung und eine DIA-Version dieser Leitlinie sowie eine Aufstellung der Interessenkonflikte aller Autoren befinden sich auf der Homepage der AWMF: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-085.html


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Leitliniengruppe

Siehe [Tab. 1] und [2].

Tab. 1 Federführender und/oder koordinierender Leitlinienautor.

Autor/in

AWMF-Fachgesellschaft

Prof. Dr. B. Toth

Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V.(DGGG)

Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (ÖGGG)

Deutsche Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin (DGGEF)

Tab. 2 Beteiligte Leitlinienautoren/innen.

Autor/in

Mandatsträger/in

DGGG-Arbeitsgemeinschaft (AG)/AWMF/Nicht-AWMF-Fachgesellschaft/Organisation/Verein

Dr. Dunja Maria Baston-Büst

Expertin

Prof. Dr. Hermann M. Behre

Deutsche Gesellschaft für Andrologie (DGA)

Prof. Dr. Michael Bohlmann

Arbeitsgemeinschaft Immunologie in der DGGG

Prof. Dr. Kai Bühling

Deutsche Gesellschaft für Frauengesundheit (DGF)

Prof. Ralf Dittrich

Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)

Dr. Maren Goeckenjan

Steuergruppe

Prof. Dr. Katharina Hancke

Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (DGRM)

Prof. Dr. Alexandra Bielfeld

Expertin

Prof. Dr. Sabine Kliesch

Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU)

Prof. Dr. Frank-Michael Köhn

Deutsche Gesellschaft für Andrologie (DGA)

Prof. Dr. Jan Krüssel

Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (DGRM)

PD Dr. Ruben Kuon

Experte

Dr. Jana Liebenthron

Steuergruppe

Prof. Dr. Frank Nawroth

Experte

PD. Dr. Verena Nordhoff

Arbeitsgemeinschaft Reproduktionsbiologie des Menschen (AGRBM)

Univ. Prof. h. c. Dr. Germar-Michael Pinggera

Österreichische Gesellschaft für Urologie (ÖGU)

Prof. Dr. Nina Rogenhofer

Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Arbeitsgemeinschaft Immunologie in der DGGG

Prof. Dr. Sabine Rudnik-Schöneborn

Deutsche Gesellschaft für Humangenetik e. V. (GfH)

Österreichische Gesellschaft für Humangenetik (ÖGH)

Prof. Dr. Hans-Christian Schuppe

Deutsche Gesellschaft für Andrologie (DGA)

Prof. Dr. Andreas Schüring

Experte

Prof. Dr. Vanadin Seifert-Klauss

Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)

Prof. Dr. Thomas Strowitzki

Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG)

Prof. Dr. Frank Tüttelmann

Deutsche Gesellschaft für Andrologie (DGA)

Dr. Kilian Vomstein

Steuergruppe

Prof. Dr. Ludwig Wildt

Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG)

Prof. Dr. Tewes Wischmann

Deutsche Gesellschaft für Kinderwunschberatung (BKiD)

PD. Dr. Dorothea Wunder

Schweizer Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG)

Prof. Dr. Johannes Zschocke

Deutsche Gesellschaft für Humangenetik e. V. (GfH)

Österreichische Gesellschaft für Humangenetik (ÖGH)

Die Moderation der Leitlinie wurde dankenswerterweise von PD Dr. Helmut Sitter (AWMF-zertifizierter Leitlinienberater/-moderator) übernommen.


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II  Leitlinienverwendung

Fragestellung und Ziele

Ziel der vorliegenden Leitlinie ist es, die Diagnostik und Therapie vor einer ART anhand der aktuellen Literatur und nationaler/internationaler Leitlinien evidenzbasiert zu standardisieren.

Dies erfolgt unter Verwendung einheitlicher Definitionen, objektivierter Bewertungsmöglichkeiten und standardisierter diagnostischer und therapeutischer Protokollen.


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Versorgungsbereich

  • ambulanter Versorgungssektor

  • primär- und fachärztliche Versorgung


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Anwenderzielgruppe/Adressaten

Die Empfehlungen der Leitlinie richten sich an Frauenärztinnen und -ärzte sowie urologisch, andrologisch, humangenetisch, psychotherapeutisch, labormedizinisch, hämostaseologisch, internistisch und allgemeinmedizinisch tätige Kolleginnen und Kollegen und andere Angehörigen von Berufsgruppen, die mit der Betreuung von Paaren mit Kinderwunsch befasst sind.

Weitere Adressaten sind (zur Information):

  • Pflegekräfte

  • Angehörige


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Verabschiedung und Gültigkeitsdauer

Die Gültigkeit dieser Leitlinie wurde durch die Vorstände/Verantwortlichen der beteiligten Fachgesellschaften/Arbeitsgemeinschaften/Organisationen/Vereine sowie durch den Vorstand der DGGG und der DGGG-Leitlinienkommission sowie der SGGG und OEGGG im Januar 2019 bestätigt und damit in ihrem gesamten Inhalt genehmigt. Diese Leitlinie besitzt eine Gültigkeitsdauer von 01.02.2019 bis 31.01.2022. Diese Dauer ist aufgrund der inhaltlichen Zusammenhänge geschätzt.


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III  Methodik

Grundlagen

Die Methodik zur Erstellung dieser Leitlinie wird durch die Vergabe der Stufenklassifikation vorgegeben. Das AWMF-Regelwerk (Version 1.0) gibt entsprechende Regelungen vor. Es wird zwischen der niedrigsten Stufe (S1), der mittleren Stufe (S2) und der höchsten Stufe (S3) unterschieden. Die niedrigste Klasse definiert sich durch eine Zusammenstellung von Handlungsempfehlungen, erstellt durch eine nicht repräsentative Expertengruppe. Im Jahr 2004 wurde die Stufe S2 in die systematische Evidenzrecherche-basierte (S2e) oder strukturelle konsensbasierte Unterstufe (S2k) gegliedert. In der höchsten Stufe S3 vereinigen sich beide Verfahren.

Diese Leitlinie entspricht der Stufe: S2k


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Empfehlungsgraduierung

Die Evidenzgraduierung nach systematischer Recherche, Selektion, Bewertung und Synthese der Evidenzgrundlage und eine daraus resultierende Empfehlungsgraduierung einer Leitlinie auf S2k-Niveau ist nicht vorgesehen. Es werden die einzelnen Statements und Empfehlungen nur sprachlich – nicht symbolisch – unterschieden ([Tab. 3]).

Tab. 3 Graduierung von Empfehlungen (deutschsprachig).

Beschreibung der Verbindlichkeit

Ausdruck

starke Empfehlung mit hoher Verbindlichkeit

soll/soll nicht

einfache Empfehlung mit mittlerer Verbindlichkeit

sollte/sollte nicht

offene Empfehlung mit geringer Verbindlichkeit

kann/kann nicht


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Statements

Sollten fachliche Aussagen nicht als Handlungsempfehlungen, sondern als einfache Darlegung Bestandteil dieser Leitlinie sein, werden diese als „Statements“ bezeichnet. Bei diesen Statements ist die Angabe von Evidenzgraden nicht möglich.


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Konsensusfindung und Konsensusstärke

Im Rahmen einer strukturierten Konsenskonferenz nach dem NIH-Typ (S2k/S3-Niveau) stimmen die berechtigten Teilnehmer der Sitzung die ausformulierten Statements und Empfehlungen ab. Der Ablauf war wie folgt: Vorstellung der Empfehlung, inhaltliche Nachfragen, Vorbringen von Änderungsvorschlägen, Abstimmung aller Änderungsvorschläge. Bei Nichterreichen eines Konsensus (> 75% der Stimmen) Diskussion und erneute Abstimmung. Abschließend wird abhängig von der Anzahl der Teilnehmer die Stärke des Konsensus ermittelt ([Tab. 4]).

Tab. 4 Einteilung zur Zustimmung der Konsensusbildung.

Symbolik

Konsensusstärke

prozentuale Übereinstimmung

+++

starker Konsens

Zustimmung von > 95% der Teilnehmer

++

Konsens

Zustimmung von > 75 – 95% der Teilnehmer

+

mehrheitliche Zustimmung

Zustimmung von > 50 – 75% der Teilnehmer

kein Konsens

Zustimmung von < 50% der Teilnehmer


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Expertenkonsens

Wie der Name bereits ausdrückt, sind hier Konsensusentscheidungen speziell für Empfehlungen/Statements ohne vorige systemische Literaturrecherche (S2k) oder aufgrund von fehlender Evidenzen (S2e/S3) gemeint. Der zu benutzende Expertenkonsens (EK) ist gleichbedeutend mit den Begrifflichkeiten aus anderen Leitlinien wie „Good Clinical Practice“ (GCP) oder „klinischer Konsensuspunkt“ (KKP). Die Empfehlungsstärke graduiert sich gleichermaßen wie bereits im Kapitel Empfehlungsgraduierung beschrieben ohne die Benutzung der aufgezeigten Symbolik, sondern rein semantisch („soll“/„soll nicht“ bzw. „sollte“/„sollte nicht“ oder „kann“/„kann nicht“).


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IV  Leitlinie

1.1  Besondere Aspekte bei anamnestisch onkologischer Erkrankung im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter

Da im Z. n. einer onkologischen Erkrankung insbesondere auch ungeklärte Fragen in Hinblick auf die zukünftige Fertilität bei anamnestisch an Krebs Erkrankten die Lebensqualität signifikant beeinträchtigen können [6], ist eine fachkundige und ggf. interdisziplinäre Beratung zu fordern. Hierzu sollten bei Bedarf auch Experten benachbarter Fachdisziplinen (z. B. Onkologen, Strahlentherapeuten, Humangenetiker, etc.) – idealerweise vor Eintritt einer Schwangerschaft – herangezogen werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.9.E51

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Patienten mit anamnestischer onkologischer Erkrankung und Kinderwunsch soll eine interdisziplinäre Beratung erfolgen.

1.1.1  Bedeutung einer Schwangerschaft für die maligne Grunderkrankung

Der Allgemeinzustand der Patientin, die Lebenserwartung, die ggf. vorhandene Notwendigkeit der Umstellung einer Erhaltungstherapie sowie die mögliche Beeinflussung der Prognose der Grunderkrankung sollen durch eine ovarielle Stimulation und ggf. Schwangerschaft in die Überlegungen ebenso einbezogen werden wie Stellungnahmen benachbarter Falldisziplinen zu spezifischen onkologischen Erkrankungsformen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.9.E52

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Patientinnen mit distant metastasierter onkologischer Erkrankung und Kinderwunsch soll eine reproduktionsmedizinische Behandlung nur auf Basis einer interdisziplinären Einzelfallentscheidung erfolgen.

Als weiterer Aspekt sollte das Risiko der ovariellen Metastasierung beachtet werden, sofern prätherapeutisch kryokonserviertes Ovargewebe nach Abschluss der onkologischen Behandlung transplantiert werden soll. Je nach zugrunde liegendem Tumortyp variiert dieses Risiko erheblich ([Tab. 5]), sodass für einige Tumorentitäten wie Leukämien eine Transplantation zum jetzigen Zeitpunkt nicht als sicher gelten kann [23]. Für Einzelheiten sei auf die AWMF-Leitlinie „Fertilitätserhalt bei onkologischen Erkrankungen“ Registernummer 015-082 [22] verwiesen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.9.E53

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Patienten mit anamnestischer onkologischer Erkrankung und nun vorgesehener Transplantation von kryokonserviertem Ovargewebe soll eine histologische Untersuchung eines Teil des Gewebes zum Ausschluss ovarieller Metastasen erfolgt sein. Zudem sollen die Patientinnen vor einer Transplantation über das Risiko einer möglichen Metastasenübertragung und damit Rezidivinduktion sowie die diesbezüglich begrenzte Datenlage ausführlich aufgeklärt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.9.E54

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Eine autologe Ovartransplantation sollte nur bei bestehendem Kinderwunsch erfolgen. Vor der Transplantation soll auch die andrologische Abklärung des Partners erfolgen. Im Rahmen der Transplantation soll die Eileiterdurchgängigkeit überprüft werden. Die Transplantation soll nach Möglichkeit auf der Seite eines durchgängigen Eileiters erfolgen.

Tab. 5 Risiko einer ovariellen Metastasierung abhängig von der primären Tumorentität (modifiziert [22]).

hohes Risiko

moderates Risiko

geringes Risiko

  • Leukämie

  • Neuroblastom

  • Burkitt-Lymphom

  • Ovarialtumoren

  • Mammakarzinom Stadium IV

  • Infiltration lobulärer Subtypen

  • Kolonkarzinom

  • Endometriumkarzinom

  • Magenkarzinom

  • Adenokarzinom der Zervix

  • Non-Hodgkin-Lymphom

  • Ewing-Sarkom

  • Mammakarzinom Stadium I – III

  • Infiltration duktaler Subtypen

  • Plattenepithelkarzinom der Zervix

  • Hodgkin-Lymphom

  • Osteosarkom

  • extragenitales Rhabdomyosarkom

  • Wilms-Tumor

Nach Transplantation des kryokonservierten Ovargewebes kommt es meist innerhalb der ersten 2 – 4 Monate zu hormonellen Aktivitätszeichen. Um unnötige Belastungen der Patientin zu vermeiden, sollte das folgende Vorgehen angewendet werden: Die Patientin soll sich in den ersten 4 Monaten melden, wenn die Periodenblutung eintritt. Dann sollte eine Hormonbestimmung (E2, LH, FSH, ggf. Progesteron, ggf. AMH) erfolgen. Ist nach 4 Monaten keine Blutung eingetreten, sollte sich die Patientin in einem reproduktionsmedizinischen Zentrum zur Untersuchung (s. o.) vorstellen. Ist eine Hormonaktivität erkennbar, kann weitere 2 Monate abgewartet werden, ob es zum Eintritt einer Periodenblutung kommt. Wenn nach 8 Monaten keine Aktivität erkennbar ist, sollte die Transplantation von noch vorhandenem Ovarialgewebe erwogen werden [4].


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1.1.2  Bedeutung einer malignen Grunderkrankung für eine mögliche Schwangerschaft

Konsensbasierte Empfehlung 3.9.E55

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Patienten mit Hinweis auf eine erbliche Krebsdisposition soll eine genetische Beratung angeboten werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.9.E56

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Bei Patientinnen mit anamnestischer onkologischer Erkrankung sollen krankheitsspezifische Schwangerschaftsrisiken im Vorfeld besprochen werden.


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1.2  Hämostaseologische Faktoren

Nicht nur die Schwangerschaft [32], sondern bereits auch eine ovarielle Stimulation [12] im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung geht mit einer Aktivierung des weiblichen Gerinnungssystems einher. Die dabei eintretenden Veränderungen von gesteigerter Gerinnung und reduzierter Fibrinolyse sind prinzipiell mit einer Schwangerschaft vergleichbar [9], [11], [26] und gehen mit einem erhöhten Thromboserisiko einher.

Prinzipiell ergeben sich in Bezug auf die Abklärung hämostaseologischer Faktoren 2 mögliche Indikationen: Vermeidung von Komplikationen sowie Erhöhung der Lebendgeburtenrate (LGR). Zudem erscheint in Bezug auf die Vermeidung von Komplikationen bei der Patientin von Bedeutung, ob bei ihr eine positive Eigen- oder Familienanamnese für VTE vorliegt oder nicht.

1.2.1  Diagnostik

Konsensbasierte Empfehlung 3.10.E57

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei asymptomatischen Patientinnen soll kein Screening auf Thrombophilien erfolgen. Bei Patientinnen mit positiver Eigen- oder Familienanamnese für thromboembolische Ereignisse sollte eine Thrombophilie-Abklärung zur Einschätzung des individuellen Thrombose-Risikos erfolgen.


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1.2.2  Therapie

Antikoagulation zur Thrombose-Prophylaxe

Konsensbasierte Empfehlung 3.10.E58

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei asymptomatischen Frauen soll keine routinemäßige Antikoagulation im Rahmen einer ART-Behandlung zur Prävention einer Thrombose erfolgen. Bei positiver Eigen- oder Familienanamnese für Thrombophilien bzw. thrombembolischen Erkrankungen soll ein risikoadaptiertes Management erfolgen.

Ein mögliches Vorgehen im Rahmen einer ovariellen Stimulationsbehandlung bei Thrombophilie-Nachweis gibt [Tab. 6] wieder, die sich an die Betreuung von Schwangeren anlehnt. Insbesondere bei einer stattgehabten Thrombose sollte eine interdisziplinäre Betreuung erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.10.E59

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Zum alleinigen Zweck der Verbesserung der Schwangerschafts- und Lebendgeburtenrate soll keine Antikoagulation erfolgen.

Tab. 6 Mögliches Vorgehen bei maternalem Thrombophilie-Nachweis (entnommen aus AWMF 2018, adaptiert nach ACOG-Bulletin sowie der S3-Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE), AWMF Leitlinien-Register Nr. 003/001).

klinische Konstellation

mögliches Vorgehen

Nachweis einer mit niedrigem Risiko assoziierten Thrombophilie (heterozygote Faktor-V-Leiden- oder Prothrombin-Mutation, Protein-C- oder -S-Mangel) ohne anamnestisches thrombembolisches Ereignis (VTE)

klinische Überwachung oder Heparin-Gabe in prophylaktischer Dosierung (bei zusätzlichen Risikofaktoren)

Nachweis einer mit niedrigem Risiko assoziierten Thrombophilie (heterozygote Faktor-V-Leiden- oder Prothrombin-[G20210A-]Mutation, Protein-C- oder -S-Mangel) bei positiver Familienanamnese ohne eigenes anamnestisches thrombembolisches Ereignis

klinische Überwachung oder Heparin-Gabe in prophylaktischer Dosierung bei zusätzlichen Risikofaktoren

Nachweis einer mit niedrigem Risiko assoziierten Thrombophilie (heterozygote Faktor-V-Leiden oder Prothrombin-[G20210A-]Mutation, Protein-C- oder -S-Mangel) mit einem anamnestischen thrombembolischen Ereignis ohne laufende dauerhafte Antikoagulation

klinische Überwachung oder Heparin-Gabe in prophylaktischer Dosierung

Nachweis einer mit hohem Risiko assoziierten Thrombophilie (Antithrombin-Mangel; kombiniert heterozygoter Status für eine Prothrombin-[G20210A-] und Faktor-V-Leiden-Mutation; homozygote Prothrombin- und Faktor-V-Leiden-Mutation) ohne anamnestisches thrombembolisches Ereignis

Heparin-Gabe in prophylaktischer Dosierung

Nachweis einer mit hohem Risiko assoziierten Thrombophilie (Antithrombin-Mangel; kombinierter heterozygoter Status für eine Prothrombin-[G20210A-] und Faktor-V-Leiden-Mutation; homozygote Prothrombin- und Faktor-V-Leiden-Mutation) mit einem anamnestischen thromboembolischen Ereignis ohne laufende dauerhafte Antikoagulation

Heparin-Gabe in prophylaktischer, intermediärer oder adjustierter Dosierung

anamnestisch 2 oder mehr thromboembolische Ereignisse ohne dauerhafte Antikoagulation; unabhängig vom Thrombophilie-Status

Heparin-Gabe in prophylaktischer oder therapeutischer Dosierung

anamnestisch 2 oder mehr thromboembolische Ereignisse mit dauerhafter Antikoagulation; unabhängig vom Thrombophilie-Status

Heparin-Gabe in therapeutischer Dosierung


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1.3  Andrologische Diagnostik und Therapie vor Methoden der assistierten Reproduktion

1.3.1  Andrologische Diagnostik

1.3.1.1  Indikation für eine andrologische Diagnostik

Eine andrologische Untersuchung hat die Identifizierung möglicher Ursachen einer Fertilitätsstörung sowie Aussagen über deren Schweregrad und Therapierbarkeit zum Ziel ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Indikationen für eine andrologische Diagnostik. [rerif]

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1.3.1.2  Leitlinien und nationale Regelungen

Die Inhalte der notwendigen klinisch-andrologischen Untersuchungen wurden weltweit in den WHO-Manualen „WHO manual for the standardized investigation, diagnosis and management of the infertile male“ [29] und „WHO manual for the standardized investigation and diagnosis of the infertile couple“ präzisiert [30]. Darüber hinaus gibt es die internationale europäische Leitlinie „Male infertility“ der European Association of Urology (EAU) [17].

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E60

Expertenkonsens

Konsensusstärke +

Vor Anwendung von Methoden der assistierten Reproduktion soll der Mann von einem Andrologen untersucht werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E61

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die andrologischen Untersuchungen sollen Eigen-, Familien- und Paaranamnese einschließlich einer Sexualanamnese, eine körperliche Untersuchung, Ejakulatanalyse sowie bei Bedarf eine Sonografie der Skrotalorgane, hormonelle und zyto- bzw. molekulargenetische Untersuchungen umfassen.


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1.3.1.3  Lebensführung und männliche Fertilität

Übergewicht

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E62

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Männern mit Adipositas sollte zu einer Gewichtsabnahme geraten werden.


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Nikotin

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E63

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Männern soll zum Nikotinverzicht geraten werden.


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Alkohol

Alkohol kann über Einflüsse auf die Hypophysen/Gonaden-Achse und direkte Schädigungen des Keimepithels und der Leydig-Zellen einen negativen Einfluss auf die Spermaqualität haben [3]. Klare Angaben zu einer Dosis-Wirkungs-Abhängigkeit können nicht gemacht werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E64

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Männern soll ein Drogenkonsum erfragt und zum Verzicht geraten werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E65

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Ergeben sich bei der andrologischen Diagnostik in der Anamnese, bei der körperlichen Untersuchung oder den Laboruntersuchungen Hinweise auf einen Anabolikakonsum, soll eine weitere Abklärung erfolgen.


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Ernährung und Spermaqualität

Die zur Verfügung stehenden Studien weisen auf die Notwendigkeit einer ausgewogenen und gesunden Ernährung hin [19].

Nahrungsmittel, die reich sind an Omega-3-Fettsäuren, Antioxidanzien wie Vitamin E, Vitamin C, Betacarotin, Selen, Zink, Cryptoxanthin oder Leukopin, anderen Vitaminen wie Vitamin D oder Folsäure sowie ärmer sind an gesättigten Fettsäuren, scheinen mit besserer Spermaqualität assoziiert zu sein. Ernährung, die auf Fisch, Seefrüchten, Hühnchen, Getreide, Gemüse und Früchten, Milchprodukten mit niedrigem Fettanteil und fettarmer Milch basiert, scheint mit besserer Spermaqualität assoziiert zu sein als überwiegende Ernährung mit Fertigprodukten, Soja, Kartoffeln, Vollmilchprodukten, Käse, Kaffee, Alkohol, gezuckerten Getränken und Süßigkeiten [31].

Eine evidenzbasierte, diätetische Empfehlung für Männer mit unerfülltem Kinderwunsch ermöglichen die verfügbaren Studien nicht.


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1.3.1.4  Klinische Untersuchung, apparative Diagnostik und Labordiagnostik in der Andrologie

Relevanz der Diagnostik

Eine umfassende Abklärung wird gefordert bei Auffälligkeiten in der Anamnese, der initialen körperlichen Untersuchung oder bei auffälligem Spermiogramm sowie bei idiopathischer Infertilität des Paares oder bei persistierender Kinderlosigkeit trotz behandeltem gynäkologischen Faktor. Der Evidenzlevel dieses Vorgehens wird mit „moderat“ angegeben.

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E66

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die Ejakulatuntersuchung soll nach den Vorgaben der WHO von 2010 erfolgen. Die Qualität der Bestimmungen von Spermienkonzentration, -motilität und -morphologie soll durch die regelmäßige Teilnahme an Programmen zur externen und internen Qualitätssicherung überprüft und dokumentiert werden.


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Mikrobiologische Untersuchungen

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E67

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Eine mikrobiologische Untersuchung des Ejakulates soll erfolgen, wenn > 1 × 106/ml Peroxidase-positive Zellen im Ejakulat nachweisbar sind.


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Untersuchung des postorgastischen oder postejakulatorischen Urinsedimentes

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E68

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei fehlender Ejakulation trotz Orgasmus oder deutlich vermindertem Ejakulatvolumen und anamnestischen Hinweisen auf eine partielle oder komplette retrograde Ejakulation soll eine Untersuchung des postejakulatorischen Urinsedimentes erfolgen. Probleme bei der Gewinnung des Ejakulates sollen zuvor ausgeschlossen werden.


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Endokrine Untersuchungen

Die Bedeutung der basalen Hormondiagnostik zur Fertilitätsbeurteilung liegt in ihrer Aussagekraft bezüglich möglicher Ursachen für eine reduzierte Spermaqualität und ihrer Behandlungsfähigkeit ([Abb. 2]).

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E69

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die endokrine Diagnostik von Männern mit ungewollter Kinderlosigkeit soll im Zusammenhang mit Krankenvorgeschichte, körperlicher Untersuchung und der Ejakulatuntersuchung erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E70

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die endokrine Basisdiagnostik von Männern soll FSH und Testosteron umfassen; bei Auffälligkeiten in der Basisdiagnostik werden weitere endokrinologische Untersuchungen notwendig.

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E71

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Finden sich in der Krankenvorgeschichte oder bei der körperlichen Untersuchung Hinweise auf einen Hypogonadismus, soll eine weitere diagnostische Abklärung erfolgen.

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Abb. 2 Diagnostische Aussagekraft der endokrinen Basisuntersuchungen im Zusammenhang mit weiteren diagnostischen Untersuchungen. [rerif]

Unter therapeutischen Gesichtspunkten ist der sekundäre Hypogonadismus von besonderer Bedeutung. Durch eine hypothalamische Schädigung mit verminderter Sekretion von GnRH und damit ausbleibender Stimulation der Hypophyse oder durch eine Funktionsstörung der Hypophyse selbst unterbleibt als Folge niedriger Gonadotropine die Stimulation der Hoden. Eine hypophysäre Schädigung liegt z. B. bei Hypophysentumoren wie Prolaktinomen vor. Das Kallmann-Syndrom und der kongenitale hypogonadotrope Hypogonadismus sind dagegen typische Beispiele für einen hypothalamischen Schaden. In diesen Fällen mit erniedrigten Werten für LH und FSH kann es notwendig werden, eine gezielte Nachanamnese zu erheben (Anwendung von Testosteronpräparaten oder Anabolika?). Zudem sollte das Prolaktin bestimmt werden und bei erhöhten Werten eine weitere Diagnostik erfolgen (z. B. bildgebende Diagnostik, Abklärung anderer Hypophysenhormone).

Der GnRH-Test (LHRH-Test) bzw. GnRH-Pumpen-Test dient der Unterscheidung zwischen hypothalamisch oder hypophysär bedingten, verminderten Gonadotropin-Konzentrationen im Serum. Steigen die Gonadotropine nach externer GnRH-Stimulation an, liegt ein hypothalamischer Schaden vor; bleibt der Anstieg der Gonadotropin-Konzentrationen im Serum nach externer GnRH-Stimulation aus, ist die Störung in der Hypophyse lokalisiert.


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Humangenetische Diagnostik

Siehe Kapitel Genetische Faktoren.


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Diagnostische Hodenbiopsie

Besteht bei einem oligozoospermen Patienten aufgrund der Hodensonografie die Diagnose einer Mikrolithiasis und/oder der V. a. auf eine Hodenpathologie, so kann eine diagnostische Hodenbiopsie indiziert sein, insbesondere wenn weitere Risikofaktoren (Hodenhochstand, Hodentumor) vorliegen [34]. Vor allem infertile Männer haben eine signifikant höhere Inzidenz für das Auftreten von Keimzelltumoren im Vergleich zur männlichen Bevölkerung [5], [28]. Auch diagnostische Hodenbiopsien sollten immer multilokulär erfolgen, um die diagnostische Sicherheit zu erhöhen [13], [18]. Für die Beurteilung der Spermatogenese stehen verschiedene Scoresysteme zur Verfügung [7].

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E72

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Rein diagnostische Hodenbiopsien sollen ohne eine vermutete Hodenpathologie nicht durchgeführt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E73

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Entnahme von Hodengewebe für eine testikuläre Spermienextraktion soll gleichzeitig eine histologische Biopsie erfolgen, um Rückschlüsse auf die Ursache der Azoospermie/Spermatogenesestörung gewinnen und ggf. eine testikuläre Keimzellneoplasie in situ (GCNIS) erkennen zu können.


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1.3.2  Ursachen und mögliche Therapieansätze männlicher Fertilitätsstörungen

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E74

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Behandelbare Störungen sollen therapiert werden, bevor die Indikation für eine ART gestellt wird. Bei der Indikationsstellung zur Behandlung andrologischer Faktoren sollen gynäkologische Befunde berücksichtigt werden ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Therapeutischer Algorithmus in der Andrologie. [rerif]

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E75

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Vorliegen eines sekundären Hypogonadismus mit Azoospermie soll vor Durchführung einer Hodenbiopsie mit TESE/ICSI oder der ICSI bei einer Kryptozoospermie oder schweren Oligozoospermie der Versuch einer kausalen Therapie erfolgen, falls nicht gynäkologische Befunde ein anderes zeitliches Vorgehen erfordern.

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E76

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Die operative Therapie der Azoospermie soll sich an der Ursache orientieren und unterscheidet obstruktive von nicht obstruktiven Formen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E77

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Rekonstruktive mikrochirurgische Verfahren und operative Techniken der Spermiengewinnung sollen in Abhängigkeit von der Ursache einer Verschlussazoospermie dem Patienten angeboten werden. Der rekonstruktiven Chirurgie sollte hier Vorrang vor den reinen Entnahmetechniken eingeräumt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E78

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Die nicht obstruktive Azoospermie soll vor Anwendung operativer Spermiengewinnungstechniken nach Differenzialdiagnostik genetisch abgeklärt werden, da sich hieraus Konsequenzen für die Erfolgschancen der operativen Therapie ergeben können (siehe Kap. 3.12.1.1).

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E79

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Operative Spermiengewinnungsverfahren sollen mit der Möglichkeit der Krykonservierung von Spermien kombiniert werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E80

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Endokrine Störungen, die mit einer Azoospermie einhergehen, sollen – sofern das Krankheitsbild dies zulässt – zunächst behandelt werden, bevor operative Spermiengewinnungsverfahren durchgeführt werden.

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E81

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei der nicht obstruktiven Azoospermie soll die Hodengewebsentnahme zur TESE multifokal oder mikrochirurgisch assistiert durchgeführt werden.

Infektionen und Entzündungen des Genitaltraktes

Bei der Diagnostik urogenitaler Infektionen von ungewollt kinderlosen Männern vor einer ART sind 2 Aspekte zu berücksichtigen:

  • Einfluss von Infektionen auf die Spermaqualität und Fertilität des Mannes

  • Übertragung der Infektion auf die Partnerin

  • Kontamination von Nährmedien und Eizellen während der Durchführung einer ART

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E82

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Relevante bakterielle Infektionen der Samenwege sollen antibiotisch (ggf. auch als Paartherapie) behandelt werden.


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1.3.2.1  Immunologische Infertilität

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E83

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Nachweis von Spermienautoantikörpern im Ejakulat und damit eines immunologischen Sterilitätsfaktors kann die Indikation für die Durchführung von Methoden der ART bestehen.


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1.3.3  Diagnostische und therapeutische Aspekte vor einer assistierten reproduktionsmedizinischen Behandlung aus reproduktionsbiologischer Sicht

1.3.3.1  Aussagekraft des DNA-Fragmentationsassays

Konsensbasiertes Statement 3.11.S1

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Obwohl die Bestimmung von SDFs in Spermatozoen das Potenzial eines nützlichen klinischen Biomarkers aufweist, bleibt der abschließend prädiktive Wert dieser Tests im Rahmen der IVF- und/oder ICSI-Behandlung noch ungewiss. Dennoch kann in Ergänzung zum Standardspermiogramm die Hinzunahme von Untersuchungen hinsichtlich der DNA-Integrität zu einer umfassenderen Diagnose der reproduktiven Gesundheit des Mannes beitragen.


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1.3.3.2  Aussagekraft eines Probeanreicherungsverfahrens

Konsensbasiertes Statement 3.11.S2

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Ein Probeanreicherungsverfahren kann Rückschlüsse auf das Verhalten einer Ejakulatprobe im weiblichen Genitaltrakt liefern.

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E84

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Vor jeder ART soll ein Probeanreicherungsverfahren zur besseren Einschätzung der notwendigen Therapie durchgeführt werden.


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1.3.3.3  Vorgehen bei immotilen Spermien

Konsensbasiertes Statement 3.11.S3

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Es ist sinnvoll, den Anteil an vitalen, aber immotilen Spermien vorab zu bestimmen. Dies kann als diagnostische Analyse für weitere Therapieoptionen dienen, z. B. einer TESE vor Therapie oder dem Einsatz von nicht verbrauchenden Vitalitätstests am Tag der ICSI.

Konsensbasierte Empfehlung 3.11.E85

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Immotilität von Spermien sollte vor einer ART ein diagnostischer Vitalitätstest zur Ermittlung der Anzahl vitaler, aber immotiler Spermien durchgeführt werden.


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1.4  Genetische Faktoren

1.4.1  Diagnostik genetischer Faktoren

Genetische Ursachen (Chromosomenveränderungen und monogene Störungen) sind für etwa 10 – 20% der männlichen und 5 – 10% der weiblichen In- oder Subfertilität verantwortlich. Im Vorfeld einer ART sollte z. B. im Rahmen einer genetischen Beratung eine genaue Eigen- und Familienanamnese mit Blick auf mögliche erbliche Belastungen erhoben werden. Insbesondere soll eine mögliche familiäre Häufung von fraglich genetischen Entwicklungsstörungen, Infertilität oder hormonellen Störungen berücksichtigt werden. Bei Hinweisen auf eine genetische Grunderkrankung in der Familie ist es in der Regel notwendig, bei einer betroffenen Person eine molekulargenetische Abklärung vorzunehmen, bevor Risikopersonen getestet werden können. Ein Algorithmus für die genetische Diagnostik von Paaren vor assistierter Reproduktion ist in [Abb. 4] dargestellt.

Konsensbasierte Empfehlung 3.12.E86

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei dem Kinderwunschpaar soll eine genaue Eigen- und Familienanamnese mit Blick auf mögliche genetische Belastungen erhoben werden. Vor einer genetischen Diagnostik soll eine genetische Beratung durch hierfür qualifizierte Ärzte gemäß nationaler Regelungen erfolgen.

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Abb. 4 Algorithmus für die genetische Diagnostik von Paaren vor assistierter Reproduktion. [rerif]

1.4.1.1  Genetische Faktoren beim Mann

Bei bekannter nicht genetischer Ursache für die Spermatogenesestörung (Z. n. Chemotherapie, Einnahme von anabolen Steroiden) ist nach WHO-Leitlinie keine genetische Testung erforderlich [3].

Für die weitere genetische Diagnostik ist es bedeutsam, eine nicht obstruktive Azoospermie bzw. Oligozoospermie von einer obstruktiven Azoospermie zu unterscheiden:

a.  Nicht obstruktive Spermatogenesestörung


i.  Mikrodeletionen des Y-Chromosoms

Mikrodeletionen des Y-Chromosoms stellen die zweithäufigste genetische Ursache einer Spermatogenesestörung dar und haben eine Bedeutung für die Erfolgschancen einer Hodenbiopsie. Y-Mikrodeletionen werden in Deutschland bzw. Österreich bei weniger als 2% der infertilen Männer nachgewiesen. AZFc-Deletionen machen mit etwa 80% die große Mehrzahl und einen variablen Phänotyp aus. Bei Männern mit Deletionen von AZFa (0,5 – 4%), AZFb (1 – 5%) sowie AZFbc (1 – 3%) kommt es meist zum Sertoli-Cell-Only-Syndrom. Die Wahrscheinlichkeit, dass in diesen Fällen bei Hodenbiopsien Spermien gewonnen werden können, wird als außerordentlich gering eingeschätzt [20].

Konsensbasierte Empfehlung 3.12.E87

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei nicht obstruktiver Azoospermie soll und bei schwerer Oligozoospermie (< 5 Mio./ml) sollte nach Ausschluss anderer Ursachen eine Analyse im Hinblick auf AZF-Mikrodeletionen (AZFa, b, c) erfolgen.


ii.  Chromosomenveränderungen

Neben Geschlechtschromosomenfehlverteilungen können auch balancierte Chromosomenumbauten zu einer Spermatogenesestörung führen. Dementsprechend ist der Anteil der Männer, die – abgesehen von einer Fertilitätsstörung – gesund sind und eine Chromosomenveränderung tragen, erhöht.

Die Wahrscheinlichkeit von Chromosomenaberrationen bei Männern in Kinderwunschbehandlung steigt bei abnehmender Spermienzahl an ([Tab. 7]), ist aber bereits bei unauffälligem Spermiogramm gegenüber der Normalbevölkerung erhöht. Dies wird als Subfertilitätsfaktor gedeutet.

Konsensbasierte Empfehlung 3.12.E88

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei nicht obstruktiver Azoospermie oder schwerer Oligozoospermie (< 5 Mio/ml) soll nach Ausschluss anderer Ursachen eine Chromosomenanalyse erfolgen.

Tab. 7 Anteil von auffälligen Chromosomenanalysen bei Männern mit unterschiedlichen Spermiogrammbefunden [14].

Spermiogrammbefund

Anteil von Patienten mit Chromosomenveränderungen in Prozent (Konfidenzintervall)

Azoospermie (n = 1599)

15,4 (13,6 – 17,2%)

Oligozoospermie < 1 Mio./ml (n = 539)

3,0 (1,5 – 4,4%)

Oligozoospermie > 1 – 5 Mio./ml (n = 475)

2,1 (0,8 – 3,4%)

Oligozoospermie > 5 – 10 Mio./ml (n = 879)

3,5 (2,3 – 4,7%)

Oligozoospermie > 10 – 20 Mio./ml (n = 808)

1,1 (0,4 – 1,8%)

Normozoospermie > 20 Mio./ml (n = 729)

2,9 (1,7 – 4,1%)

Normalbevölkerung

0,3 – 0,5%


iii.  Monogene Spermatogenesestörungen

Da die Ursache nicht obstruktiver Spermatogenesestörungen bei über 80% der betroffenen Männer bisher nicht bekannt ist, wird intensiv nach neuen Kandidatengenen gesucht. Bei dem Angebot von genetischen Analysen zu monogenen Spermatogenesestörungen ist zu berücksichtigen, dass nachgewiesene Störungen bislang keinen Einfluss auf das Verfahren oder den Ausgang der ART haben. Die Beurteilung kann sich in der Zukunft ändern, wenn sich in Abhängigkeit von der genetischen Ursache gezielte Behandlungen ergeben. Weitere wissenschaftliche Studien sind erforderlich, um die Bedeutung einzelner genetischer Mutationen für die Spermiogenese besser einordnen zu können.

Konsensbasierte Empfehlung 3.12.E89

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Verdacht auf eine seltene monogene Spermatogenesestörung kann eine genetische Analyse angeboten werden.


iv.  Obstruktive Azoospermie

Grundlage für diese Diagnose ist eine intakte Spermatogenese im Hodengewebe, die gute Erfolgschancen für eine ART im Rahmen einer TESE/ICSI beinhaltet. Etwa 2% der Männer mit einer Azoospermie haben eine Fehlanlage der Derivate des Wolffʼschen Gangs, meist in Form einer CBAVD, seltener durch eine CUAVD oder eine bilaterale Nebenhodenobstruktion. Bei etwa 80% der Patienten mit CBAVD wird mindestens eine CFTR-Mutation gefunden und als Ursache eine sog. CF-assoziierte Erkrankung angenommen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.12.E90

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Verdacht auf eine obstruktive Azoospermie soll nach Ausschluss anderer Ursachen eine Analyse des CFTR-Gens erfolgen. Diese soll alle relevanten pathogenen Mutationen inkl. des TG-T-Repeats in Intron 8 erfassen; falls damit nur eine heterozygote Mutation gefunden wird, soll eine vollständige Sequenzierung erfolgen.

Konsensbasierte Empfehlung 3.12.E91

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Sofern bei einer obstruktiven Azoospermie die CFTR-Analyse einen unauffälligen Befund erbracht hat, sollte eine Analyse des ADGRG2-Gens erfolgen.


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b.  Endokrine Störungen

Bei endokrinen Auffälligkeiten kommt der Differenzierung zwischen einem hypo- oder hypergonadotropen Hypogonadismus für die Genetik eine wichtige Rolle zu.


i.  Hypergonadotroper Hypogonadismus

Eine primäre testikuläre Funktionsstörung findet sich vor allem beim Klinefelter-Syndrom, welches mit fast 14% bei Männern mit Azoospermie die häufigste genetische Ursache der männlichen Infertilität darstellt. Bei 80% liegt ein Karyotyp 47,XXY vor, bei ca. 20% bestehen höhergradige Aneuploidien, Mosaike mit 46,XX/47XXY oder strukturell veränderte X-Chromosomen [33].

Konsensbasierte Empfehlung 3.12.E92

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Männern mit hypergonadotropem Hypogonadismus soll nach Ausschluss anderer Ursachen eine Chromosomenanalyse durchgeführt werden.


ii.  Hypogonadotroper Hypogonadismus

Ein kongenitaler hypogonadotroper Hypogonadismus (CHH) ist mit etwa 1 zu 4000 – 10 000 Männern etwa 3- bis 5-fach häufiger als bei Frauen [10]. Zahlreiche Gene kommen als Ursache in Betracht, die in der Summe etwa 40 – 50% der Fälle erklären [8] und von denen das X-chromosomale KAL1-Gen mit etwa 10% die wichtigste Rolle spielt.

Konsensbasierte Empfehlung 3.12.E93

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Männern mit einem kongenitalen hypogonadotropen Hypogonadismus (CHH) kann nach Ausschluss exogener Ursachen eine genetische Analyse der CHH-Gene durchgeführt werden.


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1.4.1.2  Genetische Faktoren bei der Frau

Ovulatorische Dysfunktion

Bei etwa 40% der Frauen mit Fertilitätsstörung besteht eine Oligo- bzw. Amenorrhö (ovulatorische Dysfunktion) [24]. Der entscheidende Faktor – auch für den Erfolg einer ART mit eigenen Oozyten – stellt das mütterliche Alter dar, während primär genetische Ursachen vergleichsweise selten sind. Ab einem Alter von 40 – 45 Jahren ist die große Mehrzahl der Oozyten aneuploid, sodass nur noch ein kleiner Prozentsatz sich erfolgreich zur Blastozyste entwickelt und implantiert [1], [15].


a.  Hypergonadotroper Hypogonadismus

Bei 10 – 13% der betroffenen Frauen liegt eine Gonosomenaberration mit einer 45,X-, oder 47,XXX-Zelllinie oder einem strukturell veränderten X-Chromosom vor, sodass eine Chromosomenanalyse indiziert ist, sofern keine anderen Ursachen in Betracht kommen [27].

Konsensbasierte Empfehlung 3.12.E94

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Frauen mit hypergonadotropem Hypogonadismus soll nach Ausschluss anderer Ursachen eine Chromosomenanalyse durchgeführt werden.

Prämutationen im FMR1-Gen (CGG-Repeatzahlen von 55 – 200) führen gehäuft zu einer primären oder sekundären Ovarialinsuffizienz und haben bei der Weitergabe an Kinder eine hohe Wahrscheinlichkeit, zu einer Vollmutation zu expandieren. FMR1-Vollmutationen (CGG-Repeatzahl über 200) verursachen vor allem im männlichen Geschlecht eine geistige Behinderung (Fragiles-X-Syndrom, Fra[X]-Syndrom); sie sind nicht mit einer Ovarialinsuffizienz assoziiert. Kaukasische Frauen mit primärer Ovarialinsuffizienz weisen zu etwa 2% bei Fällen ohne familiäre Häufung und zu 10 – 15% bei familiärer Häufung eine Prämutation im FMR1-Gen auf [25], die aufgrund des damit verbundenen Risikos für ein Kind mit einem Fragilen-X-Syndrom bedeutsam für die weitere Familienplanung ist.

Konsensbasierte Empfehlung 3.12.E95

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei primärer oder prämaturer Ovarialinsuffizienz soll nach Ausschluss anderer Ursachen eine genetische Analyse der CGG-Wiederholungen im FMR1-Gen durchgeführt werden.


b.  Hypogonadotroper Hypogonadismus

Ein kongenitaler hypogonadotroper Hypogonadismus (CHH) ist mit einer Häufigkeit von etwa 1 zu 30 000 – 40 000 Frauen sehr selten. Es wird formal der normosmische hypogonadotrope Hypogonadismus (nHH) vom Kallmann-Syndrom (KS) unterschieden, bei dem der Geruchssinn herabgesetzt ist, die Übergänge sind jedoch fließend. Inzwischen sind 35 – 40% der molekularen Ursachen des kongenitalen hypogonadotropen Hypogonadismus bekannt und auf Mutationen in mindestens 20 Genen zurückzuführen [21]. Die exogene Zufuhr von Geschlechtshormonen, Gonadotropinen bzw. GnRH-Analoga stellt für alle bekannten Störungen die einzige Therapieoption dar [8].

Konsensbasierte Empfehlung 3.12.E96

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Frauen mit kongenitalem hypogonadotropem Hypogonadismus (CHH) kann nach Ausschluss exogener Ursachen eine genetische Analyse der CHH-Gene durchgeführt werden.


c.  Hyperandrogenämie

Die wichtigste genetische Grunderkrankung, die zu einer Hyperandrogenämie führt, ist das AGS. Die häufigste Form ist der 21-Hydroxylase-Mangel bedingt durch autosomal-rezessive Mutationen im CYP21A2-Gen. Die endokrine Betreuung richtet sich nach dem zugrunde liegenden Enzymdefekt und der Pathogenität der nachgewiesenen Mutationen. Die pränatale Therapie zur Vermeidung einer Virilisierung bei weiblichen Feten mit einem AGS-Risiko auf der Grundlage eines 21-Hydroxylase-Mangels wird zum Zeitpunkt der Leitlinienerstellung als experimentell eingestuft und sollte deshalb im Einzelfall sorgfältig abgewogen werden [2].

Konsensbasierte Empfehlung 3.12.E97

Expertenkonsens

Konsensusstärke ++

Bei Verdacht auf ein adrenogenitales Syndrom soll eine genetische Diagnostik durchgeführt werden.


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Balancierte Chromosomenveränderungen

Strukturelle Chromosomenaberrationen stellen auch bei Frauen eine relevante Ursache für einen unerfüllten Kinderwunsch dar, ohne dass sich bei gynäkologischen Untersuchungen Auffälligkeiten ergeben. In einer französischen Studie zeigten die Partnerinnen von infertilen Männern einen vergleichbar erhöhten Anteil an balancierten Translokationen (Faktor 4,5) bzw. Inversionen (Faktor 16) wie die untersuchten Männer (n = 3208 Patienten) [16]. Der Prozentsatz an Frauen mit Chromosomenveränderungen war hierbei invers mit der Spermiogrammpathologie des Partners korreliert.

Konsensbasierte Empfehlung 3.12.E98

Expertenkonsens

Konsensusstärke +

Nach Ausschluss anderer Ursachen für die Infertilität sollte eine Chromosomenanalyse beider Partner durchgeführt werden.


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1.4.2  Therapie genetischer Faktoren

Konsensbasierte Empfehlung 3.12.E99

Expertenkonsens

Konsensusstärke +++

Bei Nachweis einer strukturellen Chromosomenveränderung bei einem Partner soll das Paar über die Möglichkeiten einer Polkörper- und Präimplantationsdiagnostik sowie der vorgeburtlichen Diagnostik (invasive und nicht invasive Pränataldiagnostik) informiert werden.


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Leitlinienprogramm

Herausgeber


Federführende Fachgesellschaften

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Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG)
Repräsentanz der DGGG und Fachgesellschaften
Hausvogteiplatz 12, DE-10117 Berlin
info@dggg.de
http://www.dggg.de/


Präsident der DGGG


Prof. Dr. med. Anton Scharl
Direktor der Frauenkliniken
Klinikum St. Marien Amberg
Mariahilfbergweg 7, DE-92224 Amberg
Kliniken Nordoberpfalz AG
Söllnerstraße 16, DE-92637 Weiden


DGGG-Leitlinienbeauftragte


Prof. Dr. med. Matthias W. Beckmann
Universitätsklinikum Erlangen, Frauenklinik
Universitätsstraße 21–23, DE-91054 Erlangen


Prof. Dr. med. Erich-Franz Solomayer
Universitätsklinikum des Saarlandes
Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin
Kirrberger Straße, Gebäude 9, DE-66421 Homburg


Leitlinienkoordination


Dr. med. Paul Gaß, Christina Meixner
Universitätsklinikum Erlangen, Frauenklinik
Universitätsstraße 21–23, DE-91054 Erlangen
fk-dggg-leitlinien@uk-erlangen.de
http://www.dggg.de/leitlinienstellungnahmen

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Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG)
Frankgasse 8, AT-1090 Wien
stephanie.leutgeb@oeggg.at
http://www.oeggg.at


Präsidentin der OEGGG


Prof. Dr. med. Petra Kohlberger
Universitätsklinik für Frauenheilkunde Wien
Währinger Gürtel 18–20, AT-1090 Wien


OEGGG-Leitlinienbeauftragte


Prof. Dr. med. Karl Tamussino
Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Graz
Auenbruggerplatz 14, AT-8036 Graz


Prof. Dr. med. Hanns Helmer
Universitätsklinik für Frauenheilkunde Wien
Währinger Gürtel 18–20, AT-1090 Wien

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Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG)
Gynécologie Suisse SGGG
Altenbergstraße 29, Postfach 6, CH-3000 Bern 8
sekretariat@sggg.ch
http://www.sggg.ch/


Präsident in der SGGG


Dr. med. Irène Dingeldein
Längmatt 32, CH-3280 Murten


SGGG-Leitlinienbeauftragte


Prof. Dr. med. Daniel Surbek
Universitätsklinik für Frauenheilkunde Geburtshilfe und feto-maternale Medizin
Inselspital Bern
Effingerstraße 102, CH-3010 Bern


Prof. Dr. med. René Hornung
Kantonsspital St. Gallen, Frauenklinik
Rorschacher Straße 95
CH-9007 St. Gallen


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Conflict of Interest/Interessenkonflikt

The authorsʼ conflicts of interest are listed in the long version of the guideline./Die Interessenkonflikte der Autoren sind in der Langfassung der Leitlinie aufgelistet.

  • References/Literatur

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Correspondence/Korrespondenzadresse

Dr. Kilian Vomstein
Universitätsklinikum Innsbruck
Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Anichstraße 35
6020 Innsbruck
Austria   

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Fig. 1 Indications for an andrological diagnostic workup. [rerif]
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Fig. 2 Diagnostic information obtained from examinations of the basal endocrine system in the context of further diagnostic examinations. [rerif]
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Fig. 3 Andrological treatment algorithm. [rerif]
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Fig. 4 Algorithm for the genetic workup of couples before starting ART. [rerif]
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Abb. 1 Indikationen für eine andrologische Diagnostik. [rerif]
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Abb. 2 Diagnostische Aussagekraft der endokrinen Basisuntersuchungen im Zusammenhang mit weiteren diagnostischen Untersuchungen. [rerif]
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Abb. 3 Therapeutischer Algorithmus in der Andrologie. [rerif]
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Abb. 4 Algorithmus für die genetische Diagnostik von Paaren vor assistierter Reproduktion. [rerif]
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