Pneumologie 2019; 73(12): 710-711
DOI: 10.1055/a-1022-0986
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gezielte Lungendenervation als neue Behandlungsoption bei COPD

Slebos D-J. et al.
Safety and Adverse Events after Targeted Lung Denervation for Symptomatic Moderate to Severe COPD (AIRFLOW): A Multicenter Randomized Controlled Trial.

Am J Respir Crit Care Med 2019;
PMID: 31404499
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Publication Date:
09 December 2019 (online)

 

    Trotz optimaler medikamentöser Therapie bleiben Patienten mit COPD teilweise symptomatisch und erleiden Exazerbationen. Die gezielte Lungendenervation mit bronchoskopischer Radiofrequenzablation parasympathischer Nerven soll den Atemwegswiderstand und die Hypersekretion dauerhaft reduzieren. Die prospektive doppelblinde AIRFLOW-2-Studie spricht für die Sicherheit und den Nutzen des Verfahrens.


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    An AIRFLOW-2 nahmen Patienten im Alter von 40 – 75 Jahren mit einer mäßigen bis schweren COPD teil (FEV1/FVS < 0,70 und FEV1 30 – 60 %, mMRC ≥ 2 oder CAT-Score ≥ 10). Ausschlusskriterium war u. a. ≥ 2 stationär behandelte Exazerbationen im Vorjahr. Die Studiendauer betrug insgesamt 12,5 Monate, in der die Patienten nach einer Auswaschphase und dem Eingriff ihre inhalative Medikation wie gewohnt fortsetzen konnten. Initial und während der gesamten Studien erhielten die Erkrankten zahlreiche Untersuchungen, darunter Spirometrie, Plethysmografie, Fahrradergometrie und Thorax-CT. Zusätzlich beantworteten die Patienten verschiedene Fragebögen zu pulmonalen und gastrointestinalen Symptomen sowie zur Lebensqualität. Die Studie hatte ein doppelblindes Design mit einer Kontrollgruppe (Sham) und einem zusätzlichen Nachbetreuungsteam, das nicht über die Gruppenzuteilung informiert war.

    Die gezielte Lungendenervation (TLD) erfolgte in Vollnarkose. Zunächst wurde ein Kontrastballon in der Speiseröhre platziert, um eine Schädigung des ösophagealen Nervenplexus zu vermeiden. Nach dem Vorschieben des TLD-Katheters und einer Positionskontrolle erfolgte die rotierende Radiofrequenzablation entlang der Wand der großen Atemwege. Der primäre Studienendpunkt waren unerwünschte respiratorische Ereignisse 3 – 6,5 Monate nach der TDL. Diese waren definiert als Ateminsuffizienz, Exazerbationen, Influenza, Pneumonie, Atemwegsinfekte, verschlechterte Bronchitis, zunehmende Atemnot, Tachypnoe und behandlungsbedürftige lokale Atemwegsinfekte. Performanz-Endpunkte beinhalteten die Effizienz von Device und Technik. Sekundäre Endpunkte waren die Ergebnisse im gesamten Studienzeitraum.

    Nach der Randomisation von 82 Personen beendeten 3 Patienten im Verum- und 4 Patienten im Kontrollarm frühzeitig die Studienteilnahme. Die Interventionsdauer betrug durchschnittlich 74 und 40 Minuten. Im Vergleich zur Scheinbehandlung kamen in Monat 3 – 6,5 im TDL-Arm signifikant seltener unerwünschte respiratorische Ereignisse vor (71 % vs. 32 %; p = 0,0008). Dabei handelte es sich überwiegend um Exazerbationen und Dyspnoe. Das Device hatte eine Erfolgsrate von 100 %. Die technische Erfolgsrate war mit 90 % etwas geringer, weil nicht in allen Fällen eine komplette Rotation des Ablationskatheters möglich war. Im Gesamtzeitraum reduzierte die TLD respiratorische Ereignisse insgesamt nicht, aber die Häufigkeit schwerer Exazerbation um 65 % (Hazard Ratio 0,35; 95 %-Konfidenzintervall 0,13 – 0,99; p = 0,0390). 32 % (Sham) und 12 % (TDL) der Erkrankten wurden wegen einer Exazerbation stationär behandelt. Patienten mit einer Exazerbation im Vorjahr profitierten von der TLD. Nach der Scheinbehandlung kamen bei 7 von 10 Erkrankten erneute Exazerbationen vor und nach TLD bei 2 von 10 Patienten. Von den Patienten ohne Exazerbation im Vorjahr wurden 9,7 % (TLD) und 19,4 % (Sham) erneut stationär aufgenommen (p = 0,473). Die Gruppen beurteilten Symptome und Lebensqualität nicht signifikant unterschiedlich. Ausnahme war ein reduzierter Dyspnoe-Score 6 Monate nach TLD. Bei den physiologischen Untersuchungen bestanden keine wesentlichen Unterschiede. 5 Patienten hatten nach der TLD schwere, aber transiente gastrointestinale Nebenwirkungen. Das Signifikanzniveau wurde nicht erreicht (PAGI-SYM-Score). Hämoptysen, Pneumothoraces oder computertomografische Veränderungen der Atemwege kamen nicht vor.

    Fazit

    Die TLD „on top“ zur medikamentösen Therapie war sicher und machbar. Sie war mit einer Abnahme respiratorischer Ereignisse bis zu Monat 6,5 und mit einer Reduktion stationärer behandlungsbedürftiger Exazerbationen im gesamten Studienzeitraum assoziiert. Die Autoren betonen insbesondere, dass 98 % der Teilnehmer bis zum Studienende verblindet blieben. Folgestudien mit größeren Gruppen und einem längeren Beobachtungszeitraum seien erforderlich.

    Dr. med. Susanne Krome, Melle


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