Zeitschrift für Komplementärmedizin 2019; 11(06): 42-45
DOI: 10.1055/a-1063-2142
Wissen
Hufelandgesellschaft
© Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Die Hufelandgesellschaft: der Dachverband für eine Integrative Medizin

Sigrid Heinze
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Publication Date:
18 December 2019 (online)

 

Summary

Die Hufelandgesellschaft ist der Dachverbandder Ärztegesellschaften aus dem Bereichder Naturheilverfahren, deranthroposophischenMedizin, der Homöopathie, derAyurveda-Medizin und weiteren komplementärenVerfahren und vertritt dieInteressenihrer Mitglieder gegenüber Politik undGesellschaft. Als ärztlicher Dachverbandsetzt sie sich dafür ein, dass dieKomplementärmedizinbesser erforscht werden kann,Teil jeder medizinischen Ausbildung wirdund für jeden Menschen verfügbar ist.


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Die Integrative Medizin ist die rationale Verbindung von konventioneller Medizin mit der ärztlich geleiteten Komplementärmedizin

Die Hufelandgesellschaft ist der Dachverband der Ärztegesellschaften aus dem Bereich der Naturheilverfahren, der anthroposophischen Medizin, der Homöopathie, der Ayurveda-Medizin und weiteren komplementären Verfahren. Als Dachverband vertritt sie seit 1974 die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Politik und Gesellschaft.

Die Hufelandgesellschaft setzt sich für einen Pluralismus in der Medizin ein, für den Erhalt und die Anerkennung der Verfahren und deren großen Arzneimittelschatz sowie für eine umfassende Integration dieser Verfahren in das Gesundheitssystem, im Sinne der Integrativen Medizin.

Schwerpunkt der Arbeit des Dachverbandes ist die politische Arbeit

Als Dachverband sehen wir unsere Hauptverantwortung in der politischen Interessenvertretung der Komplementärmedizin bzw. der Integrativen Medizin. Unsere Aufgabe ist es, diese Interessen in den politischen Entscheidungsprozess möglichst wirkungsvoll einzubringen. Erfolgreiche Interessenvertretung erfordert eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Politiker*innen. Diese entwickelt sich durch langjährige Kontinuität. Die Hufelandgesellschaft bietet Zuarbeit im legislativen Prozess durch Informationsvermittlung und Bewertung von Sachverhalten und bietet damit Orientierung für Abgeordnete und Mitarbeiter*innen in Ministerien.

Zusammenfassung

Die Hufelandgesellschaft ist der Dachverband der Ärztegesellschaften aus dem Bereich der Naturheilverfahren, der anthroposophischen Medizin, der Homöopathie, der Ayurveda-Medizin und weiteren komplementären Verfahren und vertritt die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Politik und Gesellschaft. Als ärztlicher Dachverband setzt sie sich dafür ein, dass die Komplementärmedizin besser erforscht werden kann, Teil jeder medizinischen Ausbildung wird und für jeden Menschen verfügbar ist.

Im Rahmen von Veranstaltungen wie Parlamentarischen Abenden und Fachgesprächen, aber auch Hintergrund- und Einzelgesprächen mit Politiker*innen, mit Mitarbeiter*innen des Gesundheits- und des Forschungsministeriums, in Stellungnahmen, Anhörungen und mit Positionspapieren setzt sich die Hufelandgesellschaft für eine Integrative Medizin ein.

Wir fordern, dass die Komplementärmedizin im Sinne einer Integrativen Medizin besser in den Versorgungsalltag eingebunden werden muss. Dazu bedarf es auch des Ausbaus von Lehre und Forschung. Um die Verfahren der Komplementärmedizin im Gesundheitswesen sinnvoll zu verankern und eine Integrative Medizin zu befördern, bedarf es einer Grundlagenausbildung bereits im Medizinstudium, vor allem aber der Bereitstellung öffentlicher Forschungsmittel.

Gemeinsam mit Forschungspolitikern setzen wir uns für öffentlich geförderte Forschungsprogramme ein. Auch die Einbeziehung in thematische Forschungsschwerpunkte (z.B. Prävention, Antibiotikaresistenz, chronische Erkrankungen) ist ein wichtiger Ansatzpunkt zur Verbesserung der Forschungssituation.


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Interessenvertretung für Integrative Medizin in den ärztlichen Gremien

In den ärztlichen Gremien ist die komplementärmedizinisch arbeitende Ärzteschaft zu wenig wahrnehmbar; ihre Interessen werden daher bisher kaum vertreten. Die aktuelle Situation in Bezug auf die Zusatzbezeichnung Homöopathie ist dafür ein tragisches Beispiel. Die Landesärztekammern in Bremen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Nordrhein haben die Zusatzbezeichnung abgeschafft, weitere Landesärztekammern haben dies bereits auf ihrer Agenda.

Schon seit längerem ruft die Hufelandgesellschaft die komplementärmedizinisch orientierte Ärzteschaft dazu auf, sich in den Landesärztekammern zu engagieren. Ein erster Erfolg ist Bremen, wo sich zur Kammerwahl im Dezember dieses Jahres erstmals eine Liste Integrative Medizin zur Wahl stellt. Die Resonanz aus anderen Kammern ist vielversprechend! Schritt für Schritt bauen wir eine eigene Interessenvertretung auf.

Denn solange sich Funktionär*innen und Vertreter*innen der Selbstverwaltung (Bundesärztekammer, KBV etc.) abwertend über die Homöopathie und andere Verfahren äußern, beschädigt dies die Glaubwürdigkeit komplementärmedizinischer Verfahren insgesamt, sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch bei Politiker*innen.

Gezielt suchen wir deshalb den Dialog mit allen ärztlichen Institutionen, um auch hier durch sachliche Informationen und kontinuierliche Gespräche Vorurteile abzubauen. So stehen wir z. B. auch im Austausch mit den Kassenärztlichen Vereinigungen. Auf Bundesebene wird es in Kürze ein erstes Gespräch mit dem Vorstand geben. Auf Länderebene werden wir im Rahmen von Veranstaltungen über die Integrative Medizin informieren und den Austausch fördern.

Im Hartmannbund ist die Hufelandgesellschaft kooptiertes Mitglied, mit dem Virchowbund, dem Bund deutscher Internisten und dem Hausärzteverband gab es erste Kontakte auf Vorstandsebene. Bei all diesen Gesprächen geht es darum zu informieren, Vorurteile abzubauen und Interesse zu wecken.

An den wichtigsten Arbeitsprozessen innerhalb der Ärzteschaft – der Novellierung der (Muster)Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte und der Novellierung der Gebührenordnung – ist die Hufelandgesellschaft seit Jahren inhaltlich und koordinierend für die komplementärmedizinischen Verfahren aktiv beteiligt. Diese intensive und sachorientierte Mitarbeit in wichtigen Gremien macht die Hufelandgesellschaft zu einem Partner in allen Fragen, die die Komplementärmedizin betreffen.


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Das Hufeland-Bildungsportal

Voraussetzung für eine Verbreitung der Integrativen Medizin und deren Einbindung in das Gesundheitswesen sind gut ausgebildete Ärzt*innen, die ihr Wissen und Können aus der fachärztlichen medizinischen Ausbildung mit dem Wissen und Können der verschiedenen komplementärmedizinischen Therapien und Verfahren verbinden können.

Das Interesse an Verfahren der Komplementärmedizin ist groß. Deutschlandweit gibt es ein vielfältiges, jedoch vollkommen unübersichtliches Kursangebot. Für interessierte Ärzt*innen, die sich für Aus- und Fortbildungen interessieren, ist das eine große Hürde.

Vor allem die jungen Ärzt*innen, die auf der Suche nach Bildungsmöglichkeiten sind, die über die konventionelle Medizin hinausreichen, suchen nach Orientierung. Dabei haben sie meist keine Präferenz für ein bestimmtes Verfahren, sondern wollen für ihre zukünftigen Patienten aus einer Palette möglicher Therapieoptionen die jeweils individuell passenden auswählen können.

Hier soll das Hufeland-Bildungsportal einen übersichtlichen, umfassenden und schnellen Zugang schaffen ([ Abb. 1 ]). Die Webseite wird die erste Bildungsdatenbank für Ärzt*innen auf dem Gebiet der Komplementärmedizin sein, die wissenschaftlich geprüfte und anerkannte Verfahren repräsentiert und diesbezügliche qualitätsgesicherte Angebote abbildet.

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Abb. 1 Quelle: Hufelandgesellschaft

Gemeinsam mit großen ärztlichen Fachgesellschaften arbeiten wir an der Verwirklichung einer ersten Version, die die Angebote der Akupunktur und TCM, der Anthroposophischen Medizin, Homöopathie und Naturheilverfahren umfassen wird. Diese erste Version soll Mitte 2020 online gehen.

Im Mittelpunkt der Webseite steht eine Veranstaltungsdatenbank ([ Abb. 2 ]) mit umfangreichen Details zu den einzelnen Bildungsangeboten. Ergänzt wird die Datenbank durch eine Vielzahl von begleitenden Informationen, wie zum Beispiel zu den Zugangsvoraussetzungen, Ausbildungswege und Qualifizierungsmöglichkeiten.

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Abb. 2 Das Hufeland-Bildungsportal (Entwurf).
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Abb. 3 Veranstaltungsdatenbank (Entwurf). Foto: © weyo / Adobe Stock (Symbolbild)

Neben der Veranstaltungsdatenbank sollen das Hufeland-Bildungsportal und insbesondere eine noch zu entwickelnde Nachwuchs-Seite die Bedürfnisse der jungen Generation der Ärzt*innen sowie der Studierenden aufgreifen und durch gezielte digitale Tools die Möglichkeiten der Interaktion und Vernetzung fördern.

Die Schaffung einer Community der zukünftigen integrativ arbeitenden Ärzteschaft stärkt und fördert darüber hinaus auch den Einzelnen in seinem über die konventionelle Medizin hinausgehenden Verständnis von Medizin und Gesundheit.


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Für kommende Generationen – das Hufeland-Vademecum

Die Komplementärmedizin kennt eine Vielzahl von Präparaten für ein breites Indikationsspektrum. Das große Erfahrungswissens über diese Arzneimittel und ihre Anwendung gilt es zu bewahren und insbesondere der jungen Ärztegeneration strukturiert und umfassend zugänglich zu machen.

Die Hufelandgesellschaft möchte allen Ärzt*innen, die sich diesen Verfahren zuwenden und vor allem auch für die kommenden Generationen der interessierten Ärzteschaft, ein Nachschlagwerk zu Verfügung stellen, das dieses große Erfahrungswissen gut strukturiert und wissenschaftlich bewertet verfügbar macht: das Hufeland-Vademecum (www.hufelandgesellschaft.de/vademecum.html).

Die Hufelandgesellschaft ruft deshalb die komplementärmedizinisch tätigen Ärzt*innen dazu auf, ihr Erfahrungswissen zu teilen und im online zugänglichen Fragebogen einzugeben. Dieser Fragebogen erfasst systematisch unterschiedlichste Aspekte zur Verordnung von der Indikation und Dosierung bis hin zur Wirkung. Der Zugang zum Fragebogen ist auf der Webseite der Hufelandgesellschaft verlinkt (http://www.hufelandgesellschaft.de/datensammlung_vademecum.html) und ist durch ein DocCheck-Passwort geschützt.

Alle Datenbankeinträge werden gesammelt, gesichtet und auf Vollständigkeit geprüft. Auch kritische Berichte werden aufgenommen und dokumentiert. Die erfahrungsbasierten Eingaben der Ärzte werden ergänzt durch Literaturnachweise und Evidenzen.

Das zukünftige Hufeland-Vademecum wird Informationen über die Arzneimittel, insbesondere zu den Indikationen, empfohlenen Dosierungen, Wirkungen bzw. Wirkungseintritt bis hin zu Nebenwirkungen enthalten. Als Nachschlagewerk dient es dann allen Ärztinnen und Ärzten, die komplementärmedizinisch arbeiten wollen, als Überblick und als sehr konkrete Orientierung für die Anwendung der Mittel und kann darüber hinaus zu einer Grundlage in der ärztlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung werden.

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Abb. 4 Link zur Datensammlung im Hufeland-Vademecum.

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Gemeinsam und im Schulterschluss für Integrative Medizin

Die komplementärmedizinische Ärzteschaft muss endlich gemeinsam für ihre Interessen einstehen und kämpfen. Ausgrenzungen wie: „Wir brauchen keine Chinesische oder Ayurvedische Medizin“ oder „von Homöopathie halte ich gar nichts“ oder „Anthroposophische Medizin ist ja esoterisch“ sind noch immer verbreitet. Diese Haltungen sind (meist) nicht von Kenntnissen, sondern von Vorurteilen geprägt. Wir sind zu wenige, um uns öffentlich gegenseitig zu kritisieren und der Schulmedizin anzubiedern. Wer heute noch glaubt, dass die Kritik und die Angriffe bei der Homöopathie Halt machen, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

Wünschenswert wäre ein ehrlicher und interessierter Austausch untereinander. Wir sollten füreinander einstehen und uns gemeinsam für eine Integrative Medizin stark machen.

Ich möchte mit einem Zitat von Prof. Dr. Peter F. Matthiesen schließen: „Ein wirklicher Dialog gelingt nur dort, wo er sich als wechselseitiger Perspektivenaustausch versteht.“ [1]

Gehen auch Sie in den Dialog mit Ihren Kolleginnen und Kollegen – in Ihrer Landesärztekammer, in Ihrer KV, in Ihrer ärztlichen Fachgesellschaft.

Wir unterstützen Sie mit Informationsmaterial und Argumentationshilfen. Engagieren Sie sich mit uns gemeinsam für eine Medizin der Zukunft, die Integrative Medizin.

Online zu finden unter
http://dx.doi.org/10.1055/a-1063-2142


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Sigrid Heinze

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Geschäftstelle
Hufelandgesellschaft e.V. – Ärztlicher Dachverband für Naturheilkunde, komplementäre und integrative Medizin
Hauptstadtbüro Komplementärmedizin
Axel-Springer-Straße 54b
10117 Berlin
Tel. (030) 28 09 -93 20
Fax (030) 28 09 -76 50
E-Mail: heinze@hufelandgesellschaft.de

www.hufelandgesellschaft.de


Sigrid Heinze ist Diplom-Soziologin. Seit 2004 ist sie Geschäftsführerin der Hufelandgesellschaft.

  • Literatur

  • 1 Matthiessen PF. Genesung bedeutet nicht Restitution einer alten, sondern Genesis einer neuen Gesundheit. zkm 2019; 11 (02) 58-66

  • Literatur

  • 1 Matthiessen PF. Genesung bedeutet nicht Restitution einer alten, sondern Genesis einer neuen Gesundheit. zkm 2019; 11 (02) 58-66

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Abb. 1 Quelle: Hufelandgesellschaft
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Abb. 2 Das Hufeland-Bildungsportal (Entwurf).
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Abb. 3 Veranstaltungsdatenbank (Entwurf). Foto: © weyo / Adobe Stock (Symbolbild)
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Abb. 4 Link zur Datensammlung im Hufeland-Vademecum.