ergopraxis 2020; 13(02): 1
DOI: 10.1055/a-1035-4758
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

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Nicole Kaldewei
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Publication Date:
04 February 2020 (online)

Sind wir bereit dazu?

Blankoverordnung und Direktzugang – die Diskussion um diese Themen begleitet uns in Deutschland bereits seit einiger Zeit. Begeben Sie sich daher auf eine kleine Reise in die Niederlande, wo der Direktzugang schon seit 2012 Realität ist. Die Einführung bedurfte einer Weiterentwicklung des ergotherapeutischen Kompetenzprofils um eine zwölfte Fachkompetenz, das Screenen. Diese beinhaltet, dass der Therapeut gezielt und systematisch die Handlungsprobleme eines Klienten inventarisiert und evaluiert, ob Ergotherapie überhaupt indiziert ist. Meine niederländische Kollegin Ellen Giesen berichtet ab Seite 29 über ihre Erfahrungen in einer ergotherapeutischen Praxis und schätzt die Entwicklung insgesamt ein.

„Hinsichtlich Direktzugang können wir von den Erfahrungen der niederländischen Kollegen profitieren.“

Der Umsetzung in Deutschland stehe ich noch zwiegespalten gegenüber. Ich sehe die Chancen, aber auch mögliche Gefahren. Einerseits halte ich den Auftrag, uns eigenverantwortlicher den Betätigungsanliegen von Klienten, Klientengruppen und Populationen zu widmen, als Perspektive, unersetzliche Player im Gesundheitssystem zu werden. Andererseits ist dieser ergotherapeutische Auftrag noch keine Selbstverständlichkeit in unserem Berufsalltag. Es gibt immer noch Praxen, die vermutlich aus wirtschaftlichem Interesse und rein funktionell ausgerichtetem Ziel Rezepte abarbeiten, bis der Arzt sein Veto einlegt. Beim Direktzugang müssen wir die professionelle Entscheidung treffen, ob wir tatsächlich die geeignete Profession für die Behandlung und Begleitung des Klienten sind, und ihn ggf. weiterverweisen. Sind wir dazu bereits in der Lage?

Ihre

Nicole Kaldewei